Schauspielerinnen als Maria Magdalena, Lydia, Junia und Phöbe vor Wüsten-Hintergrund

ORF/Makidofilm

Die verschwundenen Frauen des frühen Christentums

kreuz und quer zeigt am 26. März die Dokumentationen „Jesus und die verschwundenen Frauen“ von Maria Blumencron und „Die heilige Lanze – Schicksalsspeer der Mächtigen“ von Franz Leopold Schmelzer.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 26. März 2013
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:
Mittwoch, 27. März 2013
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 28. März 2013
um 11.55 Uhr, ORF 2
(nur „Jesus und die verschwundenen Frauen“)

Maria von Magdala, einst wichtigste Jüngerin Jesu, wurde als Propagandafigur der Kirche missbraucht. Junia, eine berühmte Apostelin der Frühkirche, verwandelte sich unter der Feder eines Bibelkommentators in einen Mann. Phöbe, Vorsteherin einer frühen Christengemeinde, wurde als Hilfskraft des Apostels Paulus klein interpretiert. Lydia, die erste Christin Europas, geriet fast 2.000 Jahre in Vergessenheit. Es gab verschiedene Methoden, Frauen im Umkreis Jesu und des frühen Christentums verschwinden zu lassen. Maria Blumencrons Dokumentation „Jesus und die verschwundenen Frauen“ macht sich in „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – auf die Spuren der verschwundenen Frauen und zeigt auf, wie die vergessenen Säulen des Christentums von der Theologie wieder sichtbar gemacht werden.

Danach schildert um 23.15 Uhr Franz Leopolds Schmelzers Film „Die heilige Lanze – Schicksalsspeer der Mächtigen“ die bewegte Geschichte der legendenumwobenen Stichwaffe und spürt ihrem Geheimnis nach. In opulent inszenierten Spielszenen, mit aufwendigen Computeranimationen und wissenschaftlichen Untersuchungen führt er durch 2.000 Jahre europäische Geschichte.

„Jesus und die verschwundenen Frauen“

Vor 2.000 Jahren kündigte Jesus von Nazareth das Reich Gottes an, in dem alle Menschen gleich wären. In einer streng patriarchal geprägten Zeit war das revolutionär. Und so folgten dem charismatischen Wanderprediger nicht nur Männer, sondern vielfach auch Frauen nach. Doch auf Grund einer männerzentrierten Sprache blieben sie in den Evangelien nahezu unerwähnt. Erst unter dem Kreuz kommen Frauen der Jesus-Bewegung in den Blick. In seinen letzten Stunden werden sie sogar mit Namen genannt. Warum? Weil die Männer aus Angst um ihr eigenes Schicksal davongelaufen waren.

Schauspielerin als Maria Magdalena vor Wüsten-Hintergrund

ORF/Makidofilm/ERIK SCHIMSCHAR

Maria Magdalena. Ihr Bild wird bis heute durch Legenden, Mythen und Thesen immer wieder neu interpretiert und übermalt. Wer war sie wirklich?

Frauen waren Zeuginnen des Todes Jesu, der Grablegung und schließlich seiner Auferstehung, die zum Grundstein des Christentums wird. Es ist Maria aus Magdala, die von Jesus den Auftrag erhält, die Frohe Botschaft zu verkünden. Sie wird damit zur ersten Apostelin. Doch gleich nach Erfüllung des Auftrags verschwindet die Schlüsselfigur des Ostergeschehens aus den kanonischen Evangelien. Der leere Raum, den sie hinterlässt, wird zum Nährboden abenteuerlicher Legenden. Aus der „Apostelin Apostolorum“ wird in der von Männern besetzten institutionalisierten Kirche die reuige Sünderin. Aus der Sünderin die asketische Büßerin. Aus der Büßerin ein laszives Pin-up-Girl der Kunst. Heute wird über Maria Magdalena vielfach gemutmaßt, die Ehefrau Jesu gewesen zu sein. Aber auch das ist nicht mehr als eine weitere Übermalung der wirklichen Maria von Magdala.

Eine folgenschwere Fehlinterpretation erfuhr auch Junia, die als wichtiges Bindeglied zwischen der Jesus-Bewegung und dem frühen Christentum gilt. Von den ersten Kirchenvätern noch als „berühmte Apostelin“ gepriesen, erfährt sie im Mittelalter eine folgenschwere Geschlechtsumwandlung. Unter der Feder des Bibelkommentators Ägidius von Rom wird aus Junia ein Apostel namens Junias. Das Versehen eines unausgeschlafenen Augustiners? Oder das Ergebnis eines männerorientierten Weltbildes? Und warum fristet Apostelin Junia in allen gängigen Bibelausgaben bis heute ein Dasein als Mann?

Fragen, die die Filmemacherin Maria Blumencron direkt zur Frage nach der Stellung der Frau in der heutigen Kirche führen. Eine ihrer Vertreterinnen ist die junge Theologiestudentin Jacqueline Straub. Ihr Wunsch es ist, Priesterin der römisch-katholischen Kirche zu werden. Ein hoffnungsloses Unterfangen? Oder gibt es in der Bibel weitere Vorbilder, auf die sich die junge Frau berufen kann? Jacquelines Recherche führt nach Kenchreä bei Korinth, wo sie auf die Spuren einer Mitarbeiterin des Apostels Paulus stößt: Phöbe. Und nach Philippi, wo die erste Taufe auf europäischem Boden stattfand. Es war eine Frau, die diesen mutigen Schritt tat. Ihr Name war Lydia.

Welche Frauen hat Jesus von Nazareth um sich gesammelt? Welche Frauen waren in seiner Nachfolge bedeutsam? Wer hat sie warum zum Verschwinden gebracht und wie werden sie von der heutigen Theologie wieder entdeckt? Auf diese Fragen versucht die aufwendig gemachte Dokumentation Antworten zu finden.

Ein Film von Maria Blumencron

Schauspieler als Nazi-Soldat mit der Heiligen Lanze

ORF/ZDF/Richard Ladkani

1938 ließ Adolf Hitler die Heilige Lanze von Wien nach Nürnberg bringen. Wollte auch er sich unverwundbar machen?

„Die heilige Lanze – Schicksalsspeer der Mächtigen“

Die Geschichte Europas ist geprägt von Rätseln und Legenden. Eines der größten Geheimnisse birgt die heilige Lanze: eine Speerspitze, die verwundet und heilt, die Schlachten entscheidet, Kaiser legitimiert und Macht verleiht. Der Legende nach ist es jene Lanze, die der römische Söldner benutzte, um den Tod Jesu am Kreuz festzustellen.

Neben Krone und Szepter ist die heilige Lanze Teil der Insignien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, des ältesten Kronschatzes Europas. Als Machtsymbol und Reliquie zugleich bringt sie später den Städten Prag und Nürnberg Reichtum und Ruhm. Nach Reformation und Dreißigjährigem Krieg verschwindet sie im Dunkel der Geschichte. Von Richard Wagners Romantik wiederentdeckt, von Hitler für das Dritte Reich missbraucht und wieder nach Nürnberg geholt, wird sie heute in der Schatzkammer in der Wiener Hofburg zur Schau gestellt: ein Kultobjekt im Spannungsfeld von Religion und Politik.

Ein Film von Franz Leopold Schmelzer