29 Frauen nach Anti-Kopftuch-Demo im Iran inhaftiert

Im Iran sind am Donnerstag 29 Frauen von der Polizei festgenommen worden, weil sie gegen den Kopftuchzwang im Land protestiert und ihr Kopftuch abgenommen hatten.

Die Polizei warf den Frauen laut Nachrichtenagentur Tasnim vor, sie seien in einer Propagandaaktion von Iranern im Ausland „beschwindelt“ worden und hätten ihr Kopftuch abgenommen. Eine weitere Demonstrantin war bereits am Montag festgenommen worden. Im Iran müssen Frauen seit der Revolution 1979 in der Öffentlichkeit ein Kopftuch tragen.

Landesweite Protestaktion

Seit Ende Dezember fordern immer mehr iranische Frauen eine Abschaffung der Kopftuchpflicht. Als Protest nehmen sie in der Öffentlichkeit ihre Kopftücher ab und hängen sie als Fahne auf. Auch gläubige Musliminnen, die das Kopftuch freiwillig tragen, ältere Frauen, Männer und angeblich auch einige Kleriker haben sich der landesweiten Protestaktion angeschlossen.

Im Iran müssen alle Frauen und Mädchen ab neun Jahren in der Öffentlichkeit ein Kopftuch sowie einen langen, weiten Mantel tragen, um Haare und Körperkonturen zu verbergen. Der Kopftuchzwang ist im Iran zwar seit 40 Jahren Pflicht, genauso lange aber ist die Mehrheit der Frauen dagegen.

Zweite Welle von Protesten

Die Anti-Kopftuch-Aktion wird von Beobachtern als eine zweite Welle nach den politischen und wirtschaftlichen Protesten im Land eingestuft. Die zehntägige Proteste, die am 28. Dezember begonnen hatten, richteten sich zunächst gegen Inflation und Korruption. Dann aber wurden sie zunehmend systemkritisch bis hin zu Forderungen nach einem Regimewechsel.

Der iranische Präsident Hassan Rohani hat sich zwar zu den Kopftuch-Protesten noch nicht geäußert, aber die Führung des Landes aufgefordert, die Bürgerproteste ernst zu nehmen. „Wir können nichts erreichen, wenn wir die Menschen nicht hinter uns haben und ihre Kritik ignorieren“, sagte Rohani am Donnerstag.

Frauen umgehen Vorschriften

Seit einigen Jahren handhaben viele Frauen im Iran die strengen Kleidervorschriften lockerer. In Teheran und den größeren Provinzstädten tragen viele Frauen farbenfrohe Kopftücher, unter denen oft der Haaransatz herausschaut sowie eng anliegende Hosen zu knielangen Mänteln anstatt des traditionellen langen schwarzen Tschadors, der auf dem Land noch vorherrscht.

Generalstaatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri hatte die Protestaktionen gegen die Kopftuchpflicht am Mittwoch als „kindisch“ und „belanglos“ bezeichnet. Grund zur Besorgnis gebe es nicht, erklärte Montaseri. Die vereinzelten Demonstrantinnen hätten „aus Unwissenheit“ gehandelt und seien möglicherweise „vom Ausland beeinflusst“.

Furcht vor Distanz zum Islam

Zwar konnte die iranische Führung die Demonstrationen beenden, aber Rohani befürchtet weitere Proteste, falls nicht umgehend notwendige Reformen umgesetzt werden. Rohani sorgt sich außerdem, dass die neue Generation sich sonst immer mehr vom islamischen System distanziert.

Anlässlich des bevorstehenden 39. Jahrestags der islamischen Revolution am 11. Februar erinnerte Rohani an die damals gestürzte Monarchie. Auch die Monarchisten hätten geglaubt, sie würden auf ewig an der Macht bleiben. Am Ende hätten sie aber mit der Revolution von 1979 alles verloren, weil sie nicht auf die Stimme des Volkes gehört hätten. Dies sei eine Lehre für alle Machthaber, „sehr genau auf die Forderungen der Menschen zu hören“, sagte Rohani.

religion.ORF.at/APA/AFP

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