Der römisch-katholische Priester Wojciech Lemanski zelebriet eine Morgenmesse.
REUTERS/Kacper Pempel
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Christentum

Zölibat: Ehelosigkeit aus religiösen Gründen.

Der Zölibat ist die aus religiösen Gründen gewählte Ehelosigkeit. Seit 1139 ist er Voraussetzung für die Priesterweihe in der lateinischen Kirche. Martin Luther forderte seine Abschaffung. In den Ostkirchen wurde der Pflichtzölibat nie eingeführt.

In der jungen christlichen Kirche der Antike entwickelte sich nach und nach die Überzeugung, dass Ehelosigkeit ein besonderes Zeichen der Nachfolge von Jesus Christus und der Verfügbarkeit für die Kirche sei. Auch die Bewertung des Geschlechtlichen als „unrein" spielte eine Rolle. Dabei stützte man sich auf Bibelstellen wie Matthäus 19,10, wo Jesus von der Ehelosigkeit spricht: „… manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des Himmelreiches willen.“

Auch der Apostel Paulus schreibt im ersten Brief an die Korinther davon, dass es „gut für den Menschen“ sei, „so (ehelos) zu sein“. Theologen interpretieren die Bibelstellen zur Ehelosigkeit heute im damaligen Kontext der „Naherwartung“ der „Wiederkunft Christi“. Man war damals fest überzeugt, noch zu Lebzeiten die Vollendung der Heilsgeschichte mit dem Kommen des „Gottesreiches“ zu erleben.

Zölibatäre für Weihen bevorzugt

Im zweiten Jahrhundert wechselten viele Gemeinden im Gebiet des Patriachats von Rom von der griechischen zur lateinischen Liturgiesprache. Von da an spricht man von der lateinischen Kirche oder auch Westkirche.

In den „lateinischen Gemeinden“ wurden nach und nach bevorzugt Ehelose für die Weihen ausgewählt. Kirchenvater Hippolyt betrachtete Anfang des 3. Jahrhunderts das Priester-Heiratsverbot als feste Ordnung. Die Synode von Elvira um 306 schrieb den Bischöfen, Priestern und Diakonen die eheliche Enthaltsamkeit vor: Eine Entwicklung, die jedoch die Kirche im Osten nicht mit vollzog.

Macht, Geld und Politik

Eine Festschreibung des Zölibats (vom lateinischen caelebs, unvermählt) wurde jedoch erst durch den Investiturstreit zwischen dem deutschen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. im 11. Jahrhundert angestoßen. Papst Gregor stellte das Recht des deutschen Königs in Frage, eigenmächtig Bischöfe einzusetzen und so seine Macht im Reich zu festigen. Gregor VII. suchte nach einem Druckmittel gegen weltliche Bischöfe und fand im Zölibat eine Eintrittshürde in den Kirchendienst.

Er wollte so verhindern, dass weltliche Bischöfe Kirchenbesitz an ihre Nachkommen vererbten. In der Folge wurde der Zölibat zum Kirchengesetz für die lateinische Kirche und seit einem Beschluss des Zweiten Laterankonzils (1139) Voraussetzung für die Weihe von römisch-katholischen Priestern. „Höhere Kleriker, die geheiratet haben oder eine Konkubine halten, […] verlieren Amt und Benefizium“ und Messen von Priestern, die eine Ehefrau oder Konkubine haben, dürfen „nicht mehr gehört werden“.

Freier für „Dienst an Gott und den Menschen“

Die Vorschreibung des aktuellen Codex Iuris Canonici der lateinischen Kirche lautet: „Die Kleriker sind gehalten, vollkommene und immerwährende Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen zu wahren; … und sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen können.“

Eine Kirchenregel der lateinischen Kirchentradition, die durch die Jahrhunderte nicht ohne Widerspruch blieb. Zahlreiche Initiativen versuchten das Gesetz zu ändern, etwa auf dem Konzil von Konstanz und auch auf dem Konzil von Basel. Sie blieben aber ohne Erfolg.

Reformation ohne Zölibat

Auch Martin Luther forderte 1520 in seiner Schrift „An den Christlichen Adel …“, dass der Zölibat abgeschafft werden solle. Luther war überzeugt, dass die Schöpfungsordnung für alle Menschen die Ehe vorsehe. Sie könne den Menschen vor den Sünden, die aus der Triebhaftigkeit entsprängen, schützen. Luther selber heiratete dann als Mönch die Nonne Katharina von Bora.

Ein griechisch orthodoxer Priester trägt eine Reliquie von Lazarus in einer Prozession um die  St. Lazarus Kirche in Larnaca auf Zypern.
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Griechisch-orthodoxe Priester bei einer Prozession in Larnaca auf Zypern

In den Ostkirchen, Kirchen im Bereich des ehemals oströmischen Reiches, wurde der Pflichtzölibat nie eingeführt. Eine vor der Weihe geschlossene Ehe darf fortgeführt werden. So gibt es zwei Arten von Klerikern: Verheiratete Priester und unverheiratete Priester-Mönche. Bischof kann aber nur ein unverheiratete Priester oder Witwer werden.

Ausnahmen in der katholischen Kirche

Doch auch in den lateinischen Kirchen ist der Zölibat kein Dogma, sondern eine Verwaltungsvorschrift mit Ausnahmen. In Österreich gibt es derzeit eine Handvoll verheiratete Priester des östlichen Ritus, die auch in römisch-katholischen Pfarren arbeiten. Sie besitzen das Privileg der „Biritualität“. Das heißt, diese Priester dürfen in beiden Riten, dem orthodoxen und römischen Ritus, Liturgie feiern. Sie sind etwa in einer griechisch-katholischen Kirche als auch in einer römisch-katholischen Pfarre als Kapläne oder Pfarrer tätig.

Übersichtsartikel zum Christentum

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon:

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