Die Äbtissin

ORF/ZDF/Samuel Perez Gutierrez

„Die Äbtissin – Eine Frau kämpft um die Macht“ und „Mütter kämpfen gegen den Dschihad“

Noch im 19. Jahrhundert sollen Frauen in der katholischen Kirche höchste Ämter bekleidet haben. Ihre bischöfliche Macht stand unter dem direkten Schutz von Kaisern, Königen und Päpsten. Es sind Äbtissinnen der reichsfreien Klöster und Stifte in ganz Europa.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 10. Mai 2016 um 22.35 Uhr, ORF 2, Mittwoch , 11. Mai 2016 um 20.15 Uhr, ORF III

Hubert Wolf, katholischer Theologe und Autor, macht sich in „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel auf die Suche nach der verlorenen Macht der Äbtissinnen und entdeckt dabei Erstaunliches.

Die Problematik des gewaltbereiten islamischen Extremismus ist nicht nur in Europa brisanter denn je. Die Dokumentation „Mütter kämpfen gegen den Dschihad“ zeigt um 23.20 Uhr die Bemühungen der österreichischen Soziologin Edit Schlaffer, die Rolle der Frauen und Mütter in den islamischen Communities zu stärken, um die Radikalisierung Jugendlicher zu verhindern.

Die Äbtissin

ORF/ZDF/Hans Jakobi

„Die Äbtissin – Eine Frau kämpft um die Macht“

Über Jahrhunderte schufen Äbtissinnen geistige und kulturelle Zentren, setzten Priester ein, vergaben Pfründe, ernannten Kirchenrichter, hielten Strafverfahren ab und richteten neue Pfarreien ein. Ohne ihre Erlaubnis durfte kein fremder Priester auf dem Gebiet der Abtei seelsorgerisch tätig werden. Sie nahmen sogar die Beichte ab und verkündeten das Evangelium. Aufgaben, die heute ausschließlich Bischöfen und Priestern vorbehalten sind.

Die Äbtissinnen residierten in Quedlinburg, Gandersheim und Essen, um nur einige Orte in Deutschland zu nennen, in Fontevrault oder Remiremont in Frankreich. Zu den mächtigsten von ihnen gehörten die Äbtissinnen des königlichen Klosters von Las Huelgas in Spanien. Ihr Pilgerhospiz am Jakobsweg war das berühmteste und größte im Königreich Kastilien.

Die Äbtissin von Las Huelgas war Herrscherin über ein eigenes Gebiet mit mehr als 60 Klöstern und Ortschaften. Den Bischöfen und selbst päpstlichen Gesandten war es verboten, Kirchen und kirchliche Einrichtungen zu visitieren, das heißt zu überprüfen. Immer wieder kam es deswegen zu Begehrlichkeiten und erbitterten Auseinandersetzungen mit den Bischöfen des benachbarten Burgos.

So auch während der Regentschaft der Doña Catalina de Sarmiento, die im 16. Jahrhundert Äbtissin von Las Huelgas war und wiederholt ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Bischof und späteren Kardinal Francesco de Mendoza y Bobadilla verteidigen musste.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts schafften es die Äbtissinnen von Las Huelgas, ihre bischöfliche Macht aufrechtzuerhalten. Sie überstanden Kriege, Revolutionen und sogar die Plünderung durch Napoleons Soldaten. Erst ein Dekret aus Rom von Papst Pius IX. beendete 1873 die letzte Frauenherrschaft in der katholischen Kirche.

Ein Film von Andreas Sawall

Mütter kämpfen gegen den Dschihad

ORF/Autentic Gmbh/Peter Aigner

„Mütter kämpfen gegen den Dschihad“

„Mein Sohn kam als Selbstmordattentäter ums Leben, und ich habe es nicht verhindert!“ – dieser Satz stammt von einer palästinensischen Mutter. Es ist die Mischung aus Trauer und Schuldgefühlen, die Mütter von radikalisierten Jugendlichen dazu motiviert, anderen Frauen zu helfen, damit nicht auch sie ihre Kinder an islamistische Dschihadisten verlieren. Unterstützt und motiviert werden sie dabei von der internationalen Organisation „Frauen ohne Grenzen“ mit Sitz in Wien. Gründerin ist die Wissenschafterin, Frauen-Aktivistin und Buchautorin Edit Schlaffer.

Die Organisation gründet mit Hilfe von einheimischen Frauen oder hiesigen NGOs Müttergruppen in islamisch dominierten Regionen in Pakistan, Indien, Indonesien, Tadschikistan oder Nigeria. Im Laufe mehrerer Monate beginnen die Frauen in diesen Gruppen die engen Grenzen von Familie, Ehre und rigider islamischer Tradition langsam aufzubrechen und über ihre Gefühle und ihre Beziehungen zu ihren Töchtern und Söhnen zu sprechen.

Ziel des Projekts ist es, durch eine Änderung der innerfamiliären Dynamik und die Sensibilisierung der Mütter die islamische Radikalisierung von Jugendlichen zu verhindern.

Bei den Schulungen werden Testimonials von betroffenen Frauen eingesetzt, deren Söhne in Selbstmordattacken in den USA und Großbritannien involviert waren, manche kamen dabei ums Leben. Die Dokumentation zeigt die Statements dieser Mütter ebenso wie die Arbeit von Edit Schlaffer in Indonesien und Indien.

Die Flüchtlingskatastrophe, die durch den islamischen Extremismus in Syrien und im Irak ausgelöst wurde und die Europa vor nie gekannte Herausforderungen stellt, zeigt die Brisanz des Engagements von Edit Schlaffer.

Der Film begleitet Schlaffer bei ihren Reisen durch Indonesien, Kaschmir und Indien. In Teilen Indonesiens ist das Projekt der Mütterschulen bereits erfolgreich etabliert: Die Absolventinnen der Mütterschulen werden auf kommunaler Ebene als Vorkämpferinnen gefeiert. In Kaschmir kämpfen die Frauen mit den Mütterschulen gegen eine weitere Radikalisierung im Grenzgebiet von Indien und Pakistan.

In der Region südlich von Delhi wiederum haben die Teilnehmerinnen der Mütterschulen ein regionales Radioprogramm gegründet, das mittlerweile mehrere hunderttausend Frauen erreicht und gegen extremistische Gewalt genauso sensibilisiert wie für die Rechte von Frauen.

Die Dokumentation zeigt auch das letzte Interview mit dem im Oktober 2015 verstorbenen Autor und Psychoanalytiker Arno Gruen, der die psychologischen Hintergründe der Radikalisierung und den Stellenwert der Mutterbeziehung kommentiert. Das Projekt der Mütterschulen wird noch heuer auf Österreich, Belgien und Schweden ausgedehnt. Auch dort werden Müttergruppen innerhalb der islamischen Community gegründet.

Ein Film von Christian Kugler