Bundeskanzler Kurz traf Papst Franziskus

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich Montagfrüh zu einer Privataudienz mit Papst Franziskus eingefunden. Sie dauerte etwa 35 Minuten, während derer der Papst indirekt auf die Migrationspolitik Österreichs hinwies.

Der Papst schenkte dem Bundeskanzler die Medaille eines Friedensengels sowie seine drei Schreiben „Evangelii gaudium“, „Laudato si“ und „Amoris laetitia“. Auch eine Ausgabe des Papst-Schreibens zum jüngsten kirchlichen Weltfriedenstag, der heuer die Lage von Migranten und Flüchtlingen in den Fokus rückte, wurde überreicht.

Text zu Flüchtlingsproblematik überreicht

Darin geht es um die Flüchtlingsproblematik, was die mitgereiste „Kleine Zeitung“ (Montag-Ausgabe) als „durchaus beabsichtigten Wink des Kirchenoberhauptes“ deutete. Franziskus appelliert darin an die Regierenden, die Aufnahmepolitik „auf ein Höchstmaß“ auszuweiten, „soweit es das wahre Wohl ihrer Gemeinschaft zulässt“.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) bei Papst Franziskus

APA/Dragan Tatic

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (beide ÖVP) bei Papst Franziskus

Kurz selbst fasste das als Verständnis für Österreich in der Flüchtlingsthematik auf. Wie er selbst am Montag in Rom im Anschluss an das Treffen vor Journalisten berichtete, habe das Kirchenoberhaupt davon gesprochen, dass „Regierende klug agieren müssten“. Kurz kommentiere das mit den Worten: „Das bestärkt mich in unserem Tun, um vor Ort zu helfen.“

Papst als „Vorbild“ für Politiker

Der Bundeskanzler sagte in Rom nachdrücklich, dass der Papst gesagt habe, ein Land müsse nur so viele Menschen aufnehmen, wie integrierbar seien. In diesem Zusammenhang unterstrich er, Österreich habe mit der Aufnahme von 150.000 Flüchtlingen „mehr geleistet als fast alle Staaten dieser Welt“.

Kurz zeigte sich außerdem beeindruckt vom Engagement des Papstes, „den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen“ und die weltweiten Lebensbedingungen zu verbessern. Er nannte ihn in diesem Zusammenhang „ein Vorbild für uns als Politiker“. Nach der Papst-Audienz traf Kurz auch mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem vatikanischen Untersekretär für Außenbeziehungen, Antoine Camilleri, zusammen.

„Herzliches Gespräch“

Der Vatikan würdigte in einem Kommunique die guten Beziehungen und die „fruchtbare Zusammenarbeit“ zwischen Österreich und Vatikan.

In dem „herzlichen“ Gespräch seien der Schutz von Leben und Familie sowie die Förderung des Gemeinwohls vor allem mit Blick auf die schwächsten Gruppen in der Gesellschaft gestanden. Themen waren laut Vatikan auch die Rolle Österreichs in der Europäischen Union. Die Vatikan-Mitteilung sprach von einer „Notwendigkeit der Solidarität zwischen den Völkern“.

Einladung nach Salzburg

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) war bei dem Besuch ebenfalls dabei. Er überreichte Franziskus eine offizielle Einladung zum heurigen 200. Jubiläum des weltbekannten Weihnachtsliedes „Stille Nacht“. Haslauer unterstrich im Anschluss besonders die „Friedensbotschaft“ des Liedes. Es sei aber noch offen, ob der Papst die Einladung annehmen wird. „Wenn er nächstes Jahr kommen will, ist er auch herzlich willkommen“, sagte Haslauer gegenüber Journalisten.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei Papst Franziskus

APA/AP/Gregorio Borgia

Übergabe von Geschenken

Eine schriftliche Einladung war bereits im vergangenen Mai an den Vatikan verschickt worden. Am Heiligen Abend 1818 hatte der Dorfschullehrer und Organist Franz Xaver Gruber seine Vertonung des vom katholischen Priester Joseph Mohr verfassten Textes in Oberndorf bei Salzburg erstmals zu Gehör gebracht.

Es war nicht die erste Begegnung von Kurz mit Franziskus. Im April 2015 hatte er ihn noch als Außenminister im Vatikan besucht. Zuletzt war aus Österreich Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) im Jänner bei einer OSZE-Konferenz gegen Antisemitismus in Rom gewesen und hatte dort gemeinsam mit anderen Konferenzdelegierten auch das Kirchenoberhaupt getroffen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte dem Papst im vergangenen November einen Besuch abgestattet.

religion.ORF.at/APA/KAP

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