Ein Paar.

ORF/Metafilm/Franz Riess

Von Trieben und Treue

„kreuz und quer“ zeigt die Dokumentation „Trieb oder Treue“, in der Michael Cencig sieben Paare porträtiert, die unterschiedliche Erfahrungen mit Treue bzw. Untreue gemacht haben.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 11. Dezember 2012
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:
Mittwoch, 12. Dezember um 20:15 Uhr, ORF III und

Donnerstag, 13. Dezember 2012
um 11:50 Uhr, ORF 2

„Trieb oder Treue“

Wer vor der Entscheidung steht, entweder dem Trieb zu folgen oder bei der Treue zu bleiben, befindet sich oft im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Laut Statistik sehnen sich 90 Prozent nach Treue - doch 50 Prozent gehen fremd. „Trieb oder Treue - das ist natürlich die Gretchenfrage“, sagt Christian, der vor kurzem mit Peter, seinem Lebensgefährten, aus der Großstadt in ein altes Bauernhaus aufs Land gezogen ist: „Wenn der Trieb so stark wird, dass man die Treue bricht und damit die Beziehung gefährdet“ - Christian und Peter sind sich darin einig, dass für sie nur eine monogame Beziehung in Frage kommt. Beide haben schmerzliche Erfahrungen mit Untreue gemacht, die das Ende langjähriger Beziehungen bedeutet haben.

Die Dokumentation von Michael Cencig porträtiert sieben Paare, die unterschiedliche Erfahrungen mit Treue bzw. Untreue gemacht und dementsprechend divergierende Haltungen zu dem Thema entwickelt haben. Eines jedoch haben sie gemeinsam: Auf ihre Art sind alle treue Seelen: vom katholischen Ehepaar, das seit 47 Jahren die vor dem Altar versprochene Treue hält, bis zu jenem Paar, das seit 13 Jahren eine offene Beziehung nach dem Modell der Polyamorie führt: „Ich habe nie daran gedacht, Josef zu verlassen, wenn er sich in eine andere Frau verliebt. Ich wollte ja auch von Anfang an eine offene Beziehung. Und immerhin funktioniert das jetzt seit 13 Jahren“, sagt Dominika, die seit Jahren eine parallele Liebesbeziehung führt - was nichts daran ändert, dass Josef ihr Lebensmensch bleibt: „Wir sind füreinander Heimat“, sind sich beide einig.

Eine Zuspitzung erfährt der Begriff Treue im religiösen Zusammenhang. Die Verwandtschaft der lateinischen Begriffe „fides“ und „fidelitas“ - Glaube und Treue - spricht für sich. Dem Anspruch, aus dem Glauben heraus die Treue zu leben, war Martin, ein praktizierender Katholik, nach 16 Ehejahren nicht mehr gewachsen. Seine Frau sucht die Ursache für den Seitensprung ihres Mannes auch bei sich selbst: „Da war eine emotionale Kälte zwischen uns.“ Die berufliche Karriere und die Sorge für die gemeinsamen Kinder haben immer mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen - bis für die Paarbeziehung kaum mehr Energie übrig war. Im Lauf der Jahre haben Sonja und Martin nach und nach den Kontakt zueinander verloren: „Ich hab mich in dieser Zeit gefühlt wie ein Möbelstück. Ich war gut genug, das nötige Geld zu verdienen und die Familie zu ernähren, aber mehr nicht. Und von der anderen Frau bekam ich endlich die Anerkennung, die mir zu Hause versagt blieb.“ Scheidung kam für Sonja trotzdem nicht in Frage, denn: „Wo so viel Schmerz ist, muss auch Liebe sein. Das kann nicht das Ende sein.“ Es war eher ein Neubeginn. Sonja und Martin unterzogen sich einer Paartherapie nach der Imago-Methode und lernten, wertschätzend und ohne Schuldzuweisungen über ihre Bedürfnisse zu kommunizieren.

Sabine und Roland Bösel sind Imago-Paartherapeuten. Neben ihrer Ausbildung und Berufserfahrung schöpfen sie vor allem aus eigenen Erfahrungen. Auch in ihrer Ehe kam es zu Außenbeziehungen. Einmal wurde Sabine untreu, Jahre später Roland: „In den 36 Jahren, die wir zusammen sind, ist es zwei-, dreimal sehr knapp gewesen, dass wir auseinandergehen. Ich bin sehr dankbar, dass wir es damals geschafft haben.“ Eine entscheidende Rolle in dem Heilungsprozess nach Untreue-Episoden spielt laut Roland die Fähigkeit, zu verzeihen: „Wenn mehr Paare lernen würden, sich und dem anderen zu verzeihen, sähe es mit der Scheidungsrate auf der Welt anders aus.“

Ehebruch hieß es früher. Heute heißt es nur mehr: Eheverfehlung. Ein kleines, aber sprechendes Indiz dafür, dass die Begriffe Treue und Untreue in Bewegung geraten sind. Neben diversen paartherapeutischen Angeboten gibt es im christlichen Umfeld „Marriage Encounter“. Gertraud und Herwig haben diese Einladung zur „Begegnung in der Ehe“ vor rund 30 Jahren angenommen: „Wir haben uns sexuell super verstanden. Auch mit den Kindern ist alles gut gelaufen. Trotzdem hab ich mich damals manchmal gefragt: War’s das?“ erinnert sich Herwig - und seine Frau Gertraud bringt es auf den Punkt: „Wir konnten nicht wirklich gut miteinander kommunizieren. Und das übt man bei Marriage Encounter.“ Um dem fruchtlosen verbalen Hickhack zu entgehen, schreiben die Eheleute bei Marriage Encounter einander Briefe, in denen sie dem Partner ihre Gefühle schildern. Wie alle Methoden bietet auch diese keine Garantie, dass angeschlagene Beziehungen heilen - wie Herwig aus schmerzlicher Erfahrung weiß: „Es tut jedes Mal weh, wenn wir zuschauen müssen, wie durch Untreue Beziehungen zerstört werden. Dann flehe ich manchmal zu Gott: Tu endlich was. Aber er tut nichts.“

Gisela und Joachim sind 58 Jahre verheiratet. Aus der traumatischen Erfahrung des Nationalsozialismus heraus haben sie sich für ein anderes, besseres, kommunistisches Deutschland eingesetzt - und in der DDR Karriere gemacht. Und so treu, wie sie einander waren, so treu sind sie bis heute zumindest der Idee des Sozialismus. „Die Scheidungsrate in der DDR war extrem hoch, besonders nach Einführung der Pille“, erzählt Joachim: „Irgendwie herrschte plötzlich diese Stimmung ‚Jeder mit jedem‘. Für uns kam das nie in Frage.“ „Obwohl es an Gelegenheiten nicht gemangelt hätte“, ergänzt Gisela: „Einmal hab ich einen Bürokollegen die Nase umgedreht, die war dann am nächsten Tag knallrot. Damit er sich das merkt und seine Annäherungsversuche bleiben lässt.“ „In guten wie in schlechten Zeiten“ - diese Maxime nehmen auch die überzeugten Linken Joachim und Gisela für sich in Anspruch. Und an schlechten Zeiten herrschte kein Mangel. Das erste Kind war eine Totgeburt. Dass Joachim zu ihr stand, obwohl sie aus der Sicht des damals herrschenden Zeitgeistes als Frau versagt hatte, war für Gisela der größte Treuebeweis. Später konnte sie ihm ihre Treue beweisen - öfter als beiden lieb war: vier Krebsoperationen, eine Operation am offenen Herzen. Mehr als einmal hatte Joachim mit seinem Leben abgeschlossen. Seine Frau auch in den finstersten Stunden treu an seiner Seite zu wissen, hat ihm immer wieder die nötige Kraft gegeben, das alles durchzustehen.

Ein Film von Michael Cencig

„Die Verehrer“

Vergangenes Jahr wurde Papst Johannes Paul II. nur sechs Jahre nach seinem Tod seliggesprochen. Im Normalfall dauert ein Seligsprechungsverfahren um vieles länger. Doch schon im April 2005 - also unmittelbar nachdem der Papst aus Polen gestorben war - hat die trauernde Menge von Gläubigen am Petersplatz die sofortige Heiligsprechung Johannes Pauls II. gefordert. Der polnische Papst hat seine Gläubigen geliebt - und sie ihn. Mit dem Charisma eines Popstars hat er die Menschenmassen auf seiner Seite gehabt. Die Dokumentation von Peter Beringer geht der Frage nach, weshalb Johannes Paul II. für viele Gläubige bereits zu Lebzeiten ein Heiliger war und porträtiert Menschen, für die Karol Wojtyla nach seinem Tod zu ihrem Fürsprecher geworden ist.

Ein Film von Peter Beringer