Abschied von Kardinal Lehmann in Mainz

Bei einem Trauerzug und einem Gottesdienst im Mainzer Dom haben Tausende Menschen Abschied von dem verstorbenen deutschen Kardinal Karl Lehmann genommen.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und zahlreiche weitere Ehrengäste aus Politik und Kirche nahmen am Mittwoch an den Trauerfeierlichkeiten teil. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte, viele Menschen seien „traurig und bewegt, aber auch dankbar“.

In seinem beim Requiem in Mainz auszugsweise verlesenen Geistlichen Testament hatte Lehmann bekannt, dass Christen und Kirche in Deutschland sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht genug auf das Zentrum des christlichen Glaubens fokussiert haben, wie Kathpress meldete.

Der Leichnam des verstorbenen Mainzer  Kardinals Karl Lehmann liegt aufgebahrt in der Augustinerkirche.

APA/dpa/Boris Roessler

Der Leichnam des verstorbenen Mainzer Kardinals Karl Lehmann in der Augustinerkirche

„Tief in das Diesseits verkrallt“

„Wir haben uns alle, gerade in der Zeit nach 1945, tief in die Welt und das Diesseits vergraben und verkrallt, auch in der Kirche“, zitierte Bischof Kohlgraf beim Requiem aus dem Vermächtnis. „Dies gilt auch für mich“, hatte Lehmann darin unterstrichen, und er bitte Gott und die Menschen um Vergebung. „Die Erneuerung muss tief aus Glaube, Hoffnung und Liebe kommen.“

Der langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und emeritierte Bischof von Mainz war am 11. März im Alter von 81 Jahren gestorben. Er wurde danach in der Mainzer Augustinerkirche aufgebahrt, wo in den vergangenen Tagen bereits Tausende Menschen von ihm Abschied nahmen.

Trauerzug durch die Innenstadt

Nach einer kurzen Andacht setzte sich von dort am Mittwochnachmittag auch der Trauerzug durch die Innenstadt in Bewegung. Hunderte Menschen säumten dabei die Straßen der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt.

An den Trauerzug schloss sich im Mainzer Dom ein Gottesdienst im Beisein zahlreicher Ehrengäste aus Politik und Kirche an. Lehmann habe wie nur wenige die Theologie mit der Seelsorge verbunden, sagte Bischof Kohlgraf in seiner Predigt. Er danke ihm für sein „großes Lebenszeugnis“.

Gottesdienst auf Großbildleinwand

An der Zeremonie vor rund 1.500 Besuchern im Dom nahmen neben Steinmeier und Klöckner auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der hessische Regierungschef Volker Bouffier und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Ketschmann teil. Der Gottesdienst wurde zudem auf einer Großbildleinwand übertragen.

Kardinal Lehmann

APA/dpa/Fredrik von Erichsen

Abschied von Kardinal Lehmann

Nach Mainz kamen auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm. Nach dem Gottesdienst wurde Lehmann in der Bischofsgruft des Mainzer Doms beigesetzt.

„Wählt einen guten Nachfolger!“

Lehmann hatte sein 2009 verfasstes Geistliches Testament mit den Worten geschlossen: „Wählt einen guten Nachfolger! Betet für ihn und für mich! Auf Wiedersehen!“ Tatsächlich konnte Lehmann seinen Nachfolger Kohlgraf am 27. August 2017 noch selbst zum Mainzer Bischof weihen. Es sollte Lehmanns letzter öffentlicher Auftritt sein.

Der 1936 im baden-württembergischen Sigmaringen geborene Lehmann war von 1983 bis 2016 Bischof von Mainz. Deutschlandweit bekannt wurde er vor allem in seiner Zeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz von 1987 bis 2008. Im Jahr 2001 erhob ihn der damalige Papst Johannes Paul II. zum Kardinal. Vor knapp zwei Jahren wurde Lehmann in den Ruhestand verabschiedet. Im vergangenen September erlitt er 81-jährig einen Schlaganfall und eine Hirnblutung.

Papst und Ökumene nahmen Abschied

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erklärte am zum Abschluss des Requiems: „Mit Karl Lehmann verlässt uns ein katholischer Weltbürger, auskunftsfähig zu allen Themen der Zeit.“ Lehmann habe den deutschen Katholizismus stark geprägt und sei weltweit als Wissenschaftler, Priester und Bischof anerkannt gewesen, fügte der Münchner Erzbischof hinzu.

„Wir alle hier im Dom schätzen uns dankbar dafür, Karl Lehmann gekannt zu haben oder ihm begegnet zu sein.“ Lehmann sei ein großer Menschenfreund gewesen. Er habe den Glauben nicht als Festung und Zitadelle verstanden, sondern als Beziehung zwischen Menschen und Gott.

Beileidstelegramm von Papst Franziskus

Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, verlas während des Gottesdienstes das Beileidstelegramm von Papst Franziskus. Es sei das Anliegen Lehmanns gewesen, „offen zu sein für die Fragen und Herausforderungen der Zeit und von der Botschaft Christi her Antwort und Orientierung zu geben“. Er habe über die Grenzen von Konfessionen, Überzeugungen und Ländern hinweg das Verbindende gesucht.

Als verlässlichen Ansprechpartner, Freund und ökumenischen Mitstreiter bezeichnete der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, den verstorbenen Kardinal. Lehmann sei nicht nur ein großer Theologe und ein wacher Zeitgenosse gewesen, sondern habe „mit seinem weiten Herzen auch unsere Seele berührt. Sein Herz war einfach zu weit, um in irgendwelche konfessionelle Korsette zu passen.“

Bedford-Strohm erinnerte daran, dass der Kardinal als erster Katholik die Luthermedaille des Rats der EKD erhalten habe. „Ich danke Gott für all den Segen, der aus seinem Leben für so viele andere erwachsen ist“, sagte der Landesbischof. „Ich selbst zähle mich auch zu diesen Menschen, und viele in unserer Evangelischen Kirche mit mir.“

religion.ORF.at/APA/AFP

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