Silbermannorgel in der Kathedrale von Dresden

Bistum Dresden

Katholischer Pfingstgottesdienst

Das feierliche Hochamt zum Pfingstfest übernahm der ORF heuer live aus der Kathedrale und Hofkirche Ss. Trinitatis in Dresden. Es zelebrierten Bischof Heiner Koch und Dompfarrer Klemens Ullmann.

Fünfzig Tage nach Ostern feiert die Christenheit die Herabsendung des Heiligen Geistes. „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten, auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.“ heißt es im Neuen Testament in der Apostelgeschichte. Durch die Jahrhunderte, so glauben die Christen, begleitet der Heilige Geist die Kirche und wirkt durch sie in den Sakramenten.

Wir hören sie in unseren Sprachen verkünden

Lesung: Apostelgeschichte 2

Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, als fahre ein heftiger Sturm daher, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren.

MUSIK
Der Geist des Herrn erfüllt das All

Send uns deines Geistes Kraft!

Joseph Schuster:
Missa in A-Dur

Gott ist dreifaltig einer

Johann Gottlieb Naumann:
Veni Sancte Spiritus

Heilig, heilig, heilig

Kostet, kostet und seht:
Gut ist der Herr

Nun danket all und bringet Ehr!

Dresdner Kapellknaben

Kathedralchor Dresden

Sächsische Staatskapelle

Orgel:
Domorganist Thomas Lennartz

Musikalische Leitung: Domkapellmeister Matthias Liebich

Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten, auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.

Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt, denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: "Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?

Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören? Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden."

Empfangt den Heiligen Geist!

Evangelium: Johannes 20

Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: „Friede sei mit euch!“ Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“

Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“

Bleiben. Beten. Aufbrechen.

Predigt von Bischof Koch

Es knistert in der Stadt. Eine eigentümliche Spannung hat die Stadt erfasst. Dabei sollte endlich Ruhe herrschen in der Stadt. Deshalb hatte man ihn doch noch schnell vor dem Paschafest umgebracht – draußen vor den Toren der Stadt, damit in der Stadt Ruhe herrscht. Aber nun hatte man ihn umgebracht, und es herrschte keine Ruhe in der Stadt. Denn da gab es Frauen und Männer, die erzählten: „Er lebt! Mitten in der Stadt. Wir sind ihm begegnet auf den Straßen der Stadt, wir haben mit ihm gegessen in den Sälen der Stadt, wir haben mit ihm gesprochen auf den Plätzen der Stadt“.

Man müsste die Männer und Frauen, die das behaupten, finden und sie zum Schweigen bringen, notfalls mit Gewalt. So oder ähnlich, liebe Schwestern und Brüder, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, mögen es die Anführer der Stadt Jerusalem damals befürchtet haben, nach dem Pascha- und vor dem Pfingstfest. Aber ihre Sorgen waren unbegründet. Denn mutige Männer und Frauen, die das Evangelium verkündeten, gab es nicht. Sie hatten sich zurückgezogen ins Obergemach, angstvoll, mutlos, die Worte Jesu im Sinn: Haben sie mich verfolgt, werden sie euch verfolgen. Haben sie mich getötet, werden sie auch euch töten.

Und dann kam Pfingsten. Und alles veränderte sich, nicht nur ein bisschen: Die gleichen Jünger, die gelähmt waren vor Angst, liefen bis ans Ende der damals bekannten Welt. Die gleichen Jünger, die sprachlos waren in ihrer Unsicherheit, verkündeten das Evangelium in allen Sprachen. Die gleichen mutlosen Jünger sprühten jetzt vor Kreativität. Was war da geschehen? Die Realität, vor der sie Angst hatten, sie hatte sich nicht verändert. Was sich verändert hatte, war ihre Sicht dieser Realität: Sie sahen alles in einem anderen Licht. Mitten in allem Dunkel und allen Bedrängnissen entdeckten sie Gott, nahmen wahr, dass sie nicht allein gelassen waren, dass Gott, der ihnen Kraft und Mut schenken konnte, mit ihnen ging. Diese Erkenntnis veränderte ihr Leben. Ihnen ging ein Licht auf: das Licht des Heiligen Geistes.

Immer wieder wird der Heilige Geist auch in Feuerzungen dargestellt, die die Menschen erleuchten. Zu Pfingsten war den Jüngern das Licht Gottes aufgegangen, sie sahen alles seitdem in neuem Licht, in einer neuen Perspektive. Das gab ihnen Mut und Kraft auch in größten Bedrängnissen: Wir sind nicht allein, Gottes Geist geht mit uns mit.

Wie kamen die Jünger zu dieser neuen pfingstlichen Sicht ihres Lebens? Sicher, sie wurde ihnen von Gott geschenkt, sie war gute Gabe Gottes, die ihnen zu Pfingsten und uns im Sakrament der Firmung von Gott gegeben wird. Und doch schildert die Heilige Schrift, dass die Jünger etwas gemacht haben, um offen zu sein für dieses Geschenk, um bereit zu sein, die Fülle des Geistes Gottes, seines Lichtes, überhaupt wahrnehmen zu können. Mit drei Worten schildert die Heilige Schrift, wie die Jünger sich damals auf den Empfang des Heiligen Geistes vorbereitet haben. Drei Worte, die auch eine Aufforderung an uns sind:

Erstens: Sie blieben. Das Wort „bleiben“ steht heute nicht hoch im Kurs. Solange wir Beifall bekommen und alles glatt und gut läuft und unsere Erwartungen erfüllt werden, bleiben wir gern. Aber wenn Schwierigkeiten kommen und Probleme auftauchen, wirft man schnell eine Aufgabe weg und beendet Verantwortung, die man übernommen hat. Andererseits: Alles Große im menschlichen Leben braucht das Bleiben, das Wachstum, die Geduld. Die meisten wissenschaftlichen Fortschritte etwa sind nur deshalb erbracht, weil Menschen nicht nur forschten, solange sie Spaß an ihrer Arbeit fanden. Ähnlich verhält es sich in der Ehe: Zwei Menschen nehmen sich ein Leben lang Zeit, lieben zu lernen. Das braucht Zeit, Geduld, die Bewährung in Belastungen und im Alltag. Mit Gott ist dies nicht anders. Es mag Momente geben, in denen wir Gott und seine Nähe begeistert spüren. Aber wenn ich von Gott keine direkte Antwort auf meine Fragen erhalte oder wenn ich ihn nicht verstehe, wenn er mir fern zu sein scheint, dann bei ihm zu bleiben, ist vielleicht die größte Herausforderung des Glaubens. Gerade in solchen Belastungen wächst der Glaube. Die Jünger liefen nicht auseinander, sie blieben zusammen.

Zweitens: Sie beteten. Wer betet, nimmt Gott ernst, der gesagt hat: Ich spreche zu dir und ich höre auf dich. Wer dieses Verweilen vor Gott und dieses Mit-ihm-Sprechen beendet, dessen Glaube wird schnellstens erlöschen. Wie in menschlichen Beziehungen, so braucht auch die Beziehung zu Gott Zeit: Wie viel Zeit gebe ich Gott im Gebet? Schenke ich ihm nur dann meine Zeit, wenn ich alles andere erledigt habe oder wenn ich ihn einmal dringend brauche?

Drittens: Sie brachen auf. Wenn die Jünger sitzen geblieben wären, hätten sie nie erfahren, dass Gott sich mit ihnen auf den Weg macht. Das deutsche Wort „Erfahrung“ sagt es sehr schön: Erfahrung werden wir nur sammeln, wenn wir los-fahren. Alles Große im menschlichen Leben braucht den Mut zur Erfahrung, zum Aufbruch, sonst bleiben uns weite Lebensbereiche völlig verschlossen. Im Glauben ist das nicht anders. Die meisten Menschen erfahren Gott heute wohl deshalb nicht, weil sie sich nicht auf den Weg mit ihm machen. Alle Predigten, Katechesen und aller Religionsunterricht helfen nichts, wenn Menschen es nicht wagen, mutig und entschieden mit Gott aufzubrechen.

Sie blieben, sie beteten, sie brachen auf. Das war die Vorbereitung der Jünger auf Pfingsten, auf die Erfahrung des Geistes Gottes, der ihnen ein Licht aufgehen ließ mitten in den Dunkelheiten ihres Lebens. Von Herzen wünsche ich Ihnen an diesem Pfingstfest diese Haltung der Jünger, des Bleibens, des Betens, des Aufbrechens, damit auch uns das Licht aufgeht, in dem wir entdecken: Wir gehen unseren Weg durch dieses Leben nicht allein, Gottes Geist geht mit uns mit.

Näheres zur Dompfarrei

www.bistum-dresden-meissen.de

Kontakt

Kathedrale und Hofkirche
Schloßstraße 24
01067 Dresden
Deutschland

gottesdienst@orf.at

ORF-Redaktion

Thomas Bogensberger