Apsis des Passauer Stephansdoms mit hell erleuchtetem Christbaum

Bistum Passau

„Ein Kind ist uns geboren“

Am ersten Weihnachtsfeiertag übernahm der ORF live den Katholischen Weihnachtsgottesdienst aus dem Stephansdom in Passau. Bischof Stefan Oster, Generalvikar Klaus Metzl, Domdekan Hans Bauernfeind, Dompfarrer Helmut Reiner und Domvikar Bernhard Kirchgessner feierten mit der Gemeinde die Geburt des Heilands.

Gott wird Mensch. Diese Botschaft veränderte die Welt. Der Ruf nach Versöhnung und Frieden ist allgegenwärtig - sei es bei Fragen zu den Krisenherden unserer Zeit, der Integration von Menschen fremder Herkunft oder im alltäglichen Zusammenleben in Beruf und Familie. Im Geheimnis von Weihnachten gibt Gott den Menschen eine Antwort. Mit der Geburt seines Sohnes Jesus Christus greift er persönlich in das Weltgeschehen ein. Er drückt damit seine Nähe zu den Menschen aus, die sich in der friedlosen Welt voll Krieg, Ausgrenzung und Streit von ihm zu entfernen drohen. Mit dem Wunder von Betlehem schafft Gott die Möglichkeit für unseren Neuanfang.

Kein einmaliges Ereignis. Denn dieses Wunder wird immer wieder neu erfahrbar, insbesondere wenn sich Menschen vertrauensvoll dem Kind in der Krippe nähern und sich von ihm anrühren lassen. Von ihm geht ein Frieden aus, der Hoffnung schenkt, Herzen öffnet und liebesfähig macht. Ein Friede, der jede und jeden einzelnen befähigt, sich selbst anzunehmen und auf andere zuzugehen. Der Glaube an diese weihnachtliche Botschaft, das Leben neu zu gestalten, verändert die Welt.

Wie der Herr nach Zion zurückkehrt

1. Lesung: Jesaja 52

Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt! Der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt, der zu Zion sagt: „Dein Gott ist König.“ Horch, deine Wächter erheben die Stimme, sie beginnen alle zu jubeln! Denn sie sehen mit eigenen Augen, wie der Herr nach Zion zurückkehrt. Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen, ihr Trümmer Jerusalems! Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem. Der Herr macht seinen heiligen Arm frei vor den Augen aller Völker. Alle Enden der Erde sehen das Heil unseres Gottes.

MUSIK

Nun freut euch, ihr Christen!

Gerhard Merkl:
Passauer Pastoralmesse

Jubelt, ihr Lande, dem Herrn!

Transeamus usque Betlehem

Ich steh an deiner Krippen hier

O du fröhliche

Kantor: Diözesanmusikdirektor Marius Schwemmer

Solisten:
Eva Zettl, Barbara Schreiner, Johan Melissen, Bernhard Forster

Passauer Domchor

Diözesanblechbläserensemble Passau, Leitung: Michael Beck

Orgel:
Domorganist Ludwig Ruckdeschel

Passauer Domorchester

Musikalische Leitung:
Domkantorin Brigitte Fruth

Zu uns gesprochen durch den Sohn

2. Lesung: Hebräer 1

Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten. In dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat.

Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens, trägt das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt. Er ist um so viel erhabener geworden als die Engel, wie der Name, den er geerbt hat, ihren Namen überragt.

Denn zu welchem Engel hat er je gesagt: „Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt“ und „Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein“? Wenn er aber den Erstgeborenen wieder in die Welt einführt, sagt er: „Alle Engel Gottes sollen sich vor ihm niederwerfen.“

Er kam in sein Eigentum

Evangelium: Johannes 1

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

Gott hat sich in diesem Baby vollständig ausgesagt

Predigt

Liebe Schwestern, liebe Brüder, ist das nicht eigenartig? Da feiert die Christenheit auf der ganzen Welt ein Fest, das so konkret ist, wie nur irgend möglich. Ein Kind in einer Krippe wird gefeiert. Und wir selbst stellen Krippen auf, singen von dem Ereignis, spielen es nach mit den Kindern, feiern es mit allen Sinnen, mit Lichtern, mit Glanz, mit gutem Essen, mit Geschenken. Alles konkret. Und dann legt uns die Kirche ausgerechnet an diesem Tag ein Evangelium vor, das so erhaben klingt, aber scheinbar auch so abstrakt und so wenig konkret. Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und alles ist durch das Wort geworden. Wo kommt hier das Festereignis vor, wo das Kind in der Krippe?

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte Sie deshalb einladen, mit mir einmal über das nachzudenken, was wir Menschen überhaupt meinen, wenn wir von Wort oder Worten reden. Sie alle kennen den Unterschied bei sich selbst, wenn Sie über eine Sache sprechen, wenn Sie also Worte machen: Es ist ein großer Unterschied, ob Sie eine Sache wirklich kennen und mögen, oder ob Sie diese Sache sagen wir nur beiläufig erwähnen oder gar nicht wirklich kennen. Jemand, der von etwas innerlich bewegt ist, der etwas kennt und liebt, dessen Worte sind immer reicher und tiefer. Sie sind gewissermaßen angereichert mit erlebter und erkannter Wirklichkeit. Und sie haben dann auch Kraft, die innere Substanz, andere zu bewegen. Sie können dann im gelingenden Fall bei anderen Menschen Interesse wecken für dieselbe Sache. Solche Worte nehmen mit. Sie können vielleicht sogar mitreißen. Ehrliche, tiefe, Worte, angefüllt mit erlebter Wirklichkeit, können im Herzen eines Menschen etwas zum Klingen und zum Wachsen bringen. Aber nun der Unterschied: Ganz anders klingen dieselben Worte vielleicht sogar über dieselbe Sache bei jemandem, der nichts von der Sache versteht. Der die Sache weder wirklich kennt noch gern hat. Ein aufmerksamer Hörer merkt das sofort. Er wird sagen: „Das hat keine Substanz. Der hat nichts zu sagen.“

Und von hier zurück zum heutigen Evangelium: Wir hören darin geheimnisvoll, erhaben, dass Gott selbst ein Wort spricht, dass er gewissermaßen ein Wort in die Welt hinein sagt. Ein Wort, ein einziges. Ein Wort, das so unfassbar reich, tief, lebendig, voller Leben und Liebe ist. Und dieses Wort kommt in Jesus zur Welt, in dem Kind in der Krippe: „Das Wort ist Fleisch geworden.“ Gott hat sich in diesem kleinen Baby, das aus Maria geboren wurde, vollständig ausgesagt. Und die Menschen, die sich ihm ernsthaft und demütig nähern, wie die Hirten, wie die drei Könige, die spüren: Hier ist Gott. Und sie fallen nieder und beten an.

Aber, liebe Schwestern und Brüder, die Kirche glaubt nun, dass Jesus eben auch zu uns gekommen ist, zu jedem einzelnen von uns. Gott spricht dieses Wort auch in unser Herz hinein aus. Er will, dass wir hörfähig werden, dass wir aufnahmefähig werden, dass wir lernen, dieses Kind, später diesen Mann, diesen Liebenden, diesen Gekreuzigten und Auferstandenen, dass wir ihn immer mehr kennen und lieben lernen. Warum will Gott das? Unter anderem, damit unsere eigenen Wörter über ihn lebendig werden, voller Reichtum, voller Tiefe. Dazu dürfen wir uns immer neu auf die Suche nach Ihm machen, auf Entdeckungsreise zum Beispiel in der Heiligen Schrift, im Gebet, in den Sakramenten, in der Gemeinschaft der Kirche, in der Schönheit seiner Schöpfung. Damit in uns das wieder neu wächst, Schwestern und Brüder, was einen Zeugen Jesu, was eine Jüngerin Jesu ausmacht: Leidenschaft für den, dem sie folgen.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, ich habe mir in den letzten Wochen oftmals gedacht, dass die vielen Flüchtlinge aus anderen Kulturen, aus fernen Ländern, die zu uns kommen, auch unsere schönen Weihnachtsmärkte besuchen. Und sie nehmen dann sicher wahr, wie viel Aufwand wir da hineinstecken, in all die Lichter, in die Musik, die Dekoration, in alle Stände, in alles Kaufen und Verkaufen. Und wenn uns die Flüchtlinge nun fragen würden: „Was macht ihr da eigentlich?“, wäre unsere Antwort wirklich: „Wir bereiten uns vor, auf das Fest der Geburt des Gottessohnes“? Wäre das die Antwort? Oder würden wir uns gar nicht mehr so recht trauen, sie zu geben, weil wir vielleicht das Kommen des Gottessohnes gar nicht mehr so im Sinn haben? Aber nehmen wir mal an, wir würden es so sagen, nehmen wir an, wir würden sagen: „So bereiten wir uns auf das Kommen des Gottessohnes in unsere Welt vor.“ Dann würden sie wohl ziemlich erstaunt sagen: „Ach, so macht ihr das.“

Meine Frage an uns wäre: Wir leisten den Flüchtlingen so viel Hilfe bei uns, für die ich wirklich von Herzen dankbar bin - aber könnten wir ihnen auch schon von dem weihnachtlichen Frieden erzählen, den die Begegnung mit Jesus wirklich in unser Herz bringt? Könnten wir ihnen und anderen Menschen mit der Liebe begegnen, mit der Jesus ihnen begegnet ist? Könnten wir von unserem Erlöser so erzählen, dass andere im Herzen berührt werden? Weil unsere Worte so reich an Erkenntnis und Liebe sind, weil auch in uns das Wort Fleisch geworden ist, angefüllt mit lebendiger Wirklichkeit?

Liebe Schwestern, liebe Brüder, ich möchte Sie an diesem Weihnachtsfest ausdrücklich einladen: Lassen wir uns das Kind, lassen wir uns Jesus heute wieder voller Freude über seine Geburt neu ans Herz legen! Lernen wir ihn neu kennen und lieben! Er will unser Herz erneuern. Er will jeden Menschen verwandeln, in einen Menschen, der glaubt, hofft und liebt. Und er will uns und der Welt den Frieden schenken – auch durch unser Zeugnis für ihn. Dafür ist er gekommen.

Näheres über die Gemeinde

www.bistum-passau.de

Kontakt

gottesdienst@orf.at