Namen von Gerechten in der Gendenkstätte Yad Vashem in Israel

ORF/makido film

Die Gerechten unter den Völkern

Die Novemberpogrome von 1938 gegen die jüdische Bevölkerung jähren sich heuer zum 76. Mal. Im gesamten deutschen Machtbereich wurden Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte und Wohnungen verwüstet – und dabei zahlreiche Juden getötet oder verletzt.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 11. November 2014
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 12. November 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 13. November 2014
11.50 Uhr, ORF 2
Nur „Die Gerechten unter den Völkern“

Allein in Österreich wurden in der Nacht auf den 10. November 30 Juden getötet, 7.800 verhaftet und aus Wien rund 4.000 ins Konzentrationslager Dachau deportiert. „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – zeigt aus diesem Anlass am Dienstag, dem 11. November 2014, um 22.35 Uhr in ORF 2 eine in HD produzierte Dokumentation über Retter und Helfer im Nationalsozialismus, in der Andrea Morgenthaler und Franziska Aringer diese unbekannten Geschehnisse erzählen und an den Mut und Einsatz der „Gerechten unter den Völkern“ erinnern.

Um 23.25 Uhr folgt die in HD produzierte Filmdokumentation „Über.Leben – Berthold Kaufmanns Rückkehr ins Exil“: Berthold Kaufmann ist einer der letzten jüdischen Zeitzeugen des Naziterrors und der Pogrome von 1938 in seiner Heimatstadt Graz. Im Alter von 88 Jahren tritt er im Herbst 2013 für Günter Schilhans Film „Über.Leben“ eine emotionale Reise in die Vergangenheit an. Wie beurteilt Berthold Kaufmann im Rückblick sein persönliches Schicksal? Welche Lehren über den Holocaust, der einen Großteil seiner Familie das Leben kostete, will er seinen Enkelsöhnen und nachfolgenden Generationen mitgeben?

„Die Gerechten unter den Völkern – Retter und Helfer im Nationalsozialismus“

Yad Vashem ist die bedeutendste Gedenkstätte des Holocaust. Das eindrucksvolle Dokumentationszentrum hat es sich zur Aufgabe gemacht, neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gräuel auch die Geschichten der Menschen, die Humanität und Hilfsbereitschaft gezeigt haben, als „Gerechte unter den Völkern“ zu ehren. Der Film handelt von mutigen Menschen und ihren Familien, die ihr Leben riskiert haben, um verfolgte Juden zu retten:

Jaroslawa Lewickaja aus dem polnischen Zloczow, die es in Kauf nahm, dass sie hätte erschossen werden können; Eberhard Helmrich, der auf seiner Farm 300 jüdische Zwangsarbeiter beschäftigte und sie damit vor dem KZ bewahrte, sowie die holländische Familie Boissevain, die drei Juden auf ihrem Dachboden versteckte – trotz der Gefahr, dass sie bei einer Razzia entdeckt würden. Auch in Österreich gab es Gerechte wie den Steirer Franz Leitner, der mehrere hundert Kinder im KZ Buchenwald rettete.

Die Wiener Schauspielerin Dorothea Neff gewährte in ihrer Wohnung ihrer jüdischen Freundin Lilli Wolf jahrelang Unterschlupf. Dorothea Neffs Schülerin Andrea Eckert berichtet über ihre berühmte Lehrerin. Anhand dieser außergewöhnlichen Lebenslinien sollen die Möglichkeiten, sich unter widrigsten Bedingungen für Menschlichkeit und Mitleid zu entscheiden, gezeigt und den „Stillen Helfern“ ein Denkmal gesetzt werden.

Sie sind der Beweis, dass es Alternativen gab. Mehr als 24.000 Menschen hat Yad Vashem bis heute als „Gerechte“ geehrt. Immer noch kommen jedes Jahr ein paar neue hinzu. Trotzdem sind die Geschichten dieser Menschen nach wie vor beinahe unbekannt. Die Regisseurin Andrea Morgenthaler begibt sich auf eine Spurensuche u.a. nach Jerusalem und New York und erforscht die Akten der Helmrichs, der Boissevains und von Jaroslawa Lewickaja. Die Geschichten der österreichischen Gerechten Dorothea Neff und Franz Leitner werden von Franziska Aringer erzählt.

Ein Film von Andrea Morgenthaler und Franziska Aringer

Berthold Kaufmann und Tochter Ruth Yu-Szammer vor der Skyline von Tel Aviv

ORF/Günter Schilhan

Berthold Kaufmann und Tochter Ruth Yu-Szammer vor der Skyline von Tel Aviv

„Über.Leben – Berthold Kaufmanns Rückkehr ins Exil“

Als Kind erlebte er die Machtübernahme der Nationalsozialisten und bekam in der Schule den Antisemitismus am eigenen Körper zu spüren. Als 13-Jähriger war er Augenzeuge des Synagogenbrandes in Graz. In derselben Nacht wurde sein Vater verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gebracht, von wo er krank und geschwächt im Jänner 1939 wieder zurückkehren konnte. Der Entschluss zur Flucht aus Österreich war nun gefasst.

In Triest gelang es der Familie Kaufmann, Visa für die Einreise nach Zypern zu bekommen. Zwei Jahre lang hatte sich die Familie auf der Mittelmeerinsel durchschlagen können, bevor sie von den Briten evakuiert wurde. Gemeinsam mit Tausenden anderen jüdischen Flüchtlingen aus aller Welt wurde Berthold Kaufmann mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Palästina gebracht.

Doch nach wenigen Monaten ohne Aufenthaltsgenehmigung mussten sie Palästina wieder verlassen. Die Flucht führte weiter durch verschiedene afrikanische Länder, wo sich Berthold Kaufmann der britischen Armee anschloss. 1948 kehrte die Familie in ihre Heimatstadt Graz zurück. Zahlreiche Verwandte, Freunde und Bekannte wurden inzwischen von den Nazis ermordet. Die jüdische Gemeinde in Graz hatte aufgehört zu existieren.

Gemeinsam mit seiner Tochter Ruth – sie ist heute die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Graz – und seinen Enkelkindern David (26) und Thomas (24) besucht Berthold Kaufmann die wichtigsten Stationen seiner Flucht. Er blickt zurück auf die dramatischen Ereignisse des Jahres 1938 und schildert seinen Enkeln die gefahrvollen Wege ins Exil.

Im türkischen Teil Zyperns sucht er jenes Dorf auf, das für ihn und seine Familie der erste sichere Zufluchtsort war. In Israel besucht er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und begegnet anderen Holocaust-Überlebenden aus Österreich. Ein emotionales erstmaliges Treffen führt ihn mit der Tochter seiner Jugendliebe zusammen, die er 1941 in Palästina kennengelernt hatte.

Ein Film von Günter Schilhan