Jüdische Neujahrsfeiern an der Venice Beach in Los Angeles.
REUTERS/Lucy Nicholson
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Judentum

Diaspora (Galut)

Die meisten Juden leben auch heute nicht in Israel, sondern schon von alters her verstreut in alle „vier Enden der Erde“. Das nennt man auf Hebräisch „Galut“ (Exil, Verbannung). Im Deutschen wird dafür der Begriff Diaspora verwendet.

2010 lebten in Israel nur knapp eine halbe Million mehr Juden als in den USA. Auch in Frankreich, Kanada und England sind Länder mit einer großen jüdischen Diaspora.

The Jewish Population of the World

Durch erzwungene und mehr oder weniger freiwillige Wanderbewegungen der Juden sind drei große jüdisch-ethnische Gruppen entstanden: die Aschkenasen, die Sepharden und die Misrachi.

Beginn der Diaspora mit babylonischem Exil

Nach dem Sieg der Assyrer 722 v. Chr. über das Königreich Israel wurden viele Juden nach Persien deportiert. Noch dramatischer wirkte sich der Feldzug der Babylonier aus: Nachdem der babylonische König Nebukadnezar II 586 v. Chr. das Reich Juda besiegt und König Salomos Tempel in Jerusalem zerstört hatte, verschleppte er einen Teil der Juden in die babylonische Gefangenschaft. Als den babylonischen Juden 538 v. Chr. mit dem Edikt des Kyros freigestellt wurde, wieder nach Palästina zurück zu kehren, blieben viele. Vor allem in den babylonischen Städten Sura und Pumbedita entwickelten sich wichtige kulturelle Zentren, in denen später der Talmud entstand. Die Nachfahren der babylonischen Juden sind die „Mizrahi“ (die aus dem Osten).

Auch in Ägypten siedelten sich schon um diese Zeit Juden an. Eine berühmte Gemeinde entstand beispielsweise auf der Nilinsel Elephantine. In hellenistischer Zeit wuchs die jüdische Bevölkerung in Ägypten an, vor allem Alexandria wurde ein Zentrum jüdischer Kultur. Doch auch in andere Mittelmeerländer, bis nach Zentralasien und in den Schwarzmeerraum wanderten Juden aus Palästina aus, häufig aus wirtschaftlichen Gründen.

Thema in der Literatur

Lion Feuchtwanger erzählt in den drei Romanen seiner Josephus-Trilogie (Der jüdische Krieg; Die Söhne; Der Tag wird kommen) über die jüdischen Kriege.

Diaspora nach der Zerstörung Jerusalems

Ab 63 v. Chr. waren Palästina und Jerusalem Teil des Römischen Reichs, gegen dessen Verwaltung sich die Juden ab 66 n. Chr. auflehnten. Die Römer besiegten 70 n. Chr. die Juden und zerstörten den Tempel, von dem nur die Klagemauer blieb, und große Teile Jerusalems. Viele Juden waren im Krieg gestorben, viele Überlebende waren ausgewandert. 132 – 135 n. Chr. kam es zum nach seinem Anführer benannten „Bar-Kochba-Aufstand“, den auch die Römer gewannen. Von da an war es Juden bei Todesstrafe verboten, Jerusalem, das nun Aelia Capitolina hieß, zu betreten. Zwar hielten sich einige Gemeinden in der neu benannten Provinz Syria Palaestina, aber viele Juden wanderten in andere Teile des Römischen Reiches und nach Persien aus.

Bereits in spätantiker Zeit siedelten sich Juden im Gebiet am Rhein an. Später zogen diese Gemeinden ostwärts. Sie sind die Begründer der aschkenasischen Kultur mit Jiddisch als Muttersprache. Auch die Geschichte der sephardischen Juden reicht weit zurück bis ins Spanien des erstes vorchristlichen Jahrhunderts, als erste jüdische Gemeinden auf der iberischen Halbinsel entstanden. Nach der Eroberung Spaniens durch die katholischen Könige Isabella und Ferdinand 1492 wurden die Juden aus Spanien vertrieben. Die meisten flüchteten nach Nordafrika, vor allem nach Marokko, und manche weiter ins Osmanische Reich. Andere siedelten in Holland und anderen Gegenden Nordeuropas.

Übersichtsartikel zum Judentum

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon: