Österreichische Bischofskonferenz tagt in Sarajevo

Erstmals in ihrer Geschichte tagt die Österreichische Bischofskonferenz in Bosnien und Herzegowina. Am Sonntag beginnen die Beratungen der Bischöfe mit einem Festgottesdienst.

Unter dem Vorsitz von Kardinal Christoph Schönborn beginnen am Sonntag die Beratungen der Bischöfe mit eiem Gottesdienst um 18.00 Uhr in der Herz-Jesu-Kathedrale in Sarajevo, an dem auch der dortige Episkopat teilnehmen wird. Am Montag werden sich die Mitglieder beider Bischofskonferenz „über die Herausforderungen von Kirche und Gesellschaft in beiden Ländern austauschen“, wie der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, gegenüber Kathpress erklärte.

Treffen mit Religionsvertretern geplant

Das Programm der Bischöfe sieht weiter vor, dass es am Mittwoch zu hochrangigen Begegnungen mit den politischen und religiösen Autoritäten des Landes kommt. So wird Kardinal Schönborn mit einer bischöflichen Delegation die Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina sowie anschließend islamische, orthodoxe und jüdische Amtsträger besuchen.

Wandmalereien in der Her-Jesu-Kirche in Sarajevo

Reuters/Dado Ruvic

Die Tagung beginnt in der Herz-Jesu-Kirche mit einem Gottesdienst

Auf dem Programm der Bischöfe stehen neben einem Gespräch mit dem Hohen Repräsentanten in Bosnien und Herzegowina, dem Österreicher Valentin Inzko, Besuche im Hauptquartier der EUFOR-Truppen sowie bei kirchlichen und karitativen Einrichtungen.

Vorbereitungen auf Jugendsynode

Weitere Themen bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe sind die Vorbereitungen auf die Jugendsynode, die im Oktober im Vatikan stattfindet und an der Österreich durch Jugendbischof Stephan Turnovszky vertreten sein wird. Darüber hinaus gilt es auch die künftige Zusammenarbeit der deutschsprachigen Bischofskonferenzen bei der Herausgabe liturgischer Texte zu klären. Grund dafür ist ein Dokument des Papstes, das in diesen Fragen den Bischofskonferenzen mehr Eigenverantwortung als bisher einräumt.

Gastgeber für den österreichischen Episkopat ist der Erzbischof von Sarajevo, Kardinal Vinko Puljic. Ort der Beratungen der Bischöfe ist das Priesterseminar in Sarajevo. Dort findet am Ende der Vollversammlung der Bischofskonferenz, am Donnerstag, 8. März, um 11 Uhr, auch eine Pressekonferenz mit den Kardinälen Schönborn und Puljic statt.

Zahl der Katholiken rückläufig

Sarajevo ist Hauptstadt eines Landes, das nach dem vor mehr als 20 Jahren beendeten Balkankrieg weiterhin nicht zur Ruhe und Stabilität gefunden hat - und in dem die Katholiken zahlenmäßig auf dem Rückzug sind wie sonst nirgendwo in Europa. Von den 800.000 katholischen Gläubigen, die 1991 in Bosnien-Herzegowina lebten, sind infolge der Kriegsvertreibungen und einer weiter anhaltenden massiven Abwanderung nur noch die Hälfte übriggeblieben. Halte die Entwicklung an, werde es in absehbarer Zeit fast keine katholischen Christen mehr im Land geben, warnte Mitte 2017 Kardinal Puljic.

In der jüngeren Geschichte seit dem 1995 ratifizierten Friedensabkommen von Dayton, das einen zweigeteilten Staat - die Republika Srpska und die bosnisch-kroatische Föderation, ergänzt 2000 durch einen Sonderstatus für den Distrikt Brcko - schuf, fehlt weiter das nötige Fundament für längerfristigen Frieden und Demokratie. Kardinal Puljic beklagt eine „systematische Benachteiligung“ der katholische Kirche, die etwa keine Restitutionen aus den Enteignungen der Kommunismus-Zeit erhält und Baugenehmigungen nur mit großen Hürden und Verzögerungen, ganz im Gegensatz zu den Muslimen.

Klaffende Kriegswunden

Vor allem aber ist auch der Bosnien-Krieg (1991 bis 1995) bis heute nicht aufgearbeitet, wodurch klaffende Wunden zurückblieben. Slowenien und Kroatien erklärten sich 1991, Bosnien 1992 unabhängig vom serbisch dominierten Jugoslawien, dessen Bundesarmee gemeinsam mit Freischärlern und den bosnischen Serben die muslimischen und katholisch-kroatischen Gebiete Bosniens angriff und Sarajevo 44 Monate lang belagerte. „Ethnische Säuberungen“ durch Massaker, Folter und Vertreibungen kennzeichneten das grausame Ringen um Gebietsgewinne, erneut wurden katholische Priester und Ordensleute ermordet, Kirchen zerstört und Gläubige vertrieben.

Das katholische kirchliche Leben in den vier Diözesen der Kirchenprovinz mit dem Namen „Vrhbosna“ - nämlich die Erzdiözese Sarajevo und die Diözesen Mostar-Duvno, Banja Luka und Trebinje-Mrkan - verteilt sich auf 304 Pfarren. 14 Schulen und zwei Universitäten stehen in kirchlicher Trägerschaft. In Bosnien/Herzegowina wirken laut den letzten verfügbaren kirchlichen Statirktiken (Anfang 2014) 344 Ordens- und 280 Diözesanpriester sowie rund 500 Ordensfrauen.

Christentum fasste im 3. Jahrhundert Fuß

Die Kirchengeschichte in der Region geht bereits auf das 3. Jahrhundert zurück: Zu den frühesten prominenten Vertretern zählen der Märtyrerbischof Venantius aus der Stadt Delminium (heute Tomislavgrad) und der in der dalmatinischen Stadt Stridon geborene Kirchenvater Hieronymus (347-420).

Mit Beginn des 13. Jahrhunderts breitete sich die Bogumilen-Sekte aus, gegen deren Einfluss der Papst Dominikaner als Missionare in die Region schickte, die hier zwischen 1228 und 1330 eine Reihe von Klöstern gründeten und mehrere Bischöfe stellten.

Habsburger-Ära als Blütezeit

In der Habsburger-Ära errichtete Papst Leo XIII. errichtete 1882 in Sarajevo die neue Erzdiözese Vrhbosna - unter dem aus Zagreb berufenen Diözesanpriester und Theologen Josip Stadler als Erzbischof -, und unterstellte ihr die Diözesen Banja Luka und Mostar Duvno. Pfarrgemeinden wurden gegründet, da zahlreiche kroatische Katholiken wieder ins Land kamen. Die Erzdiözese Sarajevo, wo nun der katholische und orthodoxe Dom sowie auch die Synagoge gebaut wurden, spricht heute rückblickend von einer katholischen „Blütezeit“.

Weiterhin stellten die orthodoxen Serben, die unter dem Schutz des russischen Zarenreichs standen und den Habsburgern mit Distanz begegneten, 1910 mit 42 Prozent die Bevölkerungsmehrheit, während ein Drittel Muslime, und 23 Prozent Katholiken waren. Infolge der Balkankriege 1912 und 1913 kam es zu einer Radikalisierung und einer Verschärfung des Nationalismus. Nach dem tödlichen Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in der Altstadt von Sarajevo folgten Ausschreitungen, Verhaftungen und große Fluchtwellen serbischer Familien aus Sarajevo nach Serbien und Montenegro.

Kriegswirren

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Bosnien und Herzegowina zunächst Teil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, dann ab 1929 des Königreichs Jugoslawien. Die serbische Obrigkeit begegnete der weiter wachsenden katholischen Kirche mit großer Skepsis und enteignete die muslimischen Landbesitzer.

Eine Zäsur brachten die Wirren des Zweiten Weltkriegs: Im erbitterten Kampf zwischen kroatischer Heimwehr, Ustascha-Faschisten, serbischen Tschetniks, kommunistischen Partisanen sowie deutscher Wehrmacht und italienischen Truppen entlud sich viel aufgestauter Hass zwischen den Glaubensgemeinschaften. Etliche Gläubige und Priester wurden umgebracht, Kirchen zerstört und ganze Gemeinden ausgelöscht.

Langsames wieder Fuß fassen

Mit der kommunistischen Partisanen-Zeit ab 1945 dauerten die Verfolgungen der Katholiken an: Tausende - darunter 160 Priester und Dutzende Ordensleute - wurden ermordet, viele in Schauprozessen zu Zwangsarbeit verurteilt, Frauenorden vertrieben, die Priesterseminare in Sarajevo und Mostar geschlossen, die katholische Presse verboten und lange gab es im Land keinen Bischof auf freiem Fuß. Erst langsam gelang es Bosniens Katholiken mit ausländischer Unterstützung, einzelne Gebäude wieder aufzubauen oder zu renovieren.

Medjugorje als Hoffnung

In diese Zeit fällt auch der Beginn der Berichte von angeblichen Marienerscheinungen - der Vatikan hat diese bisher nicht anerkannt - im von Franziskanern betreuten herzegowinischen Wallfahrtsort Medjugorje in den 1980er Jahren. 1990 folgte die Ernennung von Vinko Puljic zum Erzbischof von Vrhbosna-Sarajewo durch Papst Johannes Paul II., der den damals 49-Jährigen 1994 auch zum ersten Kardinal aus Bosnien machte.

Damals herrschte bereits drei Jahre Krieg im Land, mit den oben beschriebenen dramatischen Folgen für alle Bewohner von Bosnien-Herzegowina, im Besonderen aber eben auch für die dort lebenden Christen bzw. Katholiken.

religion.ORF.at/KAP

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