Bibelessay zu Lukas 24, 35 – 48

Die Evangelien berichten von sehr unterschiedlichen Reaktionen auf Begegnungen mit dem Auferstandenen. Bei den Frauen ist es in Freude, Schrecken und Liebe die Ahnung von etwas Unfassbarem, dem sie sich anvertrauen. Die Männer sind in der Regel begriffsstutzig. Sie brauchen länger, um mit dieser neuen Erfahrung zurechtzukommen. Jesus ist rührend um sie bemüht.

Der Auferstandene entwickelt eine Art Erlebnispädagogik. Er zeigt Hände und Füße mit den Wunden. Er bietet die Wunden zur Berührung an. Er isst vor den Augen der staunenden Schüler einen Fisch, einen gebratenen Fisch.

Gustav Schörghofer SJ
ist katholischer Theologe und Kunsthistoriker

Altes und Neues Testament

Julian Schutting schreibt dazu: „Lukas tut nun alles, was er kann, um denjenigen, der in Emmaus durch Mauern und versperrte Türen gegangen ist, den Verklärten, den Transsubstanziierten, in das Fleisch zurückzuholen, das er vor seinem Tod gewesen ist, als wäre das nach der Auferstehung nicht doch ein verwandeltes, und so lässt er sagen: „Sehet meine Hände und Füße, fühlet mich an … denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie Ihr sehet, dass ich habe!“ Damit nicht genug, der Gespensterjesus muss noch deutlicher werden, indem er mit ihnen isst, gleichsam in einer abgewandelten Form des Letzten Abendmahls...“

Offenbar ist Jesus, ist Gott selber auf die Zustimmung, das Vertrauen der Angesprochenen angewiesen. So etwas lässt sich nicht erzwingen. Der Auferstandene wirbt um das Vertrauen der Jünger. Hätten doch bloß die heute in der Kirche Verantwortlichen etwas vom pädagogischen Geschick des Auferstandenen, wenn sie einer oft staunenden Gemeinde ihre Forderungen und Einsichten präsentieren. Und vor allem, wenn sie sich selber präsentieren. Muss das alles immer wieder an das Verhalten von Herrschern alter Zeiten erinnern? Von wirklichem Entgegenkommen, einem geduldigen Bemühen um den anderen ist oft wenig zu spüren. Die Angesprochenen müssen wohl Geduld haben. Geduld zeigt ja schließlich auch Gott, 2000 Jahre schon.

Lebenskunst
Sonntag, 15.4.2018, 7.05 Uhr

Auf noch etwas hat mich Julian Schutting aufmerksam gemacht, etwas, das nicht übersehen werden darf: „Lukas scheint es wichtig zu sein, dass Jesus vorwegnehmend sorgt für die in anderen Zeiten gern geleugnete Wahrheit, dass das Alte Testament und das Neue Testament innig zusammengehören: bei Moses und den Propheten stehe geschrieben, was sich in ihm erfüllt hat.“

In die Auferstehung springen

Der Gott Jesu Christi ist der Gott des Alten Testaments, jener Gott, der mit den Juden einen immerwährenden Bund geschlossen hat. Wer nicht Jude ist, hat keinen Zugang zu diesem Bund. Aber durch Jesus ist ihm ein anderer und neuer Zugang zum Gott des Alten Testaments geschenkt. Umkehr bedeutet, sich diesem Jesus zuzuwenden. Ich verzichte darauf, mir selber einen Sinn des Lebens zurechtzulegen. Ich lasse mich in die Liebe Gottes, die mir in Jesus begegnet, hineinfallen.

Johannes Mario Simmel schildert in seinem Roman „Es muss nicht immer Kaviar sein“ eine Szene, die mir in Erinnerung bleibt, auch wenn ich alles andere vergessen habe. Gemeinsam mit anderen ausgewählten Männern wird der Held des Buches zu einer Tätigkeit im Geheimdienst vorbereitet. Nach Wochen harten Trainings wird den Leuten befohlen, auf den Rand eines Abgrunds zuzulaufen und zu springen. Die anderen weigern sich. Doch der Held rennt und springt. Er sagt sich, dass all die Mühe sicher nicht vergeblich in sie investiert wurde. Und er landet in einem Netz.

Warum sollte ich dümmer sein als dieser Held. Wenn sich Gott so sehr um mich bemüht, dann kann ich ruhig springen. Ich springe mit Genuss in die Auferstehung. Mir kann ja nichts passieren.