Ich träume auf Deutsch

ORF/Tausend Rosen

Ich träume auf Deutsch – Wie Integration gelingen kann und Diskussion zum Burkaverbot

Wenn fremdsprachige Zuwanderer beginnen, auf Deutsch zu träumen, dann ist das wohl ein deutliches Zeichen, dass die Integration in unsere Gesellschaft gelungen ist. Doch wie wird Integration erst möglich?

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 13. September 2016
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 14. September 2016
um 20.15 Uhr, ORF III

Der Film „Ich träume auf Deutsch“ begibt sich auf Spurensuche nach Wien, Tirol und Schweden und untersucht Fälle von gelungener und weniger gelungener Integration – und welche Gründe dafür ausschlaggebend sind.

In Telfs in Tirol, wo durch den Zuzug von Gastarbeitern für die Textilindustrie in den 60ern und 70ern fast ein Viertel der Bevölkerung türkischstämmig wurde, wirkt das Zusammenleben heute harmonisch, wenn auch die Ausbildung von Parallelgesellschaften nicht zu übersehen ist. „Bei uns ist alles getrennt, da wohnen die Österreicher, da die Türken“, sagt Ahmet Demirci, der zur zweiten Generation der Zuwanderer gehört und diese Trennung auch auf sprachliche Barrieren zurückführt. Das Zauberwort für Integration ist Bildung – und so wird heute in Telfs schon früh im Kindergarten begonnen, Sprachunterstützung mit Einbindung der Eltern anzubieten.

Ich träume auf Deutsch

ORF/Tausend Rosen

Für Flüchtlinge ist gerade Bildung ein schwer zu erlangendes Gut. Da gesetzlich keine Deutschkurs-Verpflichtung für Asylwerber besteht, ist unter anderem die Zivilgesellschaft gefordert, jungen Menschen Deutschkurse anzubieten. So auch dem jungen Afghanen Rafi Rauzawi, der sich seit Jahren auf ein Studium vorbereitet und bei der Wohnungssuche in Tirol auf unüberwindliche Probleme stößt – von Diskriminierung bis zu horrenden Mietpreisen. „Wir steuern auf eine neue Wohnungsnot zu“, sagt der Integrationsexperte Heinz Fassmann, der dies als eine der dringlichsten Problemlösungen für die Politik sieht.

Nicht weniger prekär ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt: Der Migrationsforscher August Gächter stellt fest, dass von den Flüchtlingen, die zwischen 2009 und 2014 nach Österreich gekommen sind, nur zwölf Prozent erwerbstätig sind. Fünf bis zehn Jahre dauert es, bis Zugewanderte durchschnittlich in Beschäftigung kommen. Ramin Nouri hat es trotzdem geschafft – vor sieben Jahren aus Afghanistan geflüchtet, arbeitet er heute als Elektromonteur mit abgeschlossener Lehre. Seine Frau Nigina, die für ein Online-Jobportal arbeitet, attestiert den österreichischen Unternehmen zu große Vorbehalte gegenüber ausländischen Arbeitskräften. Dabei benötigt Österreichs Arbeitsmarkt jährlich eine Nettozuwanderung von 50.000 Menschen.

„Ich träume auf Deutsch“ zeigt aber auch Fälle gelungener Integration: etwa Damir Hamidovic, der als obdachloser Bosnien-Flüchtling 1992 nach Klosterneuburg gekommen ist und dort schließlich zur Basketball-Legende wurde. Oder der Verein „Nachbarinnen“, wo somalische Frauen einander österreichische Werte vermitteln. Ein Exkurs nach Schweden zeigt, dass ein liberaleres Arbeitsrecht für Asylwerber die Möglichkeit bietet, der „Integrationsfalle“ Untätigkeit zu entgehen.

Den Vorbehalten gegenüber „integrationsfeindlichen“ Muslimen in Österreich begegnet der islamische Theologe Zekirija Sejdini mit einer zu beobachtenden klaren Entwicklung hin zu einem europäischen Islam, der Staat und Religion zu trennen weiß. Eine Schlüsselrolle kommt dabei in Österreich den islamischen Religionspädagogen zu. Letztlich baut aber das Prinzip Integration auf den Errungenschaften der Menschenrechte auf: die Würde des Menschen, freie Meinung und Religionsausübung, demokratische säkulare Rechtstaatlichkeit, die Gleichstellung aller Menschen. Nur wer diese Grundwerte akzeptiert, aufseiten der Zuwanderer wie auch der Aufnahmegesellschaft, kann Integration erst möglich machen.

Regie: Martin Betz
Produktion: Elisabeth Krimbacher (tausend Rosen)
ORF-Redaktion Barbara Krenn

Michael Hofer

ORF/Hans Leitner

Burkaverbot? Kleider machen Sitten

Kann ein Stück Stoff die Identität einer Gesellschaft bedrohen? In einigen Ländern Europas wird das Verbot der Vollverschleierung von Frauen diskutiert, die von extremen Richtungen des Islam gefordert wird.

Ein Beispiel dafür, dass immer öfter – kulturell oder religiös begründete – Wertvorstellungen und Lebensstile aufeinander prallen. Was hält die pluralistische Gesellschaft noch zusammen? Wo muss Freiheit geschützt – und wo müssen ihr Grenzen gesetzt werden?

Darüber diskutieren mit Michael Hofer:

  • Necla Kelek; Sozialwissenschaftlerin und Publizistin, Berlin
  • Amani Abuzahra; Philosophin, Wien
  • Herbert Kalb; Rechtswissenschaftler und - historiker, Kepler-Universität Linz
  • Georg Kohler; Philosoph, Universität Zürich

Redaktion: Helmut Tatzreiter