Herbst, fallende Blätter, Allee, Paar geht spazieren.
REUTERS/Danish Ismail
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Buddhismus

Die drei Daseinsmerkmale

Die drei Daseinsmerkmale aller bedingten Phänomene (Trilakshana) werden auch die „drei Kennzeichen der Existenz“ genannt. Buddha kam zu dem Schluss, dass jegliche Erscheinungen unbeständig sind.

Die drei Daseinsmerkmale sind ein wesentlicher Bestandteil der buddhistischen Lehre und werden daher von allen buddhistischen Schulen anerkannt. Auch wenn es sich scheinbar um drei verschiedene Merkmale handelt, stehen diese doch in engem Zusammenhang miteinander.

Vergänglichkeit (Anitya)

Buddha kam zu dem Schluss, dass jegliche Erscheinungen unbeständig sind. Das kommt in seiner Aussage, wonach alle zusammengesetzten Dinge dem Verfall unterworfen sind, klar zum Ausdruck: Was entstanden sei, werde auch vergehen. Nach dieser Auffassung findet in jedem Augenblick Veränderung statt. Es gibt demnach nichts, das unveränderlich oder ewig wäre. Da alle Phänomene unbeständig sind, ist jedes Festhalten zum Scheitern verurteilt. Wenn dennoch daran festgehalten wird, entsteht Leid, Frustration, das Gefühl der Unzulänglichkeit. Folglich ist eine passende Antwort auf das Erkennen von Vergänglichkeit das Loslassen – mehr dazu in Die Vier Edlen Wahrheiten.

Was auch immer dem Entstehen unterworfen ist, ist dem Vergehen unterworfen.
Predigt von Benares, S.XVI.11, MV.I.1.6

Leiden (Duhkha)

Der Begriff Duhkha wird in den meisten Fällen mit Leiden übersetzt und wird in der ersten der Die Vier Edlen Wahrheiten besprochen. Duhkha umfasst viel mehr als das, was wir gewöhnlich unter Leiden verstehen. Zugleich kann die Übersetzung als Leiden zu dem Schluss führen, dass das Leben aus buddhistischer Sicht eine einzige Qual sei.

Dabei wird übersehen, dass das Herzstück des Buddhismus die Befreiung von Duhkha ist. Duhkha bleibt am besten unübersetzt, denn es umfasst eine ganze Bandbreite von körperlichen, emotionalen und mentalen Beeinträchtigungen, die mit Begriffen wie Frustration, Unzulänglichkeit, Unwohlsein und Unbeständigkeit (Anitya) angedeutet, damit allerdings nur unzureichend wiedergegeben werden.

Drei Aspekte von Duhkha

  1. Das offensichtliche Duhkha (duhkha-duhkha): Krankheit, Tod, Trennung von Geliebtem oder etwas, das man begehrt, nicht zu bekommen
  2. Das Duhkha, das durch Veränderung bzw. Unbeständigkeit der Dinge entsteht (viparinama-duhkha).
  3. Das existenzielle Duhkha (samskara-duhkha): verbunden mit bedingten Daseinsvorgängen

Enge Verbindung zwischen Dukha und Anitya

Fühlende Wesen suchen das Angenehme und meiden das Unangenehme. Ist das Angenehme einmal gefunden, will man es festhalten, bewahren oder besitzen. Doch bald wird man feststellen, dass auch das vergänglich ist. So folgen Unmut, Enttäuschung, Unzufriedenheit, Frust, kurz: Duhkha.

Die enge Beziehung zwischen Duhkha und Anitya erklärt sich daraus, dass Duhkha im Zusammenhang mit den Lehren der fünf vergänglichen Daseinsfaktoren (Skandhas) steht, die gemeinsam das ausmachen, was wir „Person“ nennen. Etwas persönlich zu nehmen, heißt nach dieser Lehre, der Illusion eines unabhängigen Wesenskerns zu erliegen. Da sich die Skandhas ständig verändern, werden sie mit Duhkha gleichgesetzt. Nichts Vergängliches kann dauerhafte Zufriedenheit bringen. Wer das trotzdem versucht, leidet an der Unwissenheit (Avidya) bezüglich des Daseinsmerkmals Nicht-Selbst (Anatman).

Was unbeständig ist, ist Leiden; was Leiden ist, ist Nicht-Selbst; was Nicht-Selbst ist, das ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.
SN IV 1,13-15

Nicht-Selbst (Anatman)

Wenn alles vergänglich ist, kann es auch keinen unveränderlichen Wesenskern bzw. ein unveränderliches, ewiges Selbst (Atman) oder „Ich“ geben – mehr dazu in Anatman. Nichts existiert aus sich selbst heraus. Nichts kann aufgrund einer einzigen Ursache entstehen. Viele Ursachen müssen zusammenkommen, damit etwas entsteht – mehr dazu im Eintrag Pratityasammutpada (Lehre vom bedingten Entstehen). Nach buddhistischer Anschauung klammern sich die Menschen an die Vorstellung eines unabhängigen, eigenständigen Selbsts (Atman) und streben nach der Befriedigung der Bedürfnisse dieses abgetrennten Selbsts. Dadurch entsteht Leiden (Dhukha).

Übersichtsartikel zum Buddhismus

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon: