Frau hinter Kleiderbügeln

ORF/Langbein+Partner

Alles, was gerecht ist

Wie werden Reichtum, Glück und Vermögen verteilt und wie gerecht ist unsere Gesellschaft eigentlich? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die „kreuz und quer“-Dokumentation „Alles, was gerecht ist“. Danach: „Franz von Assisi - Programm für die Weltkirche?“

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 18. November 2014
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 19. November 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 20. November 2014
11.50 Uhr, ORF 2
Nur „Alles, was gerecht ist“

Alle fordern sie, alle reklamieren sie für sich, aber wie steht es tatsächlich um sie, und was bedeutet sie, die Gerechtigkeit? Die HD-Dokumentation „Alles was gerecht ist“ von Kurt Langbein und Judith E. Innerhofer, die „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – am 18. November zeigt, analysiert anhand dreier Familiengeschichten, wie es um die Verteilung von Chancen, Vermögen, Glück und Gesundheit in unserer Gesellschaft steht.

Franz von Assisi hat mit seiner Ordensgründung eine umfassende Reformbewegung in der mittelalterlichen Kirche initiiert. Seine Vorstellungen zu Armut, Friedfertigkeit und der Liebe zur Schöpfung waren visionär und zugleich eine Provokation für die kirchliche Obrigkeit seiner Zeit. Zwei Jahre nach seinem Tod wurde er 1228 heiliggesprochen. In Friedrich Klütschs in HD produzierter Dokumentation „Franz von Assisi – Programm für die Weltkirche?“ nehmen um 23.30 Uhr Experten zur Wirkungsgeschichte des Franziskus Stellung, dessen Namen der gegenwärtige Papst – als erster in der Geschichte – gewählt hat.

„Alles, was gerecht ist“

Der Film – eine Koproduktion von ORF, Langbein & Partner und BMBF – zeigt, dass Hoffnungen, Ängste, Alltagssorgen der Familien ebenso unterschiedlich sind wie die Gedanken der einzelnen Familien und Familienmitglieder zu Fragen von Gerechtigkeit, Freiheit, Glück.

Die Unternehmerfamilie: Seit Generationen vererben die Gmachls Betrieb und Vermögen in Elixhausen, Salzburg. „Ich hätte es schlechter erwischen können“, sagt Michaela Gmachl, die das Superior-Hotel weiterführt. Ihre jüngste Schwester bekam ein anderes Hotel zum Ausgleich geschenkt, die dritte Schwester eine Tierarzt-Praxis.

In Sachen Verteilung scheint die Sache klar: Das Vermögen der reichsten zehn Prozent wächst pro Stunde um 3,2 Millionen Euro, fast dreimal so schnell wie jenes der restlichen 90 Prozent. Und Vermögen wird hauptsächlich an jene vererbt, die schon besitzen: Von den ärmsten zehn Prozent der Österreicher erbt nur jeder Zehnte – durchschnittlich knapp 16.000 Euro. Von den reichsten zehn Prozent erben rund zwei Drittel, durchschnittlich 312.900 Euro. Und zwar pro Kopf.

Die Mittelstandsfamilie: „Ich bin ein Glückskind“, sagt Philosoph Clemens Sedmak, der mit Frau und drei Kindern in Seekirchen lebt. Bildung ist ihr oberstes Gut – und Bildung wird in Österreich mehr als anderswo vererbt. Zugleich versuchen die Sedmaks innerhalb der Familie das Experiment Gerechtigkeit. Kann das zumindest im Kleinen gelingen?

Clemens Sedmak, Professor am King’s College in London, beobachtet aber auch den Zustand der österreichischen Gesellschaft: „Es ist ärgerlich, dass die, die haben, noch mehr bekommen. Das ist für ein Gemeinwesen nicht gut.“ 1976 teilten sich die reichsten 20 Prozent der Österreicher rund 40 Prozent des gesamten Lohneinkommens, die ärmsten 20 Prozent mussten sich mit 4,8 Prozent begnügen. Mittlerweile ist der Anteil der Ärmsten noch weiter geschrumpft, auf nur mehr 1,9 Prozent. Und das Fünftel der Topverdiener kassiert schon fast die Hälfte aller Einkommen.

Die sozial Schwachen: Die Großeltern haben ihr Leben lang schwer gearbeitet, aber für die Kinder bleibt kaum etwas an Startvorteilen. Und deren Kinder brechen die Schule wieder ab. Männer ohne Pflichtschulabschluss leben um acht Jahre kürzer als Akademiker. Und der Durchschnittsösterreicher ist im Lauf des Lebens um acht Jahre länger krank als Menschen in den skandinavischen Staaten. Warum? Der Film macht sich auf die Suche nach Antworten – und begegnet in Dänemark Menschen und Modellen, die deutlich gerechter sind.

Ein Film von Kurt Langbein und Judith E. Innerhofer

Franz von Assisi: Mann mit Bart in brauner Robe mit weißen Vögeln auf der Schulter.

ORF/Tellux Film

„Franz von Assisi – Programm für die Weltkirche?“

Wie konnte ein Kaufmannssohn ohne theologische Ausbildung zum Begründer der größten Ordensfamilie in der römisch-katholischen Kirche werden? Warum wurde das Grab des Mannes, der eine wandernde Kirche ohne Grundbesitz wollte, zum Grundstein eines monumentalen Kirchenbaus? Über die Wundmale Jesu, die er auf dem Berg La Verna empfangen haben soll, hat Franziskus zeitlebens geschwiegen. Ab wann wurden die Stigmata dazu benützt, ihn zu einem zweiten Christus zu verklären? Wer hat aus dem radikalen Kirchenkritiker Franziskus den wichtigsten katholischen Heiligen gemacht? Erstmals in der Kirchengeschichte hat sich der Argentinier Jorge Bergoglio nach seiner Papstwahl den Namen Franziskus gegeben: Ist für den Papst die Gestalt des Heiligen aus Assisi zugleich Programm für die Weltkirche?

Der Film geht den Widersprüchen in der Gestalt des Franz von Assisi (1181/82 – 1226) nach. Spielszenen beschreiben die Wendepunkte im Leben des Franziskus. Recherchen an Originalschauplätzen und Aussagen von Historikern verdichten sich zu einem neuen Bild des Heiligen. Die Überlieferung, die ihn auf einen Tierfreund und zum Erfinder der Weihnachtskrippe reduziert hat, wird als Geschichtsfälschung entlarvt. Was aber wollte Franziskus wirklich, wie lautete seine Botschaft? In einer Zeit der Kreuzzüge gegen innere und äußere Feinde formulierte er eine kompromisslose Botschaft des Friedens.

Angesichts einer Kirche, der es in erster Linie um Macht und Reichtum ging, forderte er eine Rückkehr zum urchristlichen Ideal der Evangelien. Seine Gemeinschaft von Laienbrüdern wollte nicht nur die Menschen zu einer Umkehr bewegen, sondern vor allem die Kirche selbst. Vom Klerus verlangte Franziskus die Aufgabe aller Besitzstände. Die Kirchenhierarchie sollte abgeschafft und die Geistlichen sich auf immerwährende Wanderschaft begeben. Mit seinen Forderungen stand der Kirchenerneuerer in der Nähe der mittelalterlichen Armutsbewegungen wie der der Katharer, die die Kirche als Bedrohung für ihre Einheit wahrnahm und mit allen Mitteln bekämpfte. Bei seinem Besuch in Rom würde sich entscheiden, ob der Bürgersohn aus Assisi selbst als Ketzer verurteilt oder als kirchenpolitische Antwort auf die Herausforderung durch die Armutsbewegungen eingesetzt werden sollte.

Die Instrumentalisierung des Kritikers als Garanten für das Überleben der traditionellen Kirche gelingt. Noch zu Lebzeiten wird Franz von Assisi wie ein Heiliger verehrt. Zehntausende in ganz Europa schließen sich seiner Bewegung an. Bald aber beginnt die Kirchenleitung damit, Einfluss auf die Entwicklung der „Minderen Brüder“ des Franziskus zu nehmen. Bei der Diskussion um die Ordensregel greift sie durch und verhindert eine Festschreibung der radikalen Ziele.

Franziskus wird entmachtet und gibt schließlich die Ordensleitung auf. Um ihn als Vorbild unerreichbar zu machen, wird Franz von Assisi zu einem zweiten Jesus stilisiert. Seine Botschaft wird verstümmelt. Alle vorhandenen Darstellungen über sein Leben werden unter Ordensgeneral Bonaventura vernichtet und durch eine kirchenkonforme Heiligenlegende ersetzt. Die treuesten Anhänger des Franziskus werden als Ketzer verfolgt und enden auf den Scheiterhaufen der Inquisition.

Mit Professor Helmut Feld aus Tübingen und Professor Chiara Frugoni aus Padua geben zwei ausgewiesene Experten Auskunft über Leben und Werk des Franziskus. Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts aus Berlin besuchen die Basilika von Assisi, um die Möglichkeiten einer Rekonstruktion der beim Erdbeben 1997 zerstörten Fresken zu prüfen. Nuklearphysikalische Untersuchungen von Kleidungsstücken, die Franziskus getragen haben soll, klären die Echtheit der Reliquien. Recherchen unter franziskanischen Ordensleuten der Gegenwart zeigen, inwieweit die ursprüngliche Botschaft des Franziskus auch heute noch lebendig ist.

Ein Film von Friedrich Klütsch