Briefaffäre: Vatikan-Mediendirektor zurückgetreten

Der Mediendirektor des Vatikans, Dario Vigano, ist zurückgetreten. In der vergangenen Woche war es zu einer heftigen Kontroverse um den päpstlichen Kommunikationschef gekommen. Ihm wird vorgeworfen, einen Brief Benedikts XVI. manipuliert zu haben.

Wie der Vatikan am Mittwoch bekanntgab, hat Papst Franziskus sein Rücktrittsangebot angenommen. Die zahlreichen Kritiken und Polemiken der vergangenen Tage gegen seine Arbeit gefährdeten das gesamte Projekt der Medienreform im Vatikan, deswegen biete er seinen Rücktritt an, schrieb Vigano in einem Brief an Papst Franziskus, den der Vatikan veröffentlichte. Bis zur Ernennung eines Nachfolgers wird der bisherige Sekretär des Mediendikasteriums, Lucio Adrian Ruiz, die Behörde leiten.

Der zurückgetretene Mediendirektor des Vatikans, Dario Vigano

APA/AFP/Gabriel Bouys

Dario Vigano

Vigano war von 2015 an Präfekt des Kommunikationssekretariats. Die Modernisierung der Vatikanmedien ist Teil der Kurienreform, die Franziskus seit Beginn seines Pontifikats vorantreibt.

Vorwurf der Manipulation

Bei der offiziellen Präsentation einer Buchreihe zur Theologie von Papst Franziskus hatte Vigano einen Brief von Benedikt XVI. verlesen, in dem dieser das Publikationsprojekt an sich lobt, zugleich einen Einleitungsaufsatz ablehnt. Bei der Buchvorstellung hatte Vigano nur die ersten beiden Absätze des Briefes verlesen.

In dem Schreiben zu Büchern über die theologische Ausbildung von Franziskus kritisierte Benedikt den „törichten“ Vergleich zwischen sich und seinem Nachfolger, wonach Franziskus bloß ein „praktisch veranlagter Mann ohne besondere theologische und philosophische Bildung sei“ - mehr dazu in Benedikt kritisiert „törichten“ Vergleich mit Franziskus.

Brief nur teilweise veröffentlicht

Zudem machte der Vatikan in einem Foto von dem Brief, das die Pressestelle verschickte, eine entscheidende Passage unkenntlich: Nämlich, dass der 90 Jahre alte Benedikt bekannte, er habe die Bücher gar nicht gelesen. Er habe aus gesundheitlichen Gründen und wegen anderer Verpflichtungen die elf Bücher nicht gelesen und könne daher keine theologische Beurteilung von Franziskus abgeben, so Benedikt. Medien beschuldigten den Vatikan der „Manipulation“ und tauften den Vorfall „Lettergate“.

Der vom Vatikan nur teilweise veröffentlichte Brief Benedikts XVI zu einer Buchreihe von Papst Franziskus

APA/AP/Vatican Media

Der vom Vatikan nur teilweise veröffentlichte Brief Benedikts XVI. Die zweite Seite wurde nicht abgebildet, die beiden letzten Zeilen unkenntlich gemacht

Theologen „befremdet“ über Kritik an Hünermann

Später wurde ein Absatz bekannt, in dem Benedikt XVI. sich verwundert über die Beteiligung des deutschen Theologen Peter Hünermann äußert. Diesem warf er unter anderem „antipäpstliche“ Kampagnen vor. Vigano begründete seine zunächst selektive Veröffentlichung des Briefs mit dessen privatem Charakter und wies jede Manipulationsabsicht von sich.

„Mit Bedauern und Befremden“ haben zwei führende Theologen aus Österreich und Südtirol auf die zuletzt bekannt gewordene Kritik von Benedikt XVI. am deutschen Theologen Peter Hünermann reagiert. Wer Hünermanns umfangreiches theologisches Werk kenne, „weiß, dass der Vorwurf einer antikirchlichen und antipäpstlichen Haltung nicht zutreffend ist“, so die Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Sigrid Müller, und der in Bozen lehrende Moraltheologe Martin M. Lintner in einer „Kathpress“ vorliegenden Stellungnahme am Mittwoch.

Keine Opposition zum Papst

Die beiden ehemaligen Präsidenten der „Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie“ (ET) betonen darin auch, dass die ET „zu keinem Zeitpunkt“ als eine „Organisation in Opposition zum päpstlichen Lehramt“ gedacht gewesen sei, sondern „von Anfang an als eine gesamteuropäische Plattform für den Dialog von Theologinnen und Theologen aller theologischen Disziplinen, im Kontext der damaligen politischen Ereignisse besonders mit Blick auf Theologinnen und Theologen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern“.

Die Worte Benedikts XVI. zeugten von zurückliegenden Spannungen zwischen Theologen sowie zwischen Theologie und Lehramt, die auf persönlicher Ebene tiefe Verwundungen hinterlassen hätten, so Müller und Lintner. „Wir hoffen, dass diese Spannungen aufgrund von unterschiedlichen theologischen Argumentationslinien einer wechselseitigen Würdigung weichen können.“

Benedikt XVI.: Lehrautorität des Papstes angegriffen

Benedikt XVI. hatte geschrieben, Hünermann sei während seines Pontifikats durch „antipäpstliche Initiativen“ aufgefallen. Der emeritierte Papst erinnerte auch an die maßgebliche Beteiligung Hünermanns an der „Kölner Erklärung“ von 1989, die auf heftige Weise die Lehrautorität des Papstes besonders in Moralfragen angegriffen habe. Ferner habe Hünermann die „Europäische Theologengesellschaft“ anfänglich als papstkritische Organisation gegründet; erst das kirchliche Empfinden vieler beteiligter Theologen habe den Charakter der Vereinigung verändert.

religion.ORF.at/KAP/dpa

Mehr dazu:

Link: