Ein Buch als Islamnachhilfe für Christen

Christen, die in der gesellschaftlichen Debatte über den Islam differenziert mitreden möchten, brauchen Hintergrundwissen - nicht nur über den Islam, sondern auch über die eigene Religion. Dieses Wissen wollen eine Ordensfrau und ein Priester in einem Buch liefern.

Christen sehen in Jesus den Sohn Gottes, Messias und Erlöser der Welt. Die frühe Kirche formulierte es in einem Bekenntnis: In Jesus Christus ist Gott Mensch geworden. Jesus ist für Christen also Mensch und Gott zugleich. Ganz anders sehen das Muslime. Jesus ist für sie einer der großen Propheten, die Mohammed vorausgingen. Wie die Bibel, berichtet auch der Koran von wundersamen Krankenheilungen und Totenerweckungen durch Jesus. Und auch im heiligen Buch der Muslime ist überliefert, dass Jesus von der Jungfrau Maria geboren wurde.

In einigen Fragen sind sich Christen und Muslime also durchaus einig, wie die Autoren Melanie Wolfers und Andreas Knapp in ihrem Buch „Religion als Sprengstoff? Was man heute über Islam und Christentum wissen muss“ erklären. Aber Sohn Gottes, zugleich Mensch und Gott? Das ist Jesus aus Sicht der Muslime bestimmt nicht. „Denn in Jesus Christus etwas Göttliches anzunehmen, das würde bedeuten: Dem einen und einzigen Gott ein Geschöpf zur Seite zu stellen und neben ihm als Gott zu vererhren“ - laut Koran, eine unverzeihliche Sünde.

Buchcover von Religion als Sprengstoff?

bene! Verlag

Buchhinweis

Melanie Wolfers und Andreas Knapp: Religion als Sprengstoff? Was man heute über Islam und Christentum wissen muss. Verlag bene!, 160 Seiten, 14,99 Euro

Islam für Christen

Wolfers und Knapp benennen in ihrem Buch Unterschiede zwischen Christentum und Islam sowie Gemeinsamkeiten. Das Buch richtet sich daher an Menschen, die an interreligiösem Dialog interessiert sind. In erster Linie dürften sich von dem Buch Christen angesprochen fühlen: Sie können in dem 160-seitigen Werk Basis und Grundbotschaft der eigenen Religion kompakt kennenlernen, intensivieren oder wiederholen sowie die Glaubensinhalte des Islam aus einer christlichen Perspektive reflektieren.

Ein Kapitel beschäftigt sich zum Beispiel mit der Bibel und dem Koran. So erfahren Interessierte, welche Rolle der Prophet Mohammed bei der Begründung des Islam gespielt hat. Muslime glauben daran, dass Gott (auf Arabisch Allah) Mohammed die Suren wortwörtlich übermittelte. In Wolfers und Knapps Buch werden das Wirken Mohammeds in Mekka sowie in Medina beschrieben und die fried- sowie gewaltvollen Suren des Koran in einen historischen Kontext eingebettet.

Gewalt nicht im Fokus

Die Autoren hanteln sich von den zentralen Figuren des Glaubens und den religiösen Schriften in beiden Religionen hin zu Speisevorschriften, Reinheitsgeboten und der Art zu Beten. Sie thematisieren schließlich auch das Verhältnis von Staat und Religion sowie das Gewaltpotenzial von Religionen. Anders als der Titel „Religion als Sprengstoff?“ vermuten lässt, legen die Theologen aber keinen Fokus auf Fundamentalismen und Gewalt.

Wolfers und Knapp schreiben das Buch merklich aus einer christlichen Perspektive heraus und werden dabei auch sehr persönlich. So finden sich zwischen den Kapiteln auch Dialoge, die die Ordensfrau und der Priester miteinander führten. Die zwei Christen geben darin etwa Einblicke, wie sie ihren Glauben ausleben, beten, mit Wut umgehen und was ihnen Jesus bedeutet.

Für Schönborn „ein wertvoller Begleiter“

Melanie Wolfers studierte Theologie und Philosophie in München und Freiburg und trat 2004 in den Orden der Salvatorianerinnen in Österreich ein. Seitdem lebt die Bestsellerautorin in Wien. Andreas Knapp ist Theologe, Priester und Ordensmann („Kleinen Brüder vom Evangelium“). Er leitete viele Jahre das Priesterseminar in Freiburg und enagiert sich in Leipzig in der Gefängnisseelsorge und Flüchtlingsarbeit.

Lob für das Buch der Autoren gab es von Kardinal Christoph Schönborn, der am Beginn der Publikation zu Wort kommt: „Das Buch ist ein wertvoller Begleiter für die am eigenen Glauben Interessierten oder für die, die das Christentum aus einer muslimischen Perspektive kennenlernen wollen“. Über den eigenen Glauben Bescheid zu wissen, so Schönborn, sei „für alle Christen unerlässlich“. Christen, die das ähnlich sehen, kann dieses Buch empfohlen werden.

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

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