Kirchliche Stimmen zu Kopftuchverbot

Die Debatte rund um das von der Regierung geplanten Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen geht weiter. Dazu meldeten sich einige kirchliche Stimmen zu Wort.

Dem Verbot durchaus etwas abgewinnen kann der Tübinger emeritierte Religionspädagoge Albert Biesinger, wie er in einem Kommentar im steirischen „Sonntagsblatt“ schreibt. Auch für Biesinger ist klar, dass damit politische Interessen verfolgt werden: „Schaut her, wir tun was gegen die weitere ‚Islamisierung‘ in unserem Land. Man kann damit die Stimmung in weiten Kreisen der Bevölkerung bedienen und Wählerstimmen gewinnen.“

Das sei aber nur die eine Seite. Denn: „Wer vom Kind her denkt und den Bereich öffentlicher Bildung verantwortlich schützen und profiliert weiterentwickeln will, soll tatsächlich das Tragen von Kopftüchern für Kinder in Volksschulen und Kindergärten verbieten.“

„Mit Religionsausübung nichts zu tun“

Die habe mit Religionsausübung gar nichts zu tun, zumindest nicht nach dem Koran, so Biesinger: „Man bringt Kinder, die Kopftuch tragen (müssen) - sie können es ja nicht selbst entscheiden -, in eine tägliche Situation, besonders und anders zu sein. Dies überfordert Kinder.“

Der Hinweis, dass die Pädagoginnen das eben ausgleichen und verhindern sollen, überzeuge ihn hingegen nicht, so der Religionspädagoge. „Sie haben nun wirklich andere Aufgaben, als auf bewusst herbeigeführte Provokationen zu reagieren.“ Und Biesinger fragt weiter: „Warum kommt dieses Phänomen plötzlich? Hat es mit Entwicklungen in der Türkei und ihrem Einfluss in Westeuropa zu tun? Mit Religion hat es nichts zu tun.“

„Verbot bringt Dialog nicht weiter“

Wesentlich kritischer zum Kopftuchverbot hat sich derweilen im „Tiroler Sonntag“ die Innsbrucker Schulamtsleiterin Maria Plankensteiner geäußert: Das Kopftuchverbot sei eine plakative Einzelmaßnahme, die eine bestimmte politische Klientel befriedige.

Sie beziehe sich auf ein einzelnes religiös verstandenes Symbol, das herausgegriffen und stigmatisiert wird. Ein solches Verbot allein bringe den Dialog mit konservativen Moslems nicht weiter. Vielmehr werde vermutlich genau das Gegenteil von dem bewirkt, was beabsichtigt ist.

Maßnahmenbündel nötig

Integration werde aber nicht durch eine einzelne Maßnahme erzeugt, die zudem nur eine Minderheit betrifft, sondern brauche ein ganzes Maßnahmenbündel, so Plankensteiner: „Der Prozess ist nicht billig zu haben.“ Er brauche „Bereitschaft zu einer konstruktiven Auseinandersetzung, Engagement und Offenheit aller Seiten, der Religionen und der säkularen Gesellschaft“. Das bedeutet intensive und langwierige Arbeit und den Einsatz von Ressourcen.

Freilich: Religion gehöre wesentlich zum Menschen, „sie ist Teil der eigenen Identität“. Insofern sei Religion in der Öffentlichkeit zumutbar, „in ihren vielen, unterschiedlichen Erscheinungsformen“. Areligiosität dürfe nicht die einzige Haltung sein, die öffentlich toleriert wird. Das wäre ein tiefer Eingriff in die Freiheit der Menschen, so Plankensteiner.

Kopftuch für Mädchen nicht wünschenswert

Auch für Plankensteiner ist klar: „Alle Mädchen in Kindergarten und Volksschule sollen frei aufwachsen können. Sie dürfen nicht in diesem frühen Alter auf ein bestimmtes Bild festgelegt werden, wie ein ‚ordentliches‘ Mädchen zu sein hat.“ Insofern sei ein Kopftuch für so junge Mädchen nicht wünschenswert, schränke die Mädchen in ihren Möglichkeiten ein und grenze sie aus.

Bemühungen, dass junge Mädchen und Frauen kein Kopftuch tragen, seien deshalb zu begrüßen. Überzeugungsarbeit und Diskussion brauche es aber vor allem und in erster Linie innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft. „Dort ist wesentlich zu verhandeln, wie ein aufgeklärter Islam in Österreich gelebt wird“, mahnt Plankensteiner ein.

religion.ORF.at/KAP

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