Wider das Geschäft mit der Angst
Es hat sie wohl gar nie gegeben, die „wuchtigen Hammerschläge“, mit denen der Reformator die katholische Kirche zum Erzittern gebracht hat. Allein die Veröffentlichung der Thesen war aber jedenfalls eines der bedeutendsten und folgenschwersten Ereignisse der Frühen Neuzeit.
Logos
Samstag, 18.3.2017, 19.05 Uhr, Ö1
Unerwartete Auswirkungen
Seit dem Frühjahr 1517 hatte der Augustinermönch Martin Luther immer häufiger erlebt, dass seine Wittenberger Schäfchen der Beichte fernblieben und stattdessen „auspendelten“, um sich selbst, aber auch verstorbene Angehörige, von höllischen Sündenstrafen freizukaufen, indem sie Ablassbriefe erwarben. Tatsächlich war der katholische Geschäftszweig des Ablasshandels einer der wesentlichen Kritikpunkte Luthers. Die eine Hälfte der Einnahmen diente dem Bau des Petersdoms in Rom, während sich der Mainzer Erzbischof Albrecht und die Ablassprediger die andere Hälfte teilten. Der Bischof benötigte die Einkünfte, um seine immensen Schulden den Fuggern zurückzahlen zu können. Mithin waren die Thesen ein Angriff auf den Kern des kirchlichen Finanzsystems.
Die als Antwort auf die Ablasspredigten Johann Tetzels veröffentlichten Thesen hatten eine eminente Auswirkung auf nahezu alle gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Strukturen – was Luther selbst kaum vorausgeahnt haben konnte. Die Veröffentlichung seiner – in Latein verfassten - Thesen war eigentlich bloß als Diskussionsgrundlage für fachkundige Theologen gedacht; sie verselbstständigten sich jedoch sehr schnell und wurden oft als Handzettel nachgedruckt. Statt zur erhofften Diskussion kam es 1518 zunächst zum Ketzerprozess und schließlich sogar zum Kirchenbann.
Gestaltung: Martin Gross
Logos 18.3.2017 zum Nachhören:
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