Gotteskrieger im Kampf in Syrien

ORF/Journeyman TV

Der europäische Gotteskämpfer

„Big A“, ein dänischer Drogendealer und säkularer Muslim, schwört der Kriminalität ab – und meint, die Religion für sich entdeckt zu haben. Er will Allah dienen und zieht in den Dschihad nach Syrien.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 13. Jänner 2015
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 14. Jänner 2015
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 15. Jänner 2015
12.25 Uhr, ORF 2
Nur „Können Haare Sünde sein?“

„kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – zeigt am Dienstag, dem 13. Jänner 2015, um 22.35 Uhr in ORF 2 die HD-Dokumentation „Der europäische Gotteskämpfer“ des Journalisten Nagieb Khaja, die „Big A“ bis an die Front folgt und einen seltenen Einblick in die sonst abgeschottete Welt europäischer Gotteskämpfer in Syrien gewährt. Um 23.05 Uhr folgt die HD-Dokumentation „Können Haare Sünde sein?“ über religiöse Kopfbedeckungen von Elisabeth Krimbacher und Thomas Grusch.

„Der europäische Gotteskämpfer“

Bei der Polizei Kopenhagens war Abderozzak Benarabe längst kein unbeschriebenes Blatt: Unter dem Namen „Big A“ war der Däne marokkanischer Herkunft in den Straßen der Stadt bekannt.

Von seinen 39 Jahren hatte er bereits zwölf wegen Drogen- und Gewaltdelikten in Gefängnissen verbracht, als er 2012 seine zwielichtige „Karriere“ in den Hinterhöfen Kopenhagens – vorläufig – beendete. Die Abwendung von Gewalt und Drogengeschäften hatte einen Grund: Bei seinem jüngeren Bruder wurde Krebs diagnostiziert. Benarabe deutet die Krankheit als Strafe Gottes.

Der bis dahin säkulare Muslim wendet sich der Religion zu: „Gott sagte zu mir: ‚Hey, wach auf!’“ Benarabe ist sich sicher: Beten nützt bei seinen schweren Verbrechen ohnehin nichts mehr. Und so beschließt er, in Syrien auf der Seite islamistischer Rebellen zu kämpfen. „Ich hoffe, dass mir Allah dadurch vergeben kann.“

Ohne politisches und religiöses Vorwissen heuert er bei einer Salafisten-Gruppe an, die dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahesteht. In dieser Einheit dienen vor allem Syrer, einige kaum 16-jährig. Es sind keine professionellen Kämpfer. Die Männer machen auch nicht den Eindruck besonderer ideologischer Radikalität.

Zunächst kann für den Neuen kein Gewehr aufgetrieben werden. Trotzdem fährt Benarabe mit an die Front – konkret nach Arihah, ganz im Nordwesten Syriens gelegen, eine im Jahr 2012 zerbombte Stadt. Die Rebellen haben einen Stützpunkt der Soldaten von Staatspräsident Baschar al-Assad eingekesselt. Die Armee wehrt sich mit Bomben aus Helikoptern und Fliegern.

Mit ihren Gewehren feuern die Salafisten scheinbar ziellos aus einem Fenster auf den weitgehend unsichtbaren Feind. Dann trifft ein Scharfschütze des Gegners den Kopf eines Dschihadisten. Dieser verblutet auf der staubigen Straße, wenige Meter neben Benarabe. In den Halbruinen versucht man indes, weitere Schwerverletzte zu reanimieren – vergeblich. „Big A“ steht bei all dem etwas ratlos abseits. Aber Benarabe gibt sich dennoch entschlossen.

Endlich bekommt auch er ein Gewehr. Wie es funktioniert, muss ihm niemand erklären. Sechs Tage stürmt er gegen den Stützpunkt. Kameraden loben seine Tapferkeit, ein Granatensplitter zerfetzt seinen Rucksack. Trotzdem schickt ihn der Kommandant nach Hause, wo Benarabe Geld und Material beschaffen soll.

Zum zweiten Mal fährt er nach Syrien. Zwischen den Hilfsgütern hat er Zielfernrohre und Nachtsichtgeräte versteckt. Ohne durchsucht zu werden, rollt der Mini-Konvoi über die türkisch-syrische Grenze. Dann verliert Journalist Nagieb Khaja den Kontakt. Offenbar reist „Big A“ überhastet zurück nach Kopenhagen.

Eine rivalisierende Gang versucht, seine Geschäfte an sich zu reißen. Es dauert nicht lange, bis er durch diese „Geschäfte“ wegen schwerer Körperverletzung wieder im Gefängnis in Kopenhagen einsitzt. Die erhoffte Erlösung durch den Dschihad ist für Abderozzak Benarabe ausgeblieben.

– Ein Film von Nagieb Khaja (Bearbeitung: Ursula Unterberger)

Großeltern der Familie Bajwa

ORF/Tausend Rosen/Matthias Tschannett

Das vitale lange Haar als Zeichen von Stärke oder von Fruchtbarkeit wurde in den Jahrhunderten auf verschiedene Weisen ver- oder enthüllt, die Dokumentation beschäftigt sich mit der Bedeutung dieser Art der „Verhüllung“ und „Enthüllung“ in der Kulturgeschichte von Islam, Christentum und Judentum und legt den Fokus vor allem auf die Frauen.

„Können Haare Sünde sein?“

Juden, Muslime, Christen und Sikhs – was haben sie gemeinsam? Haare spielen bei diesen Religionen eine wesentliche Rolle, sie werden auf verschiedene Weisen gepflegt, bedeckt, ver- und enthüllt. Das vitale lange Haar als Zeichen von Stärke und Fruchtbarkeit und als schönster „Schmuck“ der Frau steht seit vielen Jahrhunderten im Mittelpunkt eines geregelten religiösen Alltagslebens: Schon im 12. Jahrhundert vor Christus verhüllte sich die ehrenhafte, verheiratete Frau beim Verlassen des Hauses mit einem Schleier, die Bedeckung verschaffte den Frauen die Freiheit, nicht belästigt zu werden, sie war ein Zeichen ihres sozialen Ranges.

Heute sind sichtbare Religionssymbole in der Öffentlichkeit suspekt: Kopftuchträgerinnen, verschleierte Frauen und Männer mit Turban sind im Straßenbild verdächtig – meint man doch, „radikale Muslime“ vor sich zu haben. Gurdial Singh Bajwa, Unternehmer und Sikh mit Turban, kann davon viel berichten. Nicht nur bei jedem grenzüberschreitenden Flug, sondern auch im Alltag wird seine Familie von Ahnungslosen behelligt.

Besonders dem „Kopftuch“ wird ein negativer Symbolgehalt zugesprochen. Das Kopftuch repräsentiert in Europa nicht nur die Unterdrückung der Frau, sondern es gilt auch als Zeichen für die Rückständigkeit des Islam generell. Dass mittlerweile – ob als Gegenreaktion auf diese Zuschreibungen oder aus vielfältigen anderen Gründen – das Kopftuch von vielen Musliminnen der neuen Generation freiwillig und mit Selbstbewusstsein sogar als Symbol der Emanzipation getragen wird, ist ein Faktum.

Menerva Hammad, 25-jährige Studentin und Journalistin, gehört zu jenen jungen Frauen in Österreich, die ihr Haar sogar gegen den Rat ihrer Eltern verschleiert hat. „Ich war ohnehin nie als Österreicherin richtig akzeptiert – also warum nicht gleich wie eine Muslimin ausschauen.“

Ihre Identität durch ihre Religion auszudrücken ist auch für die gläubige Jüdin Malka Bernholtz wichtig. „Wir Juden fragen nicht, warum die Regeln so sind wie sie sind, wir tun es einfach“, erklärt sie. Verheiratete jüdische Frauen bedecken ihre Haare entweder mit einem Tuch, einer Perücke oder einem Hut. Oft sieht die Perücke dann genauso aus wie die eigenen Haare darunter. Es geht bei dieser Vorschrift allerdings keineswegs darum, die Schönheit der Frau zu mindern, sondern darum, dass die Haare etwas Privates und nur dem Ehemann vorbehalten sind.

Ein Film von Elisabeth Krimbacher und Thomas Grusch