Altkatholiken erhofften sich vom „Anschluss“ Vorteile

Selbstkritisch hat sich die Altkatholische Kirche Österreichs zum „Anschluss“ Österreichs an „Hitler-Deutschland“ vor 50 Jahren geäußert. Man habe sich als „Nationalkirche“ Vorteile erhofft.

Es seien „drohende Vorzeichen nicht wahrgenommen“ worden, mehr noch: „Durch den damaligen Bischof und den Synodalratsvorsitzenden wurde die nationalsozialistische Machtergreifung euphorisch begrüßt und die NS-Doktrin kritiklos angenommen“, und auch viele Kirchenmitglieder hätten dies getan, heißt es in einer von Bischof Heinz Lederleitner unterzeichneten Aussendung am Freitag.

Die Altkatholische Kirche habe sich als „Nationalkirche“ eine Steigerung ihrer Macht und ihres Ansehens von den Nazis erhofft und „erwachte erst, als ihr mit ihren Mitgliedern wie allen anderen Religionsgemeinschaften große Nachteile durch das Regime widerfuhren“.

Den Menschenrechten verpflichtet

In der Folge habe auch die Altkatholische Kirche Österreichs dazu beigetragen, „dieses verbrecherische System zu stützen“. Daher sehe man es heute als Verpflichtung an, „die Zeichen der Zeit auf der Grundlage der Menschenrechte zu deuten“. Die Altkatholiken würden nun gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus, NS-Wiederbetätigung und menschenverachtende Umtriebe im Land auftreten, versicherte die Kirchenleitung.

Diesem Anliegen sei auch der 32. Internationale „Altkatholik*innenkongress 2018“ vom 20. bis 23. September in Wien gewidmet. Dort werde über den Beitrag der Altkatholiken als für eine offene Gesellschaft auf der Grundlage der Menschenrechte beraten.

Gegen das Erste Vatikanische Konzil

Die altkatholische Kirche entstand in der Donaumonarchie während der Proteste gegen das Erste Vatikanische Konzil (1869-70) und wurde 1877 staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie im Jahr 1918 kam es zur Trennung in ein österreichisches und ein tschechisches Bistum.

In der Zeit des Austrofaschismus gab es gesetzliche Einschränkungen für Altkatholiken, während der NS-Herrschaft 1938 bis 1945 waren die österreichischen altkatholischen Kirchengemeinden zwangsweise Teil der deutschen Reichskirche. Heute ist die Altkatholische Kirche eine von 16 gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und umfasst nach letzten, von der Statistik Austria bekannt gegebenen Zahlen österreichweit rund 15.000 Gläubige in 14 Kirchengemeinden.

religion.ORF.at/KAP

Links: