Menschenmassen bei Gottesdienst strecken Arme hoch

Reuters/Edgar Su

Eine neue Form, Christ zu sein: Pfingstkirchen in Brasilien

Der erste Teil des „Orientierung“-Sommerprogramms widmet sich Pfingstkirchen und Evangelikalen. Zunächst führt eine Reportage nach Brasilien, wo der Pentekostalismus boomt. Anschließend: Ein Besuch in einem US-amerikanischen Kreationisten-Museum.

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ORF

Sendungshinweis

„Orientierung“ am Sonntag, 3. Juli 2014, 12.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung am 3. Juli 2014, 16.40 Uhr, ORF III

Mit ausgewählten „Beiträgen zum Wiedersehen“ gestaltet die Redaktion des ORF-Religionsmagazins „Orientierung“ den August 2014: fünf Sendungen mit Themenschwerpunkten – am 3., 10., 17., 24. und 31. August.

Eine neue Form, Christ zu sein: Pfingstkirchen in Brasilien

Seit einem Vierteljahrhundert boomen die Pfingstkirchen in Brasilien – eine unüberschaubare Fülle großer und kleiner, lokaler und globaler Kirchen, die sehr unterschiedlich ausgerichtet sind. Eine neue Form, Christ zu sein, ist im Werden. Neben Katholizismus, Protestantismus und Orthodoxie entsteht mit dem Pentekostalismus ein vierter Zweig des Christentums.

Die 42 Millionen Mitglieder der verschiedenen Pfingstkirchen in Brasilien sind „jünger, ärmer und weiblicher“ als der Durchschnitt der Bevölkerung. Ihre Spiritualität mutet in manchem vormodern an – ekstatisches Singen und Beten, viel Amen und Halleluja, bis hin zu Teufelsaustreibungen in manchen Pfingstkirchen. Doch in gewisser Weise sei der Pentekostalismus hoch modern, sagt der Religionssoziologe Alberto Moreira. Anders als der traditionelle Katholizismus, der vielfach eine Haltung des Duldens und Hoffens auf das Jenseits hochhielte, würden die Pfingstkirchen ihre Mitglieder zu einer aktiven, zupackenden, kämpfenden Haltung den Herausforderungen des Alltags gegenüber motivieren. So biete der Pentekostalismus Halt in einer sich rasant entwickelnden Gesellschaft, Orientierung in einer unsicher gewordenen Welt, in der das Individuum zunehmend auf sich selbst gestellt sei. Das mache ihn für viele Menschen attraktiv.

Die „Orientierung“ hat verschiedene Pfingstkirchen besucht und mit Mitgliedern gesprochen. Mitglieder der „Assembleia de Deus“, der ältesten Pfingstkirche, die ihren Anhängerinnen und Anhängern eine strenge Ethik abverlangt, erzählen von ihren Bekehrungserfahrungen und missionarischen Einsätzen – besonders bei den Armen. Als Vertreterin eines „hardcore“-Pentekostalismus gilt die „Igreja Universal do Reino de Deus“, die sich wenig in das Leben ihrer Mitglieder einmischt, dafür aber in ihre Brieftaschen greift. Ein ehemaliges Kirchen-Mitglied erzählt von seinen Erfahrungen – unter anderem von Teufelsaustreibungen. „Fonte da Vida“ bietet einen Pentekostalismus „light“ für die Mittelklasse und betreibt einen Fernsehsender, ihr Bischof Fábio Souza ist auch Politiker. Die „Videira“ wiederum setzt auf Gemeinschaft und organisiert ihre Mitglieder in so genannten Zellen, verbindlichen Gruppen, die sich in Privatwohnungen treffen. Und Marcos Gladstone und Fábio Inácio haben ihre Pfingstkirchen verlassen, weil sie als Homosexuelle dort nicht akzeptiert wurden – jetzt haben sie ihre eigene Pfingstkirche, die „Igreja Contemporânea”, die eine inklusive Theologie vertritt. Der Pentekostalismus ist nicht nur im Wachsen, er ist auch in einer Phase innerer Ausdifferenzierung.

Bericht: Maria Katharina Moser, Länge: 30 Minuten (Wh. vom 29.12.2013)

Bibeltreue Hightech-Saga: Zu Besuch in US- Kreationisten-Museum

Es ist eine umstrittene Lehre, die von fast allen Wissenschaftern vehement abgelehnt wird. Doch weltweit hat die krude Vorstellungswelt des Kreationismus hunderttausende Anhänger. Geht es nach den Kreationisten, so hat die Evolution, wie sie an Schulen gelehrt wird, niemals stattgefunden. Stattdessen hat Gott die Welt in nur sechs Tagen – vor nicht mehr als 6000 Jahren – erschaffen. Um ihrer Version von der Entstehungsgeschichte der Erde auch eine plastische Bühne zu bereiten, haben US-amerikanische Kreationisten vor sieben Jahren – mit Spenden-Millionen – im Bundesstaat Kentucky ein eigenes Kreationisten-Museum eröffnet. Das lockt seither zahlreiche Besucher an, die sich gerne mit einer Form von „Wirklichkeitsdeutung“ anfreunden, die im seriösen Wissenschaftsbetrieb als „Humbug“ gilt.

Bericht: Verena Gleitsmann; Länge: 3 Minuten

Redaktionsleitung: Norbert Steidl
Moderation: Christoph Riedl-Daser