Hirnforscher vor Monitoren mit Hirnscans

ORF/Langbein + Partner

Wie Gewalt entsteht

„Gewalt erzeugt Gewalt. Wir wissen, dass bei Menschen, die Gewalt erlebt haben, die Angstzentren sensibler werden und damit diese Person in ein höheres Risiko bringen, Angst oder Aggression zu erleben“, berichtet Neurobiologe Joachim Bauer von den Ergebnissen der Hirnforschung.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 28. Juni 2016 um 23.10 Uhr, ORF 2, Mittwoch , 29. Juni 2016 um 20.15 Uhr, ORF III

Nach der „ZiB 2 History“ wagt Kurt Langbein in seiner Dokumentation „Wie Gewalt entsteht“ in „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – einen Streifzug durch wichtige Stationen der Geschichte.

Untersuchungen an 500 Opfern von Missbrauch und Gewalt durch kirchliche Einrichtungen belegen das Gewalt wieder Gewalt erzeugt – Die Opfer sind weit häufiger selbst wieder gewalttätig geworden als der Durchschnitt. „Was man in diesen Mauern da kennengelernt hat, das war einfach brutale Gewalt, auch innerhalb der Gruppe unter den Kindern. Wir waren auch brutal, wir waren Schweine. Wir haben das weitergegeben“, erzählt Gewaltopfer Franz Joseph Stangl.

Gewalt entstand durch Sesshaftigkeit. Archäologische Befunde zeigen, dass die Jäger und Sammler relativ friedlich lebten – sie gingen einander eher aus dem Weg, als einander im Konfliktfall den Schädel einzuschlagen.

Erst mit dem Ackerbau und der Errichtung der ersten Dörfer entstand heftige Gewalt unter den Menschen. „Gewalt ist kein Trieb“, erklärt Bauer, „Gewalt ist eine Reaktion auf Schmerz und Angst.“ Ausgrenzung erzeugt Gewalt. Experimente zeigen: Menschen sind bereit, rund 50 Prozent der Schmerzreize für andere zu übernehmen – außer sie gehören verschiedenen Gruppen an.

Testpersonen etwa, die Kleidungsstücke unterschiedlicher Fußballclubs trugen, zeigten deutlich geringere empathische Reaktionen und waren kaum noch bereit, anderen Testpersonen Schmerzen abzunehmen.

Ingroup und Outgroup als mörderisches Machtinstrument – diese Trennung in „uns“ und „die anderen“ wurde und wird in der Politik missbraucht. Die Geschichte des Nationalismus zeigt dies in erschreckendem Ausmaß – u. a. in Srebrenica in Bosnien, als 8.400 Menschen ermordet wurden.

„Wir müssen Lehren daraus ziehen, dass es 50 Jahre nach dem Holocaust wieder möglich war, mit derselben Ideologie, nämlich nationalistischer Verhetzung, die Menschen dazu zu bringen, ihre Nachbarn in einem Völkermord zu töten“, sagt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak, der lange als Richter des Internationalen Gerichtshofs in Bosnien war: „Die Demokratie muss entschlossen gegen alle vorgehen, die andere zu rassischem, religiösem Hass aufhetzen.“

Ein Film von Kurt Langbein