Freiheit

Zum 150. Geburtstag von Paul Claudel: „Es ist nicht der Wind, der weht – es ist dieses Wehen in mir selbst“, sagt Louis Laine im Drama „Der Tausch“ von Paul Claudel. Dieser Satz ist mir von meiner ersten Hauptrolle am Theater am stärksten in Erinnerung geblieben.

Gedanken für den Tag 8.8.2018 zum Nachhören:

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Das Wehende und Bewegende in der Seele eines jungen, nach Freiheit drängenden Mannes, der seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat und seinen Wert und den Wert anderer Menschen nicht einschätzen kann. Zumal er sich zwischen einer klammernden Ehefrau, einem mit Geld wedelnden Geschäftsmann und einer von der Kunst scheinbar befreiten Schauspielerin wiederfindet, die ihm alle die Grenzen seiner Freiheit aufzeigen.

„Das Wehen in mir“

Irgendwie weiß man ja, dass die eigene Freiheit dort endet, wo die Freiheit eines anderen Menschen beginnt, dass der Egoismus einen gewiss nicht in die Freiheit führt. Und jetzt gerade wieder frage ich mich, ob „die Freiheit“ in erster Linie etwas Persönliches, etwas Privates ist, oder eben doch, gerade heute, als eine politisch-gesellschaftliche Angelegenheit betrachtet werden muss?

Alexander Tschernek
ist Schauspieler und Radiomacher

Die Freiheit hat so unendlich viele Denk- und Gefühlsräume... Puh, ich muss gestehen, da vergrüble und verfühle ich mich immer wieder. Ich habe ja auch ein so großes Ideal von Freiheit vor Augen. Die geistige Freiheit – von der die Rede ist bei der Begegnung von Jesus und Nikodemus: „Der Wind weht, wo er will und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt, noch wohin er geht. So verhält es sich mit jedem, der aus dem Geist geboren ist.“

Das ist ein anderes Wehen als das, das Louis Laine beschreibt – das Wehen in ihm selbst - ein Wehen der Fragen, ein Wehen des Zweifels, eine Sehnsucht, die möglicherweise weh tut... Apropos Wehen: Als ich als Kind beim Drachensteigen nahe einer Allee mit Bäumen war, habe ich mich zum ersten Mal selber gefragt, woher der Wind kommt, der meinen Drachen in die Lüfte steigen lässt? Nach kurzem Grübeln hatte ich geglaubt, eine befriedigende Antwort gefunden zu haben: Ich sah den Baum wackeln und dachte, das mache den Wind, der sich dann auf den danebenstehenden Baum überträgt. Klar! Dann war ich im Geiste die Allee bis zum ersten Baum zurückgegangen und hatte mich gefragt, wer den wohl schüttelt? Das musste wohl Gott gewesen sein....

Musik:

Friedrich Gulda/Klavier: „Modere - 1. Satz“ aus: Sonatine für Klavier in fis-moll von Maurice Ravel
Label: Amadeo 4230432 (2 CD)

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Alexander Tschernek