Singen statt schiessen

ORF/Mefafilm/Michael Brauner

„Singen statt schießen“

Ein jüdischer Schneider, der mit einem sunnitischen Imam armenische Liebeslieder singt und dabei von kurdischen Musikern begleitet wird – das gibt es nur in Antakya. Die südtürkische Stadt gilt seit Langem als Musterbeispiel für friedliches Zusammenleben.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 19. Mai 2015
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 20. Mai 2015
um 20.15 Uhr, ORF III

Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Syrien zeigt „kreuz und quer“ den in HD produzierten Film „Singen statt schießen“ von Michael Brauner und Christian Schüller über den „Chor der Zivilisationen“, in dem Sunniten und Schiiten, Griechisch-Orthodoxe und Katholiken, Juden, Kurden und Armenier miteinander singen.

Für den anschließenden HD-Film „Song Contest der Muezzins“ (23.05 Uhr) hat der teils in Wien und teils in Istanbul lebende Dokumentarfilmer Sebastian Brameshuber vier Muezzins auf ihrem Weg von den regionalen Vorentscheidungen bis hin zum großen Finale in Istanbul mit der Kamera begleitet.

„Singen statt schießen“

Im griechischen Antiochia ist vor fast 2.000 Jahren eine große Gemeinde gegründet worden, die man dort erstmals „Christen“ nannte. Heute lebt in Antakya eine sunnitische Mehrheit mit einer starken Minderheit von Alawiten zusammen. Bisher problemlos.

Doch der Krieg im benachbarten Syrien bedroht nun dieses Gleichgewicht. Denn dieser Krieg wird auch im Namen unterschiedlicher Religionen geführt. Und die Zusammensetzung der syrischen Bevölkerung spiegelt ziemlich genau jene von Antakya wider.

Wird sich der „Kampf der Kulturen“ ausbreiten oder ist doch ein Miteinander verschiedener Weltanschauungen möglich? Der Bürgerkrieg in Syrien scheint den Pessimisten recht zu geben. Millionen Syrer sind inzwischen auf der Flucht.

Der „Chor der Zivilisationen“ im nur wenige Kilometer entfernten Antakya versucht, das Gegenteil zu beweisen. Im „Chor der Zivilisationen“ singen Sunniten und Schiiten, Griechisch-Orthodoxe und Katholiken, Juden, Kurden und Armenier miteinander. Und die Lieder, die sie vortragen, sind ebenso bunt gemischt.

„Es wird immer nur vergessen, dass es nur einen einzigen Gott gibt“, sagt Chorleiter Yilmaz Özfirat. „Aber jeder, der seinen Verstand benützt und auf seine Gefühle hört, muss zu diesem Schluss kommen!“ Und doch rückt der Krieg immer näher. Hunderttausende Flüchtlinge aus Syrien haben die Stadt Antakya verändert.

Manche Alawiten befürchten, dass es mit der bisherigen Harmonie bald vorbei sein könnte. Vor diesem Hintergrund wirbt der „Chor der Zivilisationen“ darum, das Modell der Multi-Kulti-Stadt zu retten.

Ein Film von Michael Brauner und Christian Schüller

Songcontest der Muezzins

ORF/KGP

In der Türkei findet alljährlich ein „Song Contest der Muezzins“ statt, bei dem der beste Gebetsrufer des Landes gekürt wird

„Song Contest der Muezzins“

Seit der Zeit des Propheten Mohammed folgen gläubige Muslime in aller Welt fünfmal täglich dem Ruf des Muezzins zum Gebet. „Eilt zum Gebet, eilt zur Seligkeit“, so lauten die Worte stets gleich, nur beim ersten Gebetsruf des Tages wird noch die Zusatzzeile „Das Gebet ist besser als der Schlaf“ angefügt.

Die Gesangsausführung jedoch bleibt weitgehend dem Muezzin überlassen und ist eine hohe Kunst, die sowohl eine gute Stimme als auch eine qualifizierte Ausbildung voraussetzt. Denn es ist wichtig, lauter und schöner als der Muezzin der Nachbarmoschee zum Gebet zu rufen.

Dieser Konkurrenzkampf hat u. a. auch dazu geführt, dass der weltweite Trend zu Casting- und Talentshows auch die Welt der Moscheen und Muezzins erreicht hat. So findet in der Türkei alljährlich ein „Song Contest der Muezzins“ statt, bei dem der beste Gebetsrufer des Landes gekürt wird.

Dem Sieger ist große mediale Aufmerksamkeit gewiss, und häufig erhält er eine Anstellung in einer bedeutenden Moschee. Ein frühes Ausscheiden bedeutet meist einen schmerzlichen Gesichtsverlust. Der Film zeigt Porträts von selbstbewusst auftretenden Männern, die sich durchaus mit Popstars vergleichen und denen es auf den ersten Blick weniger um Spiritualität als um Prestige zu gehen scheint. Eines wird dabei sehr klar: dass sich die meisten Muezzins als Künstler verstehen.

Ein Film von Sebastian Brameshuber