Als Gott ein Mädchen war

ORF/BBC/Oytun Orgül

Göttliche Frauen - Als Gott ein Mädchen war und „Licht aus einer anderen Welt – Eine antike Religion kehrt zurück“

Seit jeher haben Männer und Frauen das Bedürfnis verspürt, dem Diesseits und dem Jenseits einen Sinn zu geben. In der Beziehung zum Göttlichen haben Frauen immer schon eine zentrale Rolle gespielt – selbst in den patriarchal geprägten und dominierten Religionen.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 12. Juli 2016 um 22.35 Uhr, ORF 2, Mittwoch , 13. Juli 2016 um 20.15 Uhr, ORF III

Doch dieser Teil der Geschichte wurde im Laufe der Zeit oft zum Verschwinden gebracht – bis heute wird die zentrale Rolle von Frauen oft verschwiegen.

Welche Rolle spielten und spielen Frauen nun im Laufe der Geschichte in den verschiedenen Religionen? Welche Rolle spielten sie beim Entstehen sogenannter institutionalisierter Religionen? Dieser Frage geht die preisgekrönte Historikerin Bettany Hughes in dem Dreiteiler „Göttliche Frauen“, den „kreuz und quer“ – präsentiert von Christoph Riedl-Daser – ab Dienstag, dem 12. Juli 2016, um 22.35 Uhr in ORF 2 zeigt, nach. Um 23.25 Uhr folgt Peter Beringers Dokumentation „Licht aus einer anderen Welt – Eine antike Religion kehrt zurück“, in der Gnostiker offen über ihren Glauben sprechen.

„Göttliche Frauen: Als Gott ein Mädchen war“

In der ersten Folge – „Als Gott ein Mädchen war“ blickt Bettany Hughes zurück an den Beginn der Zeitrechnung. Die Wissenschafterin besucht eine Welt, in der – so der Glaube – Göttinnen Himmel und Erde regierten. Sie reist auf ihrer Spurensuche nach der verborgenen und oft kontroversen Geschichte der Frauen in den Religionen ans Mittelmeer in den Nahen Osten und ins moderne Indien.

Bettany Hughes beginnt ihre Reise in der heutigen Türkei – besucht dort eine Tempelanlage, die rund 7.000 Jahre älter sein soll als Stonehenge und die Pyramiden und als ältestes religiöses Bauwerk der Welt gilt. Hier, im sogenannten Löwentempel, haben Archäologen in den 1990er Jahren eine weibliche Figur entdeckt, die einen faszinierenden Einblick in das religiöse Denken der Menschen von vor rund 12.000 Jahren liefern soll.

Wissenschafter/innen gehen davon aus, dass mit dieser Figur die Tradition von „Muttergottheiten“ begründet wurde. In den folgenden Jahrhunderten entstanden im Nahen Osten, in Kleinasien und Nordafrika zahlreiche Frauenfiguren. Viele von ihnen zeigen Göttinnen – viele von ihnen werden als Göttinnen verehrt.

Bettany Hughes reist weiter, blickt ins alte Rom und beleuchtet dort die Rolle der Sibylle, die als Prophetin in den Mythen Roms als Führerin der Unterwelt dient und der Stadt eine große Zukunft voraussagt. Und sie trifft auf den Kult der römischen Göttin „Magna Mater“, die der aus dem kleinasiatischen Phrygien stammenden Göttin Kybele entspricht.

Die Spurensuche nach dem Weiblichen in den Religionen führt die Wissenschafterin schließlich auf den indischen Subkontinent. In der ersten Folge des Dreiteilers „Göttliche Frauen“ nimmt Bettany Hughes hier die Göttin Durga genauer unter die Lupe. Durga nimmt im Hinduismus, der vor mehr als dreieinhalbtausend Jahren entstanden ist, eine zentrale Stellung ein.

Ein Film von Ruairi Fallon

Licht aus einer anderen Welt - Eine antike Religion kehrt zurück

ORF/Degn Film/Peter Beringer

„Licht aus einer anderen Welt – Eine antike Religion kehrt zurück“

Sie forderte schon in der Antike Kirche und Theologie heraus – die Gnosis. Eine Mysterienreligion, nach der die materielle Welt das Gefängnis der Seelen ist. Die Menschen können sich befreien – indem sie ihren inneren, von Gott stammenden Lichtfunken erwecken.

In der Antike wurde das sogenannte „hermetische“ Denken in Geheimbünden gelehrt. Auch heute sind es kleine Zirkel Eingeweihter, die die gnostische „Erkenntnis“ vermitteln – zu der es gehört, dass man Gott in sich selbst begegnen kann. Diese Erfahrung, meinen Gnostiker, führt zu einer grundsätzlichen Umwertung aller Werte: Der Tod ist nichtig, das wahre Leben spielt sich in einem völlig jenseitigen Lichtreich ab, das die Menschen nach Erlangen der „Gnosis“ erreichen.

Peter Beringer hat für diesen Film heutige Gnostiker besucht. In Amsterdam spricht er mit Jost Ritman, einem schwerreichen Unternehmer, der die Schriften der Hermetik, darunter unschätzbare Kostbarkeiten aus der Renaissance, in seiner „Bibliotheca Philosophica Hermetica“ zusammengetragen hat – sie wird heute von Forschern aus aller Welt benutzt, sogar Umberto Eco recherchierte hier für das „Foucault’sche Pendel“.

Ritman ist gleichzeitig Mitglied der Leitung des „Lectorium Rosicrucianum“, einer gnostischen Bruderschaft, die wie die antiken Mysterienreligionen einen Einweihungsweg zum „wahren Wissen“ lehrt. Die Rosenkreuzer haben für diesen Film erstmals erlaubt, in ihren Tempeln zu filmen.

Es gibt auch andere gnostische Gruppen: In Wien besucht Beringer die „Akademie Gnosis“ und erfährt über Methoden und Meditationen, die zur gnostischen Gotterkenntnis führen sollen – und gleichzeitig auch, wie man die Bibel interpretiert, wenn der Schöpfer der Welt in Wahrheit nicht der wahre Gott ist. Dann ist die Schlange in der Paradiesgeschichte der wahre Bote Gottes, und der Gott des Alten Testaments will die Befreiung des Menschen verhindern.

Die 1875 gegründete Theosophische Gesellschaft steht am Ursprung des Esoterik-Booms unserer Zeit. Sie beschäftigt sich mit den östlichen Religionen, ihre Haltung kann man als gnostisch bezeichnen. Anhand ihrer Geschichte beleuchtet der Film, wie sich die Verbindungen der Gnosis zu den östlichen Religionen von der Antike bis heute darstellen. Schließlich fragt der Film nach: Was sagt die Psychologie über die angeblich außergewöhnlichen Phänomene, von denen die Gnostiker reden?

In der transpersonalen Psychologie werden ähnliche Erfahrungen herbeigeführt. Zu Besuch bei einem Seminar des transpersonalen Therapeuten Sylvester Walch beleuchtet der Film, wie ein der Gnosis ähnliches Erleben im Rahmen einer verbreiteten Therapierichtung Anwendung findet.

Schließlich fragt der Film nach, inwieweit die mystischen Erfahrungen von Christen gnostisch interpretierbar sind: bei Willigis Jäger, einem Zen-Meister und Benediktinermönch in der Nähe von Würzburg, dem die Kirche Lehrverbot erteilt hat, zeigt sich, dass Gnosis und traditionelles Christentum tatsächlich kaum miteinander vereinbar sind.

Ein Film von Peter Beringer