Geistliche und Ministranten in festlicher Versammlung rund um den Altar

APA/EXPA/JFK

Live: Bischofsweihe von Hermann Glettler

Der ORF war live dabei, als Hermann Glettler in der Olympiahalle Innsbruck von Erzbischof Lackner, Bischof Scheuer und Bischof Krautwaschl zum Bischof der Diözese Innsbruck geweiht wurde. An die 8000 Menschen feierten in der Olympiahalle mit ihm. Für den ORF kommentierten Moderator Georg Laich und die Seelsorgeamtsleiterin der Diözese Elisabeth Rathgeb.

Der Innsbrucker Jakobsdom wäre zu klein gewesen für den Festgottesdienst, so viele Menschen hatten bei der Weihe dabei sein wollen, auch zahlreiche Gäste aus der Steiermark sowie evangelische Mitchristen kamen. Darum wurde Hermann Glettler in der Olympiahalle Innsbruck zum fünften Bischof der Diözese Innsbruck geweiht. „Geht, heilt und verkündet!“ lautet sein Wahlspruch, Worte aus dem Matthäus-Evangelium, mit denen Jesus aus Nazareth seine Jünger in die Welt entsandte. Für Glettler sind sie ganz aktueller christlicher und bischöflicher Auftrag. Bis zu seinem Bischofsamt war er einer breiteren Öffentlichkeit als Künstler und Pfarrer bekannt, gehörte der Kommission für den interreligiösen Dialog und der Kunstkommission der Diözese Graz Seckau an und war dort Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation.

MUSIK

Christopher Tambling:

Missa brevis in B

Christoph Klemm: Halleluja

Wer glaubt ist nie allein

Atme in uns, Heiliger Geist!

Nun danket alle Gott!

Maria, breit den Mantel aus!

Großer Gott, wir loben dich

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Musikalische Gestaltung:

Domchor und -Orchester Innsbruck

Jugendchor der Diözese Innsbruck

Stadtmusikkapelle Innsbruck-Amras

MK Übelbach

Musikalische Leitung:

Domkapellmeister
Christoph Klemm

Ich schenke euch ein neues Herz

1. Lesung: Ezechiel 36

Meinen großen, bei den Völkern entweihten Namen, den ihr unter ihnen entweiht habt, werde ich wieder heiligen. Und die Völker - Spruch Gottes - werden erkennen, dass ich der Herr bin, wenn ich mich an euch vor ihren Augen als heilig erweise. Ich hole euch heraus aus den Völkern, ich sammle euch aus allen Ländern und bringe euch in euer Land. Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. Dann werdet ihr in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gab. Ihr werdet mein Volk sein und ich euer Gott.

Einheit des Geistes durch Frieden

2. Lesung: Epheser 4

Ich, der ich um des Herrn willen im Gefängnis bin, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.

Arbeiter für seine Ernte

Evangelium: Matthäus 9

Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Leiden. Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. Da sagte er zu seinen Jüngern: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.“ Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat.

Weil dir die Welt so sehr ans Herz geht

Predigt von Bischof Manfred Scheuer

„Was ist ein Bischof und was hat ein Bischof zu tun?“, fragen Kinder oft. Da gibt es die beiden Nikolaus- oder Christkindwunschlisten, da gibt es Anforderungsprofile und da gibt es Eignungskriterien. Da gibt es mehr oder weniger kluge Antworten: Der Bischof - ein Diener des Evangeliums, ein Gesandter Christi, ein Baumeister, ein Architekt der Kirche, ein Garant und Wächter der christlichen Gemeinschaft, ein Verteidiger und Beschützer für die Gemeinschaft, ein Sämann der Hoffnung, ein Lehrer und Verkündiger, ein Tröster und Heiler, ein Hirte, ein Kundschafter, Friedenstifter, ein Vater der Armen, ein Freund der Kinder, der Jugend, ein Mitarbeiter an der Freude, ein Wanderprediger, ein Vagabund und Pilger, ein Bettler, ein Kommunikator und Missionar, ein Steuermann im Sturm, ein Vater, Bruder, Freund, aber auch ein Wächter über die Priester. Der Bischof soll ein Hoffnungsträger sein in Konflikten, ein Hoffnungsträger in innerkirchlichen Ermüdungserscheinungen, ein Anwalt des Wir-Gefühls, das oft ziemlich auseinandergeht. Muss er ein Wunderwuzi oder ein Tausendsassa sein?

Du, Bischof Hermann, du bist Seelsorger der Migranten und Armen gewesen, Kunsthistoriker und Künstler, Pfarrer in einem Auffangbezirk für die Angeschwemmten, in Graz Gestrandeten, und Verantwortlicher für die Caritas und Evangelisierung, ein kultureller Brückenbauer zu den Gebildeten unter den Verächtern der Religion. Sehr hoch gegriffen sind die Aufgaben beziehungsweise Erwartungen an einen Bischof. Vieles an Gelingen und Versagen, an Erfolgen und Misslingen der Kirche wird mit den Bischöfen verbunden beziehungsweise auf die Bischöfe projiziert. Manche haben die Vorstellung, dass ein Bischof mit dem kleinen Finger persönliche Probleme lösen kann und vielleicht auch Nöte wegzaubern kann.

Alles, was ein Bischof tut, kann er nicht erzwingen, nicht produzieren, nicht herstellen, nicht machen. Du kannst die Liebe darstellen, aber nicht kommandieren. Den Schatz tragen wir in irdenen, zerbrechlichen Gefäßen. Du wirst mit deinen Fähigkeiten und deinen Schwächen, mit deinen Siegen und deinen Niederlagen, mit deinen Rosen und auch kleinen Neurosen heute zum Bischof geweiht.

Wer Bischof in Innsbruck wird, war sehr vielen nicht egal. Ich freu mich sehr darüber, dass es in Innsbruck einen Nachfolger für mich gibt. Es hat lange gedauert und es war durchaus ein schwieriger und auch ein schmerzlicher Weg, auf dem manche auch beschädigt und verletzt worden sind. Da braucht es durchaus noch ein Innehalten und manches Gespräch. Ich danke meinem früheren Generalvikar Jakob Bürgler für die Verbundenheit und für die ausgezeichnete Arbeit in den vergangenen zwölf Jahren.

Heute sind sehr viele Kinder und Jugendliche da. Das ist alle andere als selbstverständlich in der Kirche. Ihr Kinder sollt ja viel Raum und Zeit bei Bischof Hermann haben. „Wie erklären Sie Kindern Gott?“ wurdest du, Bischof Hermann, vor Kurzem gefragt. Gott muss man nicht erklären, er ist kein Objekt. Weil er die große Liebe ist, die uns umfängt. Und Kinder haben ein natürliches Gespür dafür, dass das Leben größer und tiefer ist als das, was wir vielleicht physisch erfassen können. Kinder haben eine Herzensachse zu Gott. Das kindliche Staunen fördern, die herzliche Verbundenheit mit allen Menschen, auch mit der Schöpfung. Kinder können dich, können uns Vieles lehren. Vielleicht beten Kinder intensiver als Erwachsene. Und ganz prägend, hast du gesagt, kann das Erzählen biblischer Geschichten sein. Das formt und weitet den Herzensraum. Kinder haben auch mir die wichtigsten Fragen gestellt: Hast du schon gelebt, als Jesus von den Toten auferstanden ist? Oder. Was tust du den ganzen Tag? Oder: Arbeitest du? Oder: Wozu ist das ganze gut? Erzähl mir etwas von Jesus! Und: Kennst du den lieben Gott sehr gut? Ich wünsche dir, Bischof Hermann, Kinder, die dich vom Schreibtisch holen und segnen, dass du Tirol und den Glauben gerade auch von den Kindern lernen kannst. „Drum geloben wir aufs Neue Jeu Herz dir unsre Treue.“ Die Verehrung des Herzens Jesu hat Tirol kulturell, politisch, sozial und auch religiös stark geprägt. Wir vebinden mit den Liedern, mit den Statuen, mit den Bildern und mit der Volksfrömmigkeit entweder etwas ziemlich Liebliches oder etwas ganz Politisches. Für die einen sind die Bilder zu weich, zu weltfremd, für die anderen zu stark von Bildern des Kriegs besetzt. Weil dir die Welt so sehr ans Herz geht, will die Gemeinschaft, deine Gemeinschaft Emmanuel mit ihren vielen missionarischen Werken die Güte, die Menschenfreundlichkeit und Barmherzigkeit Gottes verbreiten. Emmanuel ist mit dem Herzen Jesu durch Paray le Monial verbunden, in deiner Person werden sich das Tiroler Herz Jesu und das Pariser Herz Jesu schöpferisch, kreativ und ich denke auch spannungsgeladen begegnen. Da geht es auch um die Spannung und Vermittlung zwischen Religion und Aufklärung, zwischen Spiritualität und Solidarität, zwischen Anbetung und Aktion, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Heimat und Weltoffenheit, zwischen Freiheit und Selbstbestimmung. Dein Brustkreuz ist durchlöchert und will damit Solidarität mit jenen zeigen, die Verwundungen haben, bei denen so ganz und gar nichts glatt geht. Jene, die Verwundungen haben, deren Leben nicht zu gelingen scheint, mit vielen Brüchen behaftet ist. Jesus, die Person Jesu Christi, ist die Mitte und die Brücke für all dein Tun.

Man hat es oder man hat es nicht. „Sowas hat man“ ist ein Songtext von Böhse Onkelz:

Ich war zu groß, zu dick, zu blass
Zu irgendwas
KOMPLIZIERT
Quer über die Stirn tätowiert

Sowas hat man oder hat man nicht
Sowas ist man oder ist es nicht -
alle Augen auf mich
Vom Prolet zum Prophet -
ja sowas geht, wie ihr seht.
Es ist ganz leicht - wenn man weiß, wie es geht

Heute begreife ich jedes Lied
Als einen Sieg
Über die Zeit
Über Herkunft und Vergangenheit

Ist man religiös, musikalisch, oder ist man es eben nicht? Ist es jedes Lied, jedes Gebet, jedes Gespräch in der Schule, auf der Straße ein Sieg über das Milieu, über die Zeit, über die Herkunft und die Vergangenheit? Steckt die Sehnsucht nach Gott unbeirrbar in jedem von uns? Und kann man Gott lernen? Und lehren?

An der Oberfläche, im öffentlichen Raum, so Tomáš Halík, befehlen diese Touren der political correctness ein Grabesschweigen über Gott. Aber in den Tiefen wird der Kampf um das Wesentliche geführt. Bischof Hermann kann Brücken bauen über existenzielle Abgründe hinweg. Brücken aber auch zu den ausdrücklich Nicht-Glaubenden. Er hat sich schon bisher verstärkt jenen gewidmet, die mit der Kirche nichts am Hut haben. Als Bischof bist du an andere Orte gesandt. Dass wir heute hier sind, in einem säkularen Raum, ist ein starkes Zeichen dafür.

Bischof Hermann wird als Künstler und als Bischof Diener der Freude und Diener der Schönheit sein. „Gewiss können wir nicht ohne Brot leben, aber es ist ebenso unmöglich, ohne die Schönheit zu leben“, lesen wir bei Dostojewksi, „und die Seele ernährt sich an dem, was sie erfreut.“ Papst Franziskus lebt uns vor, dass es so etwas gibt wie die geistliche Freude, das geistliche Wohlgefallen, das zu finden ist, wo wir nahe am Leben der Menschen sind. Bis zu dem Punkt, dass man etwas entdeckt, das eine Quelle höherer Freude ist. Die Mission - und du verstehst dich als Missionar - ist eine Leidenschaft für Jesus. Aber zugleich auch eine Leidenschaft für das ganze Volk. Lieber Bischof Hermann, du wirst mit Freude aufgenommen und du wirst Freude bringen.

Der Werdegang des Bischofs

Hermann Glettler wurde 1965 im steirischen Übelbach geboren. Nach einer Schullaufbahn am Bischöflichen Seminar und Gymnasium in Graz studierte er Theologie und Kunstgeschichte in Graz, aber auch in Tübingen und München. 1991 dann die Priesterweihe in der Diözese Graz-Seckau. Nach Kaplansjahren in Judenburg-St. Nikolaus und Wagna verbrachte Glettler 1998/99 ein Fortbildungsjahr in St. Nicolas des Champs in Paris. Danach war er bis im Jahr 2016 Pfarrer im multikulturellen Bezirk Graz-Gries und engagierte sich besonders für sozial benachteiligte Menschen. Er gehört sowohl der Kommission für den interreligiösen Dialog als auch der Kunstkommission der Diözese an und war im letzten Jahr Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation gewesen. Zusätzlich zur Kunstvermittlung ist Hermann Glettler aber immer auch selbst künstlerisch tätig.

Kommentar

Georg Laich
Elisabeth Rathgeb

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