Lexikon der Religionen:

Auferstehung

Weiterleben nach dem Tod im Reich Gottes

Die Vorstellung von einer Auferstehung der Toten kommt im Alten Testament nur selten vor. Zur Zeit Jesu hatte sie sich aber zu einem festen Bestandteil jüdischen Glaubens entwickelt. Die Pharisäer hielten daran fest, die Sadduzäer allerdings bestritten die Möglichkeit der Auferstehung. Doch ging es jedenfalls immer um eine Auferstehung aller Toten am Ende der Geschichte. Davon unterscheidet sich der Glaube an die Auferstehung Jesu.

Verunsicherung nach dem Tod Jesu

Für die Anhänger Jesu war mit seiner Kreuzigung der Traum vom herannahenden Gottesreich ausgeträumt. So sehr die Messiashoffnung zu dieser Zeit umging, schien ihnen doch ein Gekreuzigter für diese Würde disqualifiziert. Verzweiflung und Enttäuschung konnten aber offenbar auch nicht ganz auslöschen, was sie in mehreren Jahren gemeinsamen Lebens mit Jesus erfahren, welches Vertrauen sie zu ihm gefasst, wie sehr sie seinen Worten geglaubt hatten. Was also war wirklicher: der Glaube von gestern oder die Enttäuschung von heute? Die Antwort auf diese Frage war die Geburtsstunde des Christentums.

Zwar lassen hier die Quellen aus, weil sie mehr am Ergebnis als am Prozess, der zu diesem Ergebnis führte, interessiert sind. In der Erzählweise der Bibel werden innere und äußere Vorgänge gleicherweise als faktische Geschichten berichtet, weil allein ihr Wirklichkeitsgehalt zählt. Aber die Frage, wie es historisch-faktisch war, geht auf eine neuzeitliche Blickverengung zurück.

So könnte ein Versuch der Rekonstruktion aussehen:

  • Für die enttäuschten und verängstigten Jesus-Anhänger ging es nach der Kreuzigung zunächst nicht so sehr um die Botschaft Jesu, als um ihn selbst: War er angesichts dieses Schicksals noch glaubwürdig, oder wurde der Glaube an ihn durch den Tod ausgelöscht?
  • Der Glaube an Jesus wurde damit zur Bedingung für das kommende Gottesreich; die Person Jesu war von seiner Botschaft nicht mehr zu trennen. Indem seinen Anhängern bewusst wurde, dass der Glaube an ihren Lehrer stärker war als sein Tod, gab es auch keinen Zweifel mehr darüber, dass das Gottesreich schon angefangen hatte.
  • Damit konstituiert sich der neue „nachösterliche“, also christliche Glaube: Jesus gilt nun als der erste Mensch der neuen Schöpfung, der „Sündelose“, über den der Hang zum Bösen und der Tod keine Gewalt haben. Der Jesus der Geschichte hatte sich mit dem Christus des Glaubens verbunden.
  • Diese Sicht der Dinge stellte alles auf den Kopf: Ein vom Tod auferweckter Jesus erschien ihnen, so dass sie keinen Zweifel über seine Lebendigkeit hatten und zugleich begriffen sie, dass er nicht in sein früheres Leben zurückgekehrt war, sondern auf die neue Weise des Gottesreiches lebte, in dem es keinen Tod mehr gibt (das feiern die Christen zu Ostern). Die Evangelien erzählen davon in paradoxen Bildern und Szenen: Er kommt und verschwindet, er geht durch geschlossene Türen, isst aber auch mit seinen Freunden und lässt sich anfassen, bis er sich ihnen schließlich endgültig entzieht (das feiern die Christen als Himmelfahrt).
  • Diese umwälzenden Erfahrungen und Einsichten haben im wörtlichen Sinn begeisternd gewirkt: Die Apostelgeschichte des Lukas berichtet von einem rauschhaften Erlebnis, nennt es die Ausgießung des Heiligen Geistes und beschreibt es mit Sturm und Feuer, mit dem Verschwinden aller Angst und dem Reden in allen Sprachen (das feiern die Christen zu Pfingsten).

Christliche Neudeutung der jüdischen Bibel

Wie immer man versuchen mag, sich in diese Vorgänge hineinzudenken, so geht jedenfalls von da an eine neue Faszination von diesem als Christus erkannten Jesus aus: Alle verfügbaren religiösen Vorstellungen werden an ihm gemessen und auf ihn bezogen. Viele Stellen der jüdischen Bibel (mehr zur jüdischen Bibel im Eintrag Thora) erscheinen mit einem Mal als prophetische Voraussicht auf Tod und Auferstehung des neuen Menschen und werden als „Schriftbeweise“ verstanden. Dies ist verbunden mit der Überzeugung, dass die Auferstehung nur der erste Schritt war und dass Jesus in Kürze wiederkommen werde, um das angekündigte Gottesreich endgültig aufzurichten.

Übersichtsartikel zum Christentum

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon:

ORF-TVthek-Medienarchiv Christentum: