Kommunionsstreit: Marx „überrascht“ von Vatikan-Brief

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, hat „überrascht“ auf die Kritik des Vatikans an der geplanten Handreichung zum Kommunionsempfang nicht katholischer Ehepartner reagiert.

„Beim Gespräch am 3. Mai 2018 in Rom wurde den dort teilnehmenden Bischöfen gesagt, dass sie ‚im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung‘ finden sollten. Der Vorsitzende ist deshalb überrascht, dass noch vor dem Finden einer solchen einmütigen Regelung jetzt dieses Schreiben aus Rom eingegangen ist“, hieß es am Montagabend in einer DBK-Erklärung. Man sehe nach dem Brief weiteren Gesprächsbedarf - im Ständigen Rat und in der Herbst-Vollversammlung der DBK, „aber auch mit den entsprechenden Römischen Dikasterien und dem Heiligen Vater selbst“.

Thema mit Bedeutung für Universalkirche

In dem am Montag bekanntgewordenen Brief des Präfekten der Glaubenskongregation, des designierten Kardinals Luis Ladaria Ferrer, an Marx heißt es zu der Handreichung, das Dokument werfe eine Reihe von ungelösten Problemen mit erheblicher Tragweite auf. Laut Ladaria ist Papst Franziskus zu dem Schluss gekommen, „dass das Dokument noch nicht zur Veröffentlichung reif ist“. Die Frage, ob nicht katholische Ehepartner die Kommunion empfangen könnten, betreffe die Kirche als Ganzes und habe Auswirkungen auf die ökumenischen Beziehungen zu anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften.

Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischof von München und Freising

APA/dpa/Andreas Gebert

Kardinal Marx ist überrascht vom Brief aus dem Vatikan.

Weiter verweist Ladaria auf die entsprechenden Regelungen des Kirchenrechts. Die zuständigen Vatikanbehörden seien beauftragt, offene Fragen demnächst auf Ebene der katholischen Weltkirche zu klären. Das Thema berühre den Glauben der Kirche und habe Bedeutung für die Universalkirche. Zugleich setzt der Vatikan weiterhin auf den konstruktiven Dialog der deutschen Bischöfe untereinander.

Viele verschiedenkonfessionelle Ehen

Diese hatten sich im Februar mit Dreiviertelmehrheit auf die Handreichung geeinigt, wonach nicht-katholische Ehepartner im Einzelfall zur Kommunion zugelassen werden können. Sieben Bischöfe um den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki baten daraufhin schriftlich den Vatikan um Klarstellung, ob eine solche Regelung überhaupt von einer einzelnen Bischofskonferenz beschlossen werden kann.

Glaubensunterschiede zu groß

Nach katholischer Lehre ist eine gemeinsame Eucharistie mit den Evangelischen wegen vorhandener Glaubensunterschiede nicht möglich. Der Zugang der deutschen katholischen Bischöfe ist ein seelsorgerischer und pragmatischer, der Vatikan bleibt in seiner Entscheidung bei seiner Linie.

Am 3. Mai reiste eine Bischofsdelegation mit Vertretern beider Richtungen zu einer Besprechung nach Rom. Der Vatikan verwies den Konflikt zunächst an die deutschen Bischöfe zurück. Marx äußerte sich zuletzt zuversichtlich, dass er und seine Amtsbrüder eine einvernehmlichen Lösung finden.

Unterdessen warnte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am Montag vor Verunsicherung. „Kaum ein Land hat so viele konfessionsverbindende Ehen wie Deutschland“, erklärte Präsident Thomas Sternberg in Bonn. „Die Familien, denen der Glaube wichtig ist, haben Wege der Eucharistiegemeinschaft in ihren Gemeinden gefunden.“ Diese Familien, ihre Priester und Gemeinden sollten sich nicht verunsichern lassen.

Kardinal Müller kritisiert „späte“ Reaktion aus Rom

Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat das Machtwort des Papstes im Kommunionsstreit als zu spät kritisiert. „Hier wurde kurz vor dem Abgrund die Notbremse gezogen“, sagte der frühere Chef der mächtigen Glaubenskongregation am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Rom. „Entgleist ist der Zug trotzdem, weil Rom zu spät und zu zögerlich reagiert hat. Jetzt kommt es darauf an, den Zug sorgfältig wieder auf die Schienen zu setzen“, so Müller.

Nur wenn man den katholischen Glauben kenne, „wird man diese römische Entscheidung theologisch und nicht kirchenpolitisch interpretieren“, sagte Müller. Die Darstellung, die Entscheidung aus Rom sei eine Niederlage für Kardinal Marx, sei falsch. Vielmehr habe „die Wahrheit ... den Sieg über das machtstrategische Kalkül davon getragen“. Denn Nicht-Katholiken zur Kommunion zuzulassen, würde, wie Müller sagte, den katholischen Glauben substanziell verändern. „Die Meinung, Glaubensfragen könnten unter der Hand mit dem Papst und irgendeinem seiner Vertrauensleute privat ausgehandelt werden, offenbaren eine erschreckende Überzeichnung des römischen Primates.“

religion.ORF.at/KAP/KNA

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