Schwarz-Weiß-Foto zweier portugiesischer Hirtenkinder aus dem beginnenden 20. Jahrhundert

Joshua Benoliel

Live: Heiligsprechung in Fatima

Papst Franziskus feierte anlässlich der 100. Wiederkehr der Marienerscheinungen im portugiesischen Fatima einen großen Festgottesdienst, in dem er die Seherkinder Francisco und Jacinta Marto heiligsprach. Der ORF war live dabei.

Am 13. Mai 1917 soll den Hirtenkindern Francisco, Jacinta und Lucia die Muttergottes erschienen sein. Ebenso in den fünf Monaten darauf an jedem 13. Eine in weiß gekleidete Frauengestalt soll drei Prophezeiungen gemacht haben, was der Bischof von Leiria im Jahr 1930 anerkannte. Die erste war laut einer 1941 verfassten Niederschrift Lucias die Vorhersage eines weiteren Weltkrieges. Die zweite bestand darin, dass Russland sich „nach einer Weihe an das unbefleckte Herz Mariens bekehren werde“. Die dritte Weissagung schrieb Lucia 1944 nieder, sie sollte jedoch nicht vor 1960 veröffentlicht werden - unter anderem die Vision eines Bischofs in Weiß, der von Schüssen getroffen zusammenbricht. Im Jahr 1981 sahen Lucia und Papst Johannes Paul II. darin einen Hinweis auf das Papstattentat am 13. Mai des Jahres.

Johannes Paul II. war es dann auch, der Francisco und Jacinta im Jahr 2000 selig sprach. Francisco war schon mit zehn Jahren gestorben, seine Schwester mit neun. Lucia, die Cousine der beiden, wurde Nonne und lebte bis 2005 in Coimbra. Ihre Heiligsprechung wird noch geprüft. Papst Franziskus meinte nun vor dieser Reise nach Portugal: „Als eine um die Nöte ihrer Kinder besorgte Mutter ist Maria hier mit einer Botschaft des Trostes und der Hoffnung für die sich im Krieg befindende Menschheit und die leidende Kirche erschienen.“ und rief dazu auf, täglich für den Frieden in der Welt zu beten.

Durch die Sendung führten Christoph Riedl-Daser und der Religionssoziologe Paul Michael Zulehner sowie ORF-Portugalspezialist Josef Manola in Fatima selbst.

Für blinde und sehbehinderte Menschen boten Johannes Karner und Gregor Waltl die bewährte ORF-Audiodeskription.

Zur Vertiefung des christlichen Lebens

Die Worte der Kanonisierung

Zur Ehre der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, zum Ruhm des katholischen Glaubens und zur Vertiefung des christlichen Lebens bestimmen wir und legen Kraft der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der heiligen Apostel Petrus und Paulus sowie Kraft unserer apostolischen Autorität nach reiflicher Überlegung, intensivem Gebet um göttlichen Beistand und auf den Rat vieler unserer Brüder im Bischofsamt hin fest, dass die seligen Francisco Marto und Jacinta Marto „heilig“ sind, und wir nehmen sie in das Verzeichnis der Heiligen auf. Wir setzen fest, dass sie in der ganzen Kirche in frommer Andacht als Heilige verehrt werden sollen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Die Vollmacht seines Gesalbten

1. Lesung: Offenbarung des Heiligen Johannes, 11

Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet, und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar. Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen. Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte - er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war.

MUSIK

Veni creator spiritus

Missa de angelis

Höre
und neige dich vor deinem Herrn!

Tantum ergo sacramentum

Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte. Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: „Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten!“

Durch Christus Gerechtsprechung für alle

2. Lesung: Brief des Apostels Paulus an die Römer, 5

Brüder, durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten. Ist durch die Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft gekommen, durch diesen einen, so werden erst recht alle, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteil wurde, leben und herrschen durch den einen, Jesus Christus.

Wie es also durch die Übertretung eines einzigen für alle Menschen zur Verurteilung kam, so wird es auch durch die gerechte Tat eines einzigen, Jesus Christus, für alle Menschen zur Gerecht-Sprechung kommen, die Leben gibt. Wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern wurden, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten gemacht werden.

Der Jünger nahm sie zu sich

Evangelium: Johannes 19

In jener Zeit standen bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: „Frau, siehe, dein Sohn!“ Dann sagte er zu dem Jünger: „Siehe, deine Mutter!“ Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Im Licht Gottes

Predigt

Es erschien am Himmel eine Frau, mit der Sonne bekleidet, bezeugt der Seher von Patmos in der Offenbarung und merkt dabei auch an, dass sie im Begriff war, ein Kind zur Welt zu bringen. Im Evangelium haben wir dann gehört, wie Jesus zum Jünger sagt: „Siehe, deine Mutter!“ Wir haben eine Mutter. Eine sehr schöne Frau, so äußerten sich die Seher von Fatima untereinander auf dem Heimweg an jenem gesegneten Tag des 13. Mai vor 100 Jahren. Und am Abend gelang es Jacinta nicht, sich zurückzuhalten, und sie enthüllte ihrer Mutter das Geheimnis: „Heute habe ich die Gottesmutter gesehen.“ Sie hatten die Mutter des Himmels gesehen. In die Richtung, der ihre Augen folgten, wandten sich die Blicke vieler, doch diese haben sie nicht gesehen. Die jungfräuliche Mutter ist nicht hierher gekommen, damit wir sie sehen: dafür werden wir die ganze Ewigkeit haben, wohlgemerkt wenn wir in den Himmel kommen.

Obschon sie uns im Vorausblick vor der Gefahr der Hölle warnt, zu der ein – oftmals gängiges und vorgezeichnetes – Leben ohne Gott führt, das Gott in seinen Geschöpfen entehrt, ist Maria aber gekommen, um uns an das Licht Gottes zu erinnern, das in uns wohnt und uns umhüllt. Denn ihr Kind wurde zu Gott entrückt, wie wir in der ersten Lesung gehört haben. Und gemäß den Worten Lucias befanden sich die drei auserwählten Kinder im Licht Gottes, das von der Gottesmutter ausstrahlte. Sie hüllt sie in den Mantel des Lichtes, das Gott ihr gegeben hatte. Gemäß dem gläubigen Empfinden vieler, wenn nicht sogar aller Pilger ist Fatima vor allem dieser Lichtmantel. Er bedeckt uns hier wie an jedem anderen Ort der Erde, wenn wir unter dem Schutz der Jungfrau Maria Zuflucht nehmen, um sie zu bitten, wie es das Salve Regina lehrt: Zeig uns Jesus!

Liebe Pilger, wir haben eine Mutter. Wenn wir uns wie Kinder an sie klammern, leben wir in der Hoffnung, die sich auf Jesus stützt, da – wie wir es in der zweiten Lesung gehört haben – alle, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteilwurde, im Leben herrschen durch den einen, Jesus Christus. Als Jesus in den Himmel hinaufstieg, brachte er die Menschheit mit an die Seite des himmlischen Vaters – unsere Menschheit, die er im Schoß der Jungfrau Maria angenommen hatte und nie mehr aufgeben wird. Wie einen Anker machen wir unsere Hoffnung in jener Menschheit fest, die im Himmel zur Rechten des Vaters ihren Platz genommen hat. Diese Hoffnung möge der Antrieb für unser aller Leben sein! Eine Hoffnung, die uns immer trägt, bis zum letzten Atemzug.

In dieser Hoffnung haben wir uns hier versammelt, um für die unzähligen Gnaden zu danken, die der Himmel in diesen hundert Jahren gewährt hat. Diese Zeit ist unter jenem Lichtmantel vergangen, den die Gottesmutter vom hoffnungsvollen Portugal aus über die vier Himmelsrichtungen der Erde ausgebreitet hat. Als Vorbilder haben wir die Heiligen Francesco Marto und Jacinta vor Augen. Die Jungfrau Maria ließ sie in das unermessliche Meer des Lichtes Gottes eintreten und führte sie so zur Anbetung Gottes. Von daher kam ihnen die Kraft, die Widrigkeiten und die Leiden zu überwinden. Die göttliche Gegenwart wurde zu einem festen Bestandteil in ihrem Leben, wie es klar im beharrlichen Gebet für die Sünder und im bleibenden Wunsch zum Ausdruck kommt, bei Jesus zu bleiben, der im Tabernakel verborgenen ist.

In ihren Erinnerungen lässt Schwester Lucia Jacinta, der eben eine Vision gewährt wurde, zu Wort kommen: „Siehst du nicht die vielen Straßen, die Wege und Felder voller Menschen, die vor Hunger weinen, weil sie nichts zu essen haben, und den Heiligen Vater in einer Kirche vor dem Unbefleckten Herzen Mariens im Gebet? Und so viele Leute, die mit ihm beten?“. Danke, Brüder und Schwestern, dass ihr mich begleitet habt! Ich konnte nicht umhin, hierher zu kommen, um die Jungfrau und Mutter Maria zu verehren und ihr ihre Söhne und Töchter anzuvertrauen. Unter ihrem Schutzmantel gehen sie nicht verloren, aus ihren Armen werden sie die Hoffnung und den Frieden bekommen, deren sie bedürfen, und darum bitte ich für alle meine Brüder und Schwestern, für die Getauften und die ganze Menschheit, insbesondere für die Kranken und Behinderten, die Gefangenen und Arbeitslosen, die Armen und Verlassenen. Liebe Brüder und Schwestern, beten wir zu Gott in der Hoffnung, dass uns die Menschen anhören werden, und wenden wir uns an die Menschen in der Gewissheit, dass uns Gott zu Hilfe kommt.

Er hat uns ja erschaffen gleichsam als Hoffnung für die anderen, eine reale und erfüllbare Hoffnung gemäß dem Lebensstand eines jeden. Wenn der Himmel von jedem von uns die Erfüllung der Standespflichten „verlangt“ und „einfordert“ (Brief von Schwester Lucia, 28. Februar 1943), so setzt er damit eine regelrechte allgemeine Mobilisierung gegen diese Gleichgültigkeit in Gang, die unser Herz erstarren lässt und unsere Kurzsichtigkeit verschlimmert. Wir wollen keine gescheiterte Hoffnung sein! Das Leben kann nur dank der Großzügigkeit eines anderen Lebens überleben. „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ - Der Herr, der uns immer vorausgeht, hat dies gesagt und getan. Wenn wir ein Kreuz zu tragen haben, dann hat er es schon vorher getragen. So steigen nicht wir auf das Kreuz hinauf, um Jesus zu finden, vielmehr ist er es gewesen, der sich erniedrigt hat und bis zum Kreuz hinabgestiegen ist, um uns zu finden, in uns die Finsternis des Bösen zu besiegen und uns zum Licht zurückzubringen.

Unter dem Schutz Mariens sind wir in der Welt Wächter, die den Morgen erwarten, die das wahre Antlitz Jesu, des Heilands, im österlichen Glanz betrachten können und das junge und schöne Gesicht der Kirche wiederentdecken können, das strahlt, wenn sie missionarisch, einladend, frei, treu, arm an Mitteln und reich an Liebe ist.

Weitere Informationen zu dieser Papstreise

w2.vatican.va

Moderation

Christoph Riedl-Daser
Paul Michael Zulehner
Johannes Karner
Gregor Waltl

Redaktion

Thomas Bogensberger

Kontakt

gottesdienst@orf.at