Ägypten: 100 Jahre „Sonntagsschulen“ der Kopten

Die koptisch-orthodoxe Kirche feierte am Sonntag mit einem von Papst-Patriarch Tawadros II. in der Markuskathedrale in Kairo zelebrierten Festgottesdienst das 100-Jahr-Jubiläum der koptischen Sonntagsschulen.

Das berichtete die Wiener Stiftung „Pro Oriente“ am Sonntag. Im Jahr 1918 hatte Erzdiakon Habib Girgis das Netzwerk der „Sonntagsschulen“ begründet. Diese Initiative zur Förderung der geistlichen und theologischen Fortbildung der Jugendlichen hat zusammen mit der Wiedergeburt des koptischen Mönchtums die „koptische Renaissance“ des 20. Jahrhunderts angeregt.

Kopten-Oberhaupt Tawadros II.

APA/EPA/Khaled Elfiqi

Die koptisch-orthodoxe Kirche feierte mit einem von Papst-Patriarch Tawadros II. in der Markuskathedrale in Kairo zelebrierten Festgottesdienst das 100-Jahr-Jubiläum der koptischen Sonntagsschulen

Ausbildung von Mönchen und Priestern

Die „Sonntagsschulen“ haben zur Erneuerung der gesamten Seelsorge der koptischen Kirche geführt, indem sie maßgeblich zur Ausbildung neuer Generationen von Mönchen und Priestern beitrugen.

Diese Mönche und Priester waren in der Zwischenkriegszeit, als die Kopten im Königreich Ägypten über großen Einfluss verfügten, aktiv an der „Renaissance“ beteiligt, die auf einer Wiederentdeckung der theologischen und spirituellen Traditionen der koptischen Kirche beruhte.

Die „Sonntagsschulen“ waren auch ausschlaggebend für die theologische und pastorale Prägung wichtiger koptischer Persönlichkeiten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, unter ihnen auch Patriarch Shenuda III.

Heiligsprechung erst 40 Jahre nach dem Tod

Erzdiakon Habib Girgis (1876-1951) wurde am 20. Juni 2013 vom Heiligen Synod der koptisch-orthodoxen Kirche heilig gesprochen. In der koptisch-orthodoxen Kirche kann die Heiligkeit eines Menschen erst 40 Jahre nach seinem Tod proklamiert werden. Es ist notwendig, dass der Ruf der Heiligkeit auch in der nachfolgenden Generation gefestigt wird und verbreitet ist.

Die koptischen „Sonntagsschulen“ sind am Modell der „Sunday Schools“ inspiriert, die sich im 19. Jahrhundert in den reformatorischen Kirchen des anglo-amerikanischen Sprachraums verbreiteten.

Dieses Modell wurde im ostkirchlichen Bereich zunächst von der russisch-orthodoxen Kirche übernommen und zu einem kapillaren System ausgebaut, das an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert das ganze Russische Reich von der Weichsel bis zum Pazifischen Ozean erfasste. Von Russland gelangte das System der „Sonntagsschulen“ auch nach Ägypten.

religion.ORF.at/KAP