Lexikon der Religionen:

Gottesdienst

Ritualisierte Feier zu Ehren Gottes

Christen feiern ihren Gottesdienst am Sonntag als dem Auferstehungstag Jesu - die Evangelien berichten von der Auferstehung am Morgen nach dem Schabbat.

Alle christlichen Gottesdienste folgen einer Struktur

Die große Vielfalt der Formen, in denen christlicher Gottesdienst in den verschiedenen Konfessionen und zu verschiedenen Anlässen gefeiert wird, täuscht leicht über die Tatsache hinweg, dass dieser Gottesdienst aus immer denselben grundlegenden Elementen besteht. Zwar setzen die Traditionen verschiedene Akzente, erfordern Anlässe mehr oder weniger Feierlichkeit. Wer aber heute, wo immer auf der Welt, eine christliche Kirche betritt, kann damit rechnen, dass unter allen Verkleidungen die folgende Struktur verborgen ist

Da Gottesdienst stets die Begegnung des Menschen mit Gott und Gottes mit den Menschen feiert, erinnert und repräsentiert, läuft er in einem dialogischen Wechselspiel ab. Es beginnt nach einleitenden Psalmgebeten mit dem

  1. Kyrie, dem Gedenken an die Verstrickung der Welt in Unheil und Schuld mit der Bitte um die Barmherzigkeit Gottes. Dem kann sich das Bekenntnis von Schuld und die Bitte um Vergebung anschließen Das kirchliche Wort dafür („Buße“) meint die Einsicht, dass die Menschen in einer gebrochenen und heillosen Situation leben und deshalb Gottes bedürftig sind, dem die Gemeinde für die versprochene Zuwendung durch das Gloria, das Lob Gottes dankt. Soweit ist die Einleitung in den Gottesdienst noch nicht charakteristisch christlich, sondern reflektiert die Voraussetzung jeder Religion. Die Antwort darauf kommt jedoch bereits aus einer unverwechselbaren Tradition: Der zweite Schritt ist daher die
  2. Lesung aus der Bibel (Altes und Neues Testament), die als Wort Gottes an die versammelte Gemeinde verstanden wird und der eingestandenen Heilsbedürftigkeit Erinnerungen und Berichte von Heilserfahrungen entgegensetzt. Dazu gehört die Predigt als Auslegung und Aktualisierung auf die Gegenwart hin. Bis hierher, wenn man von den Lesungen aus dem Neuen Testament absieht, könnte der christliche auch ein jüdischer Gottesdienst sein, aus dem der christliche hervorgegangen ist. Die Antwort darauf ist dann aber entschieden christlich: Das
  3. Glaubensbekenntnis (Credo) formuliert die Zustimmung der Gemeinde zum „Wort Gottes“. Der dabei verwendete Text ist allen großen Konfessionen gemeinsam und bekennt nach dem Wortlaut der Konzilien von Nicäa und Konstantinopel die Dreieinigkeit Gottes (Trinität - Dreifaltigkeit) des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und die besondere Position des Sohnes, des Christus, in der Heilsgeschichte. Nur bis hierher durften in der antiken Kirche auch die Katechumenen (Taufanwärter) dem Gottesdienst beiwohnen. Nun folgt das Herzstück des christlichen Gottesdienstes, die
  4. Abendmahlsfeier. Es handelt sich dabei um einen Nachvollzug des letzten Abendessens Jesu mit seinen Anhängern vor seiner Verhaftung und Hinrichtung. Dem Bericht der Evangelien zufolge nannte Jesus damals das Brot seinen Leib und den Wein sein Blut und forderte die Tischgesellschaft dazu auf, diese Feier zu seinem Andenken zu wiederholen. Im Ablauf des Gottesdienstes wird dies nach der Präsenz Gottes im Wort als besondere Form der Gottesgegenwart verstanden, nachdem die Gemeinde ihren Glauben bekannt hat. Die Abendmahlsfeier endet mit dem Genuss von Brot und Wein - mehr dazu im Eintrag Abendmahl - Kommunion, Eucharistie. Ein
  5. Lob- und Dankgebet folgt dem dialogischen Ablauf entsprechend dem Empfang von Brot und Wein. Lob- und Dankgebete können aber auch an allen anderen Stellen des Gottesdienstes vorkommen und bilden ein wesentliches Element jeder Feier. Zum Abschluss wird die Gemeinde gesegnet und in die Welt geschickt, um dort ihren Glauben zu bezeugen.

Diese fünf Elemente sind der Grundbestand jedes christlichen Gottesdienstes. Während die orthodoxe, die römische, die anglikanisch-hochkirchliche und die altkatholische Tradition auf die Abendmahlsfeier größten Wert legt, lag der Akzent in den Kirchen der Reformation stärker auf den Elementen eins bis drei, also vor allem auf Lesungen und Predigt. Dies hat sich jedoch inzwischen im Zuge der Ökumene verändert, so dass auch dem Abendmahl gleichermaßen Bedeutung zukommt.

Unterschiedliche Bezeichnungen

Einen vollständigen Gottesdienst nennen die römischen Katholiken „Messe“ oder „Eucharistie“ (nach dem griechischen Wort für „danksagen“). Protestanten sprechen von „Gottesdienst“, Orthodoxe von „Liturgie“. Aber auch römisch-katholische Gottesdienste sind nicht immer vollständige „Eucharistiefeiern“. Es gibt „Wortgottesdienste“ ohne das vierte Element, und es gibt und gab eine Vielzahl von „Andachten“, die vor allem das gemeinschaftliche Gebet, also die Elemente eins, drei und fünf kultivieren.

Alles, was im christlichen Gottesdienst die genannten Hauptelemente umrankt, ist schmückendes Beiwerk, das dem Lob Gottes dient und für die Kunst (Kirchenmusik) immer eine dankbar aufgenommene Möglichkeit der Gestaltung war.

Für Katholiken Wandlung als Herzstück der Messe

Die Papstkirche betont die „Wandlung“ als Mittelpunkt des katholischen Gottesdienstes (Messe): Wenn der Priester rituell den Abendmahlsbericht vorträgt, werden Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi verwandelt. Das kann nur durch einen gültig geweihten Priester geschehen. Ist kein Priester verfügbar, ist es nicht möglich, einen vollständigen Gottesdienst zu feiern. Hingegen kann ein Priester sehr wohl allein und ohne Gemeinde Eucharistie feiern. Für die reformatorischen Kirchen ist die Gemeinde das handelnde Subjekt und der ordinierte Geistliche der von der Kirche bevollmächtige Leiter des Gottesdienstes. Ein Gottesdienst ohne Gemeinde ist daher undenkbar.

Liturgische Sprachen

Römisch-katholische Gottesdienste wurden über Jahrhunderte in lateinischer Sprache gehalten, orthodoxe in Griechisch oder Kirchen-slawisch. Im Westen führte erst die Reformation die Landesprache ein, und die römische Kirche ging dazu bei der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils über (Beschluss von 1963). Eine bedeutende Rolle spielt in den evangelischen Gottesdiensten der Gesang als aktive Form der Beteiligung der Gemeinde.

Übersichtsartikel zum Christentum

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon: