Vatikan

ORF/DOKfilm

Der Vatikan im Kalten Krieg und Die Freunde des Papstes

„Geheimauftrag Pontifex – Der Vatikan im Kalten Krieg“ beginnt mit dem Attentat auf Papst Johannes Paul II. In „Die Freunde des Papstes“ analysieren Experten das Pontifikat von Papst Franziskus.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 13. Oktober 2015
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 14. Oktober 2015
um 20.15 Uhr, ORF III

Der zweite Teil des Doku-Zweiteilers „Geheimauftrag Pontifex – Der Vatikan im Kalten Krieg“ von Jan Peter und Yury Winterberg, den „kreuz und quer“ – präsentiert von Christoph Riedl-Daser in ORF 2 zeigt, beginnt mit den Schüssen auf den Papst aus Polen – am 13. Mai 1981: Bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz bricht Johannes Paul II. von Kugeln getroffen zusammen. Der Attentäter, ein türkischer Rechtsextremist, wird gestellt.

Um 23.10 Uhr folgt unter dem Titel „Die Freunde des Papstes“ ein von Peter Beringer gestaltetes Porträt von Papst Franziskus mit sehr persönlichen und überraschenden Facetten.

„Geheimauftrag Pontifex – Der Vatikan im Kalten Krieg“

Dass Papst Johannes Paul II. das Attentat überlebt, grenzt an ein Wunder: Der bereitgestellte Rettungswagen im Vatikan ist defekt, bei einem zweiten funktioniert der Alarm nicht. So wird der fast verblutende Papst mitten durch das frühabendliche römische Verkehrschaos zur Gemelli-Klinik gefahren.

Die Überlebenschancen stehen schlecht, doch eine Not-OP rettet ihm das Leben. Johannes Paul II. wird zeit seines Lebens überzeugt sein, er habe – ausgerechnet am Jahrestag der Marienerscheinung von Fatima – durch ein Wunder überlebt. Der damals operierende Arzt Giovanni Battista Doglietto meint in der Doku nüchtern: „Ich würde es nicht Wunder nennen. Aber auf jeden Fall hat der Papst in dieser Nacht wirklich sehr viel Glück gehabt.“

Sowohl die genaueren Umstände als auch die Hintermänner des Attentats bleiben jedoch im Dunkeln. Der Täter, der Türke Ali Agca, verwickelt sich bei seinen Aussagen in Widersprüche. Waren weitere Terroristen derselben Gruppe mit Ali Agca auf dem Petersplatz?

Von einem verdächtigen Mann existieren Fotos, die seine Flucht vom Petersplatz zeigen. Er ist bis heute nicht identifiziert. Saßen die Hintermänner in Bulgarien? Kam der Auftrag direkt aus dem Kreml? Schließlich galt der Papst als mächtiger und daher gefährlicher Gegenspieler des kommunistischen Systems.

Die Situation in Polen sorgte für große Beunruhigung in der Moskauer Zentrale. Sollte Johannes Paul II. deshalb aus dem Weg geräumt werden? Einige Geheimdient-Agenten zweifeln daran.

Die Machenschaften der Vatikanbank (IOR) kommen für manche Analysten ebenso als ein Hintergrund des Papst-Attentats in Frage. Über Jahrzehnte nützte die Mafia die Bank, um Geld zu waschen – der Vatikan profitierte davon. Waren hier noch Rechnungen offen? Manche Beobachter meinen, das Attentat vom 13. Mai 1981 sei nicht sehr professionell geplant und ausgeführt worden. War es die ernste – letzte – Warnung?

Die Dokumentation geht diesen Spuren nach und gibt bisher unbekannte Einblicke in die Geheimdienstaktivitäten im Kalten Krieg, bei denen der Vatikan unter dem Papst aus dem Osten eine Schlüsselrolle spielte.

Ein Film von Jan Peter, Buch: Yury Winterberg

Radio Vatikan Journalist

ORF/Cinevision/Peter Beringer

„Die Freunde des Papstes“

Wo immer Papst Franziskus öffentlich auftritt, merken die Menschen: Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio prägt das Papstamt mit einem neuen Stil der Einfachheit – und er versucht auch, zum Teil gegen massive Widerstände, die Kurie und die Kirche insgesamt einer Reform zu unterziehen.

Konsequent lebt Papst Franziskus das, was ihm schon als Erzbischof von Buenos Aires wichtig war: Einfachheit, klare Worte und Engagement für die Armen und Verfolgten. „kreuz und quer“ geht seinen biografischen Wurzeln nach und lässt Freunde des Papstes aus seiner südamerikanischen Heimat zu Wort kommen, die ihre Begegnungen mit Bergoglio schildern.

In einem Elendsviertel der Stadt trifft Peter Beringer den Priester José di Paola. Bergoglio hat ihn vor 20 Jahren im Slum „Villa 21“ als Pfarrer eingesetzt. „Padre Pepe“ hat gemeinsam mit dem damaligen Erzbischof eine Armenmission ins Werk gesetzt, die inzwischen im ganzen Land Schule macht. Die Priester leben in größter Einfachheit mit und unter den Leuten. Sie helfen Alten wie Jungen, sich gegen Elend und Bandenkriminalität zu wehren und positive Lebensperspektiven zu entwickeln.

Am Jesuitenkolleg von San Miguel, einem Vorort von Buenos Aires, spricht der Regisseur mit Juan Carlos Scannone. Er war einst Lehrer Bergoglios und hat die in Südamerika sehr einflussreiche „Theologie der Armut“ mitentwickelt, die auch das Denken Franziskus’ prägt.

Scannone führt durch die Hochschule, die erste Wirkungsstätte Bergoglios, der hier als Jesuitenprovinzial und Rektor des Kollegs erstmals als Leiter einer geistlichen Gemeinschaft in Erscheinung getreten ist. Auch als Rektor hat sich der heutige Papst nicht gescheut, bisweilen am Herd zu stehen und selbst für die Kommunität zu kochen.

Eine weitere Freundin Bergoglios ist die junge Aktivistin Camila Montero. Sie arbeitet für La Alameda, eine Organisation, die sich um ehemalige Sklavenarbeiter und Prostituierte kümmert und Täter aus der organisierten Kriminalität zur Anzeige bringt.

Bergoglio hatte als Erzbischof die Stiftung unter seinen Schutz gestellt und damit wohl vielen Aktivisten wie Camila, die mit dem Schlimmsten rechnen mussten, das Leben gerettet. Camila ist militant antikapitalistisch, sie ist Atheistin, strikt für Abtreibung, für Geburtenkontrolle und tritt für die Homo-Ehe ein. Bergoglio nennt sie freundschaftlich „die Trotzkistin Gottes“. Sie selbst sagt, sie habe durch Bergoglio eine Kirche kennengelernt, an die sie glauben könne, obwohl sie an Gott nicht glauben kann.

Abraham Skorka ist Rabbi einer eher liberalen jüdischen Gemeinde von Buenos Aires und einer der engen Freunde Bergoglios. Er hat gemeinsam mit dem damaligen Erzbischof ein Buch über religiöse Fragen veröffentlicht und ist lange Jahre allmonatlich mit Bergoglio gemeinsam im Fernsehen der Erzdiözese aufgetreten. Für ihn ist der Papst keiner, „der für feinsinnige Erörterungen“ zu haben ist. Bergoglio „denkt nach, dann handelt er, ohne zu zögern“, so die Einschätzung des Rabbi.

Die Handlungsfreude dieses Papstes bekommt die Zentrale in Rom zu spüren. Was dieses Pontifikat für Rom und die Kirche bedeuten, analysieren die italienischen „Vaticanisti“ Lucio Brunelli von der RAI und Gaetano Galeazzi von „La Stampa“ sowie der Rektor der „Anima“, Franz Xaver Brandmayr, und der Theologe Paul Zulehner.

Ein Film von Peter Beringer