Sexgewerbe und Straßenstrich

KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Ware Frau – Zur Prostitution gezwungen

Sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel sind lukrative Geschäfte organisierter Kriminalität – auch in Österreich. Das Verbrechen aber ist schwer zu ermitteln, die Betroffenen schweigen oft und werden von ihren Peinigern systematisch unter Druck gesetzt, um den Zwang zu vertuschen.

Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden und in die Hände von Schleppern gelangen, werden entweder entführt oder suchen Auswege aus extremer wirtschaftlicher und sozialer Armut. Sie sehnen sich nach einem besseren Leben, nach der großen Liebe und gehen oft so genannten „Loverboys“ in die Falle.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 19. August 2014
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Donnerstag, 21. August 2014
11.50 Uhr, ORF 2 (nur „Schande“)

Das sind Männer, die ihnen das Paradies auf Erden versprechen und dann, wenn sie verliebt sind, an Kollegen oder Kunden weiterreichen zur Abrichtung für sexuelle Dienstleistungen. So landen Frauen in der Zwangsprostitution. Ein Ausstieg gelingt selten bis nie.

Um 23:05 folgt der Film „Schande“ von Mohammed Ali Naqvi. Internationales Aufsehen erregte die Geschichte einer einfachen Frau aus einem der rückständigsten Gebiete Pakistans: Selbst Opfer einer Vergewaltigung, gelang es Mukhtar Mai, eine Kampagne gegen die weltweit verbreiteten sexuellen Misshandlungen von Frauen zu entfachen.

Weltweit werden Schätzungen zufolge jährlich 2,4 Millionen Frauen, Männer und Minderjährige Opfer von Menschenhandel. In Europa sind davon etwa 500.000 Personen betroffen – doch genaue Zahlen gibt es nicht, das Netz der Menschenhändler ist meist unsichtbar.

So viel aber ist sicher: Jede fünfte Prostituierte in Europa stammt aus Rumänien, darunter auch Zwangsprostituierte. Spanien und Deutschland, aber auch Österreich zählen zu den größten Abnehmern. Bereits jedes zehnte Kind in Rumänien wächst in gefährdeten, verwahrlosten Verhältnissen auf: Gewalt, Ausbeutung, Kinder- und Menschenhandel sind die extremsten Folgen.

Ware Frau – Zur Prostitution gezwungen, Länge 37 Minuten

Aber auch Frauen aus Afrika werden zur Sexarbeit gezwungen. Sie kommen beispielsweise aus Nigeria und erhoffen sich hier einen gesicherten Lebensstandard und so viel Geld, dass sie ihre Familien unterstützen können. Bezwungen mit Vodoo-Riten schwören sie Gehorsam und arbeiten vielfach auf dem Straßenstrich zu Dumpingpreisen – für 15 Euro pro Kunde.

„kreuz und quer“ stellt zwei Ordensschwestern in den Mittelpunkt des Films; Schwester Silke Mallmann, eine Mariannhiller Missionsschwester aus Kärnten, hat mit der Beratungsstelle „Talitha“ etlichen Opfern von Menschenhandel geholfen. So auch Anna aus Rumänien, eine der ganz wenigen, die der Gewaltspirale entkommen konnte und die heute ein Leben jenseits von Prostitution und Unterdrückung führt.

Auch Schwester Patricia Erber von der Ordensgemeinschaft der Salvatorianerinnen, die sich mit der Organisation „Solwodi“ für Betroffene von Menschenhandel einsetzt, spricht, worüber sonst oft geschwiegen wird. Zwangsprostituierte stehen unter massivem inneren und äußeren Druck, sie können nicht einfach flüchten, sie haben gelernt zu gehorchen, sich als Objekt und Ware zu verhalten.

In Wien gründete Schwester Patricia mit „Solwodi“ ein erstes Schutzhaus für Betroffene. Das sind Wohnungen, in denen die Frauen und Mädchen anonym und rundum von Ordensschwestern und psychologisch ausgebildetem Fachpersonal betreut werden.

Die Zwangsprostituierte Amira stammt aus Benin City und erzählt wie sie von ihrer Zuhälterin, einer so genannten Madame, gefoltert wurde. Ihr Glaube an Gott – wie sie sagt – und ihre Stärke, auch Nein sagen zu können, haben sie schließlich befreit. Heute schreibt sie ein Buch über ihre Erfahrungen und weiß, dass Europa ganz und gar nicht das Paradies ist, von dem sie geträumt hat.

Oberst Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt und die Ermittlerin Claudia Dannhauser zeigen in der Dokumentation auf, wie wichtig es ist, die Sprache der Opfer zu verstehen – denn geschlossene, leichtverdauliche Geschichten erzählen die Frauen nicht. Ihr Trauma hat sie verändert, es hat sie oft willenlos, misstrauisch, hart und für immer extrem verletzlich gemacht.

Ein Film von Katrin Mackowski

Schande

Das Drama von Mukhtar Mai begann 2002: Sie wurde von einer Gruppe von Männern geschändet, während Mukhtars Vater, Onkel und Dutzende Pakistanis zusahen. Als Teil einer Familienfehde war die Tat für den Clan der Mastois eine Sache der Ehre.

In ihrer altertümlichen Dorfgemeinschaft sind die Traditionen eines von Männern dominierten Clanwesens noch immer Sitte. Rechtsstaatlichkeit hat sich in diesem Teil Pakistans noch nicht durchgesetzt.

Mukhtar Mai konnte die über sie ergangene Schande leichter ertragen, indem sie sich an die Öffentlichkeit wandte und gegen alle Hindernisse einen Prozess erzwang – und diesen auch gewann. Sogar pakistanische Minister und der Staatschef hatten sich für Rechtsprechung in diesem Fall eingesetzt.

Mukhtar Mai erhielt nur geringe Entschädigungszahlungen. Mit Spenden konnte sie in ihrem Dorf zwei Schulen errichten. Mukhtar konnte damals weder lesen noch schreiben. Das hat sie in der Zwischenzeit gelernt. Statt in Stille zu leiden, engagierte sie sich erfolgreich gegen die Unterdrückung der Frauen in Pakistan.

Ihre Geschichte fand in den USA und den Weltmedien Aufmerksamkeit. Stars wie CNN’s Christiane Amanpour und Hollywood-Lieblinge wie Brooke Shields, Katherine Zeta Jones oder Goldie Hawn unterstützen nun ihre Stiftung – um anderen Frauen aus dem Elend und zu ihren Rechten zu verhelfen.

Ein Film von Mohammed Ali Naqvi.