Manifest gegen „neuen Antisemitismus“ in Frankreich

In einem gemeinsamen Manifest prangern 300 Vertreter der französischen Gesellschaft, darunter Vertreter der jüdischen und muslimischen Gemeinden sowie der katholischen Kirche, einen „neuen Antisemitismus“ in Frankreich an.

In der in der Zeitung „Le Parisien“ (Sonntag-Ausgabe) veröffentlichten Erklärung kritisieren sie eine „lautlose ethnische Säuberung“ in einigen Stadtvierteln, die auf eine „islamistische Radikalisierung“ zurückzuführen sei.

Den Medien werfen sie vor, über die Entwicklung zu schweigen. „Wir fordern, dass der Kampf gegen dieses Scheitern der Demokratie, den Antisemitismus, zur nationalen Angelegenheit erklärt wird, bevor es zu spät ist. Bevor Frankreich nicht mehr Frankreich ist“, heißt es in dem Manifest.

Künstler und Politiker unterzeichneten

Zu den Unterzeichnern gehören Politiker aus dem rechten wie linken Lager wie Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und der ehemalige sozialistische Ministerpräsident Manuel Valls, außerdem Künstler wie der Sänger Charles Aznavour und der Schauspieler Gerard Depardieu, ferner Intellektuelle und religiöse Vertreter aus Judentum, Islam und katholischer Kirche.

In der jüngeren französischen Geschichte seien elf Juden „von radikalen Islamisten getötet und zum Teil gefoltert“ worden, erklären die Unterzeichner. Sie verweisen unter anderem auf Ilan Halimi, der 2006 verschleppt und drei Wochen lang gefoltert wurde, die Erschießung von drei Schülern und einem Lehrer vor der jüdischen Schule in Toulouse 2012 und den Anschlag auf den jüdischen Supermarkt Hyper Cacher in Paris 2015.

Zwei Fälle sorgten jüngst für Entsetzen

Für Entsetzen sorgte 2017 auch der Fall von Sarah Halimi, die von ihrem muslimischen Nachbarn aus dem Fenster gestoßen worden sein soll, und die Ermordung der 85-jährigen Holocaust-Überlebenden Mireille Knoll Ende März.

„Jüdische Franzosen sind 25-mal mehr gefährdet, angegriffen zu werden, als ihre muslimischen Mitbürger“, heißt es in dem Manifest weiter. Rund 50.000 Juden seien zum Umzug gezwungen, weil sie in einigen Städten nicht mehr sicher seien und ihre Kinder nicht mehr zur Schule gehen könnten. Frankreich hat die größte jüdische Gemeinde Europas mit geschätzt rund einer halben Million Mitglieder.

religion.ORF.at/APA/AFP

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