Pfingsten: Den Heiligen Geist nicht vergessen

Anlässlich des christlichen Pfingstfestes beklagen Theologen den Verlust an Bewusstsein für die Bedeutung des Heiligen Geistes für den Alltag. Auch das Brauchtum hat häufig mit Pfingsten wenig zu tun.

Pfingsten ist neben Weihnachten und Ostern das drittwichtigste Fest der Christen. Es wird 50 Tage nach Ostern gefeiert. Daher auch der Name, der auf das griechische Wort „Pentekoste“ (der Fünfzigste) zurückgeht. In der Apostelgeschichte heißt es, dass an diesem Tag der Heilige Geist auf die Anhänger Jesu niederging und sie plötzlich in mehreren Sprachen reden konnten.

Start für Mission

Dieses „Wunder“ wird als Beginn der Mission verstanden, das Evangelium weltweit zu verbreiten. Pfingsten gilt darum auch als das Geburtsfest der Kirche. Bis zum vierten Jahrhundert wurde zu Pfingsten auch Christi Himmelfahrt gefeiert, später entwickelten sich daraus zwei eigenständige Festtage.

Mit Pfingsten endet im Kirchenkalender die Osterzeit. Es gehört zur Tradition, dass rund um Pfingsten das Sakrament der Firmung (katholisch) und der Konfirmation (evangelisch) gespendet wird. Als weltlicher Pfingstbrauch war es in ländlichen Gebieten früher weit verbreitet, einen mit bunten Bändern und Kränzen geschmückten Ochsen durchs Dorf oder über die Felder zu führen - den Pfingstochsen.

Geschmückte Rinder beim Almauftrieb zu Pfingsten

APA/dpa/Swen Pförtner

Beim Almauftrieb zu Pfingsten wurden die Rinder geschmückt

Religion und Brauchtum

Die Pfingstbräuche haben häufig mit dem christlichen Festgedanken von der Herkunft des Heiligen Geistes nicht viel zu tun. Sie sind zum großen Teil eigentlich Frühlings- und Maibräuche. Bis heute werden Kirchen mit frischem Grün („Maien“) geschmückt. Weiters gibt es den Brauch, vor den Häusern und in den Fenstern Birkenzweige aufzustellen. Auf diesen soll sich der Heilige Geist niederlassen, um den Menschen seine Gnade zu bringen.

Früher wurde die Herabkunft des Heiligen Geistes sehr handfest zelebriert: Vom „Heiligengeistloch“ im Kirchengewölbe wurde eine Taube herabgelassen. „Aufgeputzt wie ein Pfingstochse“ heißt es noch heute und bezieht sich auf die festlich geschmückten Rinder und anderen Tiere. In der Steiermark ist der Brauch des „Pfingstschnalzen“ (Peitschenknallen) der Burschen am Samstag noch immer üblich. Wer am Sonntag zu spät aus den Federn kommt, gilt als „Pfingstluken, Pfingstnigl, Pfingstlümmel oder Pfingstochs“. Ledige Mädchen müssen mancherorts den „Pfingstlotter“ fürchten, eine Strohpuppe, die sehr anzüglich geschmückt sein kann.

Schönborn: Geist versus Ungeist

Pfingsten soll daran erinnern, dass Jesus bei der Kirche und durch sie bei der Menschheit in der Gestalt des Heiligen Geistes bleibt. Kardinal Christoph Schönborn schrieb in seiner Kolumne in der Gratiszeitung „Heute“ (Freitag-Ausgabe), ohne Heiligen Geist wäre die Welt „unerträglich“. Er komme zum Vorschein in zahlreichen menschlichen Tugenden wie etwa Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme, Mitgefühl, Güte, Geduld und Wohlwollen, so der Wiener Erzbischof.

Um die Wesensart des Heiligen Geistes noch besser zu verstehen, regte Schönborn zum Nachdenken über dessen Gegenpart an. „Der Ungeist macht die anderen schlecht. Er lässt an niemandem ein gutes Haar, außer an sich selber. Der Ungeist ist wichtigtuerisch, weiß alles besser, er spaltet, spottet, verachtet. Der Ungeist zerstört Beziehungen, stiftet Unfrieden, sät Hass und Zwietracht.“ Zweifellos gebe es viel Ungeist in der Welt, so Schönborn.

Theologe: Heiliger Geist zu kurz gekommen

Der Heilige Geist ist nach kirchlicher Lehre in die Welt gesandt, um Person, Wort und Werk Jesu in der Geschichte lebendig zu halten. Die Bibel spricht vom Heiligen Geist in vielen Bildern. Sie wählt dafür ein Wort, das zugleich „Atem, Hauch, Wind“ heißt. Sein Wirken wird u. a. wie „Feuer“ oder „lebendiges Wasser“ beschrieben.

Dass der Heilige Geist in der Kirchengeschichte zu kurz gekommen ist, findet der römisch-katholische Theologe und Medizinethiker Matthias Beck. Er sagte im Kathpress-Interview, es sei sinnvoll, „sich auf Gott und seinen Geist, der im Menschen wirkt, einzulassen“. Denn in Europa sei der „Geist ausgegangen“. Angesichts einer bröckelnden Volkskirche müsse deshalb klar gemacht werden, dass jeder einzelne Mensch ein Tempel des Heiligen Geistes sei.

Gemälde von Giotto di Bondone (1267-1337), in der Cappella Scrovegni in Padua (ca. 1305).

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Giotto di Bondone (1267-1337), Cappella Scrovegni in Padua (ca. 1305)

Kritik an Moralismus auf allen Ebenen

Der Innsbrucker Theologe Jozef Niewiadomski wies gegenüber Kathpress ebenfalls auf die traditionelle „Geistvergessenheit“ der westlichen Kirche hin. Diese gründe vor allem auf der jahrhundertelangen Überbetonung der Zuwendung Gottes ausschließlich über die „menschliche Natur“ Jesu. „Jesus hat menschliche Stellvertreter, über die die Gnade vor allem durch die Sakramente auf das Volk hinüberkommt. In diesem Modell war der Heilige Geist nur noch als Verzierung für die Frömmigkeit von Bedeutung“, erklärte der Theologe.

Ohne den Heiligen Geist drohe die Kirche aber zu einem „institutionellen Gerippe, einem Skelett, das letztlich nur Angst und Schrecken verbreitet und Menschen zur Flucht vor ihr animiert“, zu verkommen. Übrig blieben „verkümmernde religiöse Erfahrungen, die zum Moralismus mutieren“, der in einer rechtskonservativen Gestalt, fixiert auf Sexualethik und Ehemoral und einer linksprogressiven Art, fixiert auf soziale Fragen und Umweltprobleme, auftreten könne.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP