Sankt Martin: Der Soldat, der zum Heiligen wurde

Der heiliggesprochene Martin von Tours war ursprünglich Soldat einer römischen Eliteeinheit. Er engagierte sich für soziale Randgruppen, ließ sich taufen, wurde Mönch, Bischof und Heiliger.

Martin gilt als Patron der Armen und Geächteten und der Kriegsdienstverweigerer. Denn er selbst beendete seinen Militärdienst, um sich in ein Kloster zurückzuziehen und um ausgegrenzte Menschen zu kümmern. Auch werden ihm eine Reihe Wundertaten nachgesagt, so soll er einen Leprakranken geheilt und ein Kind von den Toten auferweckt haben. Viele Christen feiern am 11. November das Fest des Heiligen Martin. Mit dem Martinitag ist eine Fülle von Bräuchen verbunden.

In vielen Pfarren finden am Vorabend des 11. November Martinsumzüge statt, bei denen Kinder Lichterlaternen und Lampions tragen. Die Erwachsenen huldigen mehr der zubereiteten Martinigans, zu der in der Regel der junge Wein getrunken wird.

Eine portion martinigansl auf einem schön dekorierten Teller

Reuters/Laszlo Balogh

Die Tradition feiert St. Martin mit einem Ganslessen

Brauchtum und Legende

Der Martinigansl-Brauch leitet sich aus der Zeit ab, wo nicht alle Tiere den Winter hindurch gefüttert werden konnten. Zudem wurde früher auch vor Weihnachten eine 40-tägige Fastenzeit eingehalten - orthodoxe Christen tun das bis heute. Daher mussten auch alle verderblichen Lebensmittel wie Schmalz und Eier aufgebraucht werden.

Martin wurde im Jahr 316 in der im heutigen Ungarn gelegenen Stadt Sabaria geboren, wuchs in Pavia, der Heimatstadt seines Vaters, auf und wurde christlich erzogen. Auf Wunsch seines Vaters, der römischer Tribun war, trat er in die Armee ein. Doch bestand für ihn ein Widerspruch zwischen christlichem Handeln und dem Militärdienst. Mit 18 Jahren traf der Soldat Martin hoch zu Ross auf einen frierenden Bettler. Die weltberühmte Legende erzählt davon, dass Martin mit dem Schwert seinen Mantel teilte und die eine Hälfte dem Bettler schenkte. In der Nacht soll ihm Christus in Gestalt eines Bettlers erschienen sein.

El Greco: Martin und der Bettler, um 1597 - 99

Public Domain

El Greco: Martin und der Bettler, um 1597 - 99, National Gallery of Art in Washington

Berühmt durch Geschnatter

Kurze Zeit später empfing der Soldat in Amiens die Taufe, quittierte seinen Dienst und wurde zunächst Missionar. Er lebte als Einsiedler und gründete ein Kloster, das für seine strenge Askese bekannt und auch vom Klerus kritisiert wurde. Das Kloster wurde zum Zentrum der Mission in Gallien. 371 wurde Martin zum Bischof von Tours an der Loire gewählt.

Mit dem Ereignis seiner Wahl verbindet sich die Erzählung, er habe sich in einem Gänsestall versteckt, um einer möglichen Kür zu entgehen. Durch das Geschnatter der Vögel sei jedoch sein Aufenthalt verraten worden. Diese Darstellung wird auch gerne von Kinderspielgruppen aufgeführt. Eine andere Legende erzählt, dass Martin beim Predigen durch das Geschnatter einer in die Kirche watschelnden Gänseschar unterbrochen wurde.

Gänse auf einer Wiese

Reuters/Heinz-Peter Bader

Schnatternde Gänse sollen der Legende nach Martin in seinem Versteck verraten haben

Verehrter Bischof

Der Überlieferung nach muss Martin ein überzeugender und glaubwürdiger Bischof gewesen sein, auch als Bischof kümmerte er sich weiter um Arme und übte Solidarität. Er wusste Gebet, Seelsorge und Caritas zu verbinden. Martin starb am 8. November 397 in Candes, einer Pfarrei seines Bistums.

Bereits mit seinem Tod begann überraschend eine Welle der Verehrung, weshalb Bischof Martin innerhalb der Heiligen eine Sonderrolle eingeräumt wurde. Er ist der erste christliche Heilige, der als Nicht-Märtyrer zur Ehre der Altäre erhoben wurde. Martins Lebensgeschichte ist vor allem durch die Aufzeichnungen und Briefe seines Freundes Sulpicius Severus erhalten. Sulpicius verfasste um 395 eine Biografie und die „Missionsdialoge“, die beschreiben, dass Martins asketische und wundertätige Art die ägyptischen Mönche in den Schatten stellt.

Ein Kind mit leuchtender Laterne

APA/dpa/Carsten Rehder

Laternenumzüge erinnern eigentlich an den Geburtstag von Martin Luther

Laternen für Martin Luther

Außerdem stieg er im Frankenreich unter König Chlodwig (481-511) zum „Nationalheiligen“ auf. Über viele Jahrhunderte hinweg stellte der Martinstag eine wichtige Markierung dar. So ist er u.a. Winteranfang und Jahresbeginn gewesen, an dem Zins- und Pachtzahlungen fällig waren. Zahlreiche Kirchen und Kapellen sind dem Heiligen Martin geweiht und das Burgenland hat in ihm seinen Schutzpatron.

Der Lichterbrauch mit Lampions erinnert übrigens nicht an Martin von Tours, sondern an Martin Luther. Der Reformator wurde am 10. November geboren, weswegen sich abends Kinder mit Papierlaternen versammelten. Der Martinsumzug wurde dann in der katholischen Kirche ein Teil der Lichtsymbolik, die zu Allerseelen (am 2. November) beginnt und über Advent und Weihnachten bis Lichtmess am 2. Februar führt.

gold, religion.ORF.at/APA