Adolf Holl Archivbild

APA/BARBARA GINDL

Jetzt und in der Stunde unseres Todes

Adolf Holl redet nicht lange um den heißen Brei herum: „Wer deppert lebt, stirbt deppert.“ Franz Schuh ist sich da nicht so sicher: „Kann man sowas überhaupt sagen? Das unterstellt ja eine Art Gerechtigkeit.“ Adolf Holl hält dagegen: “Wenn es einen Gott gibt, muss er gerecht sein. Sonst hätten wir ja den Teufel als höheren Gott.“

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ORF

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FeierAbend, Allerheiligen, 1.11.2014, 20.00 Uhr, ORF 2

Dieser Dialog der beiden streitbaren Geister bildet den Prolog zu einem Reisebericht, den der Theologe und Schriftsteller Adolf Holl auf den Spuren seiner eigenen Biographie unternimmt. Er sucht Marksteine seines Lebensweges auf und denkt laut darüber nach, was ihn wohl davor bewahrt hat, deppert zu leben.

Diese Reise in seine Vergangenheit führt Adolf Holl an Orte, die seinen Werdegang zum katholischen Priester markieren: Kirchberg ob der Donau, wo er als 13jähriger mitten im Krieg ministrieren lernte und sich dabei ertappte, dass er plötzlich begann, den Pfarrer nachzuahmen: „Dort hat Jesus die Angel ausgeworfen, und ich hab angebissen.“ Weiter geht es nach Seckau, wo ihn Pater Laurentius dermaßen inspiriert hat, dass er den Entschluss fasste, ins Priesterseminar einzutreten. Eine besondere Kostbarkeit ist für Adolf Holl die Engelkapelle in der Seckauer Klosterkirche – einem Fresko von Herbert Böckl, das einen lachenden Christus zeigt.

Holls „Lebensreise“ führt ihn schließlich ins Priesterseminar in Wien, wo er sich einst als Student die Antwort gab auf eine Frage, die ihn jahrelang bedrängt hatte: „Bin ich von Gott zum Priester berufen oder nicht?“ – „Wenn ich Priester werden will, dann will es Gott auch“, sagte sich der junge Adolf Holl und zerstreute damit für lange Zeit alle Zweifel.

Aber nicht für immer. In seinem Buch „Jesus in schlechter Gesellschaft“ kommt er zu dem Schluss, dass Jesus nie eine Priesterkirche gewollt habe. Daraufhin wird Adolf Holl vom Priesteramt suspendiert. „Heute habe ich meinen Glauben suspendiert“, meint er halbernst im Gespräch mit seinem Philosophen-Freund Franz Schuh: „Wenn ich vom Priesteramt suspendiert bin, kann ich auch meinen Glauben suspendieren…“.

Was ihn freilich nicht daran hindert, sich ein Grabmal mit einem „Tau“ errichten zu lassen – dem Kreuz, das der heilige Franz von Assisi getragen hat. Mit seinem Grabmal zu Lebzeiten will Adolf Holl in erster Linie etwas Schönes schaffen: „Die Leute sollen sich daran erfreuen. Ich spiele mit dem Gedanken, mit Schönheit den Tod zu überwinden.“

Wenn das Schöne den Tod überwinden kann, dann gilt das wohl auch für das Gute und das Wahre – das sich möglicherweise im Angesicht des Todes zu erkennen gibt. Auch wenn vielleicht so manches deppert g‘laufen ist im Leben. Diese Möglichkeit lässt sich Adolf Holl offen: „Dass in der Todesstunde unter Umständen etwas zur Gewissheit wird, was zuvor Selbstzweifel ausgelöst hat. Dass man somit nicht blöd stirbt.“

Ein Film von Michael Cencig
Redaktion: Barbara Krenn