Thich Nhat Hanh
REUTERS/Stringer
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Buddhismus

Thich Nhat Hanh

Weltweit aktiver, zeitgenössischer Lehrer des Buddhismus

Thich Nhat Hanh ist neben dem Dalai Lama einer der bekanntesten zeitgenössichen buddhistischen Lehrer und ein bedeutender Vertreter des engagierten Buddhismus. Am 11. Oktober 1926 in Vietnam geboren, wurde er im Alter von 16 Jahren im Tu-Hieu-Tempel in Hue (Zentralvietnam) zum Mönch ordiniert. Besonders ist, dass er sowohl die Tradition des Theravada als auch die des Mahayana studierte. Schon früh begann er, sich um die zeitgemäße Auslegung des Buddhismus zu bemühen. In den 1960er Jahren lebte er einige Jahre in den USA, um zu studieren und zu lehren.

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Gründungen von Orden und Organisationen

1964 kehrte Thich Nhat Hanh nach dem Machtwechsel in Vietnam in seine Heimat zurück. Dort war er Mitbegründer der „Vereinigten Buddhistischen Kirche von Vietnam“, die sich sowohl dem Mahayana als auch dem Theravada verpflichtet fühlt. Weiters wurde die „Schule der Jugend für Soziale Dienste“ (SYSS) gegründet, die sich für die Errichtung von Schulen und Krankenhäusern einsetzte. Während des Vietnamkrieges war die SYSS damit beschäftigt, bombardierte Ortschaften wieder aufzubauen. Dabei gerieten Mitglieder der Organisation immer wieder zwischen die Fronten, was viele mutige Helfer das Leben kostete.

Ebenfalls 1964 gründete Thich Nhat Hanh den Orden Intersein. Dieser war als spirituelle Widerstandsbewegung konzipiert, der sowohl Laien als auch Ordinierte angehören. Die Mitglieder des Ordens bemühen sich um die praktische Umsetzung der buddhistischen Lehre in Form konkreter Sozialprojekte.

Asyl in Frankreich nach Vietnamkrieg

Thich Nhat Hanh setzte sich für die Beendigung des Vietnamkriegs ein und schrieb einen offenen Brief an Martin Luther King, indem er ihn dazu aufrief, sich für die Beendigung des Kriegs einzusetzen. 1966 kam es zu einem fruchtbaren Treffen von Martin Luther King und Thich Nhat Hanh. Ein Jahr später schlug King den vietnamesischen Mönch für den Friedensnobelpreis vor und sprach sich öffentlich gegen den Vietnamkrieg aus. Auf mehreren Reisen durch Europa und die USA sprach Thich Nhat Hanh mit hochrangigen politischen Führern, um auf die Situation in Vietnam aufmerksam zu machen.

Als die Friedensverhandlungen beendet waren, verweigerte das kommunistische Regime Thich Nhat Hanh die Einreise nach Vietnam. Frankreich gab ihm Asyl, und er gründete 1971 in der Nähe von Paris ein Praxisgemeinschaft „Les Patates douces“ (die Süßkartoffeln). Etwa zehn Jahre später gründete er in der Nähe von Bourdeaux das Praxiszentrum „Plumvillage“. Dort lebt er bis heute gemeinsam mit rund 100 Mönchen und Nonnen.

Gründung von buddhistischen Zentren in aller Welt

Im Plumvillage werden regelmäßig Achtsamkeitsseminare veranstaltet, an denen tausende Menschen teilnehmen. Das soziale Engagement für Vietnam hat Thich Nhat Hanh gemeinsam mit seinen Wegbegleitern nie vernachlässigt. Er setzte sich für vietnamesische Flüchtlinge ein, die oftmals mit dem Schiff unter schweren Bedingungen geflohen waren („boat people“). Bis heute sammelt er Mittel für karitative Zwecke in Vietnam.

2005 durfte er schließlich nach Vietnam zurückkehren. Rund um die Welt werden neue Zentren gegründet, die er regelmäßig besucht. So wurde im Jahr 2007 das Europäische Institut für Angewandten Buddhismus (EIAB) in Waldbröl im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen gegründet

Zeitgemäße, verständliche Botschaften

Thich Nhat Hanh ist dafür bekannt, die buddhistische Lehre zeitgemäß zu präsentieren und für die Menschen des 21. Jahrhundert verständlich zu machen. Er wählt dazu eine einfache und verständliche Sprache. Zentral in seiner Lehre sind Intersein (Paticcasammupada, das Konzept der wechselseitigen Verbundenheit aller Phänomene), sowie die Achtsamkeit (Sati), also die Fähigkeit, im Hier und Jetzt präsent zu sein.

Die Übung der Achtsamkeit ist mit der Beobachtung des Körpers, insbesondere des Atemvorgangs, verbunden. Auch im Gehen (Gehmeditation) wird Achtsamkeit geübt. Die Achtsamkeitspraxis findet nicht nur während formaler Sitzmeditation statt, sondern durchdringt im besten Fall den ganzen Alltag. So wird das Klingeln des Handys und die Einnahme der Mahlzeit zur Erinnerung, in die Gegenwart zurückzukehren. Zentral ist auch die buddhistische Ethik der fünf Sila (mehr dazu im Eintrag buddhistische Glaubenspraxis), die Thich Nhat Hanh in eine zeitgenössische Sprache gekleidet hat. Sie werden bei ihm zu den fünf Achtsamkeitsübungen.

Übersichtsartikel zum Buddhismus

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon:

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