Hirnforscher vor Monitoren mit Hirnscans

ORF/Langbein + Partner

Wie Gewalt entsteht

kreuz und quer versucht in der Dokumentation „Wie Gewalt entsteht“, den Ursprüngen zwischenmenschlicher Gewaltakte auf den Grund zu gehen und zu zeigen, wann und warum der Mensch zu solchen Taten neigt. Anschließend: „Verlorene Leben – Österreicherinnen im sowjetischen Gulag“.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 12. August 2014
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 13. August 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 14. August 2014
11.50 Uhr, ORF 2 (nur „Wie Gewalt entsteht“)

„Gewalt erzeugt Gewalt. Wir wissen, dass bei Menschen, die Gewalt erlebt haben, die Angstzentren sensibler werden und damit diese Person in ein höheres Risiko bringen, Angst oder Aggression zu erleben“, berichtet Neurobiologe Joachim Bauer von den Ergebnissen der Hirnforschung. Untersuchungen an 500 Opfern von Missbrauch und Gewalt durch kirchliche Einrichtungen belegen das – sie sind weit häufiger selbst wieder gewalttätig geworden als der Durchschnitt.

„Was man in diesen Mauern da kennengelernt hat, das war einfach brutale Gewalt, auch innerhalb der Gruppe unter den Kindern. Wir waren auch brutal, wir waren Schweine. Wir haben das weitergegeben“, erzählt Gewaltopfer Franz Joseph Stangl. Kurt Langbein wagt in seiner Dokumentation „Wie Gewalt entsteht“, die „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – am 12. August zeigt, einen Streifzug durch wichtige Stationen der Geschichte.

Um 23.25 Uhr folgt die Dokumentation „Verlorene Leben – Österreicherinnen im sowjetischen Gulag“, für die sich Anita Lackenberger und Gerhard Mader auf Spurensuche nach vergessenen österreichischen Frauenschicksalen machten. Sie dokumentieren das Leben von Frauen, die unter extremen Lebensbedingungen – von Kasachstan bis Sibirien – im Gulag gelandet waren. Für die Dokumentation konnte in einer Kooperation mit den Gulag-Museen Alzhir und Dolinka (Kasachstan) Filmmaterial über die Lebensbedingungen in den sowjetischen Lagern verwendet werden.

„Wie Gewalt entsteht“

Gewalt entstand durch Sesshaftigkeit. Archäologische Befunde zeigen, dass die Jäger und Sammler relativ friedlich lebten – sie gingen einander eher aus dem Weg, als einander im Konfliktfall den Schädel einzuschlagen. Erst mit dem Ackerbau und der Errichtung der ersten Dörfer entstand heftige Gewalt unter den Menschen. „Gewalt ist kein Trieb“, erklärt Bauer, „Gewalt ist eine Reaktion auf Schmerz und Angst.“

Ausgrenzung erzeugt Gewalt. Experimente zeigen: Menschen sind bereit, rund 50 Prozent der Schmerzreize für andere zu übernehmen – außer sie gehören verschiedenen Gruppen an. Testpersonen etwa, die Kleidungsstücke unterschiedlicher Fußballclubs trugen, zeigten deutlich geringere empathische Reaktionen und waren kaum noch bereit, anderen Testpersonen Schmerzen abzunehmen.

Ingroup und Outgroup als mörderisches Machtinstrument – diese Trennung in „uns“ und „die anderen“ wurde und wird in der Politik missbraucht. Die Geschichte des Nationalismus zeigt dies in erschreckendem Ausmaß – u. a. in Srebrenica in Bosnien, als 8.400 Menschen ermordet wurden. „Wir müssen Lehren daraus ziehen, dass es 50 Jahre nach dem Holocaust wieder möglich war, mit derselben Ideologie, nämlich nationalistischer Verhetzung, die Menschen dazu zu bringen, ihre Nachbarn in einem Völkermord zu töten“, sagt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak, der lange als Richter des Internationalen Gerichtshofs in Bosnien war: „Die Demokratie muss entschlossen gegen alle vorgehen, die andere zu rassischem, religiösem Hass aufhetzen.“

Ein Film von Kurt Langbein

"Mütterchen-Friedhof", Massengrab von Frauen und Kindern, die in Lagerhaft umgekommen sind

ORF/Produktion West/Gerhard Mader

„Verlorene Leben – Österreicherinnen im sowjetischen Gulag“

Auf der Suche nach einem neuen, besseren und gerechten Leben wanderten viele Österreicherinnen ab den 1920er Jahren in die Sowjetunion aus. Ihr Ziel war der Aufbau einer neuen Gesellschaft, die die Arbeitslosigkeit, das Wirtschaftschaos und nach 1934 den Bürgerkrieg hinter sich lassen sollte.

Spätestens 1937 waren sie als Ausländerinnen von Repression, Todesurteilen und Lagerhaft betroffen. Als Frauen von „Repressierten“ – ihre Ehemänner wurden meist sofort erschossen bzw. zu langjähriger Lagerhaft verurteilt – füllten sie die Frauenlager. Von ihren Kindern getrennt, mussten sie unter unmenschlichen Bedingungen die Lagerhaft überstehen oder fanden den Tod. Nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts wurden manche der gefangenen österreichischen Frauen direkt von Stalins Gulag in die nationalsozialistischen Konzentrationslager geschickt. Aus den Lagern kamen die meisten überlebenden Frauen großteils erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Etwa 250 Österreicherinnen wurden von den sowjetischen Behörden in der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg verschleppt und landeten – wie Margarethe Ottilinger als eine der Bekanntesten – für Jahre in den Gulag-Straflagern.

Gedreht wurde sowohl in Russland als auch in Kasachstan. Mit wenigen noch verbliebenen Zeitzeuginnen und -zeugen bzw. deren Nachkommen konnten persönliche Lebenswege betroffener Frauen dokumentiert werden. Der Film entstand als Koproduktion von ORF und Produktion West mit Unterstützung des Landes Niederösterreich, Zukunftsfonds der Republik Österreich, BMUKK, BMEIA und der Europäischen Union Bürger für Bürger.

Ein Film von Anita Lackenberger und Gerhard Mader