Asyl: Schönborn fordert mehr sprachliche Behutsamkeit

Kardinal Christoph Schönborn hat in einem Interview mit der Zeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe), in dem es auch um die Flüchtlingspolitik ging, auf eine bedenkliche Wortwahl politisch Verantwortlicher hingewiesen.

Er habe insgesamt Vertrauen in den Rechtsstaat, aber „was gefährlich ist, ist eher die Sprache. Ich verlange hier von der Regierung Behutsamkeit. Wenn Worte gewalttätig werden, ist das der erste Schritt zur Gewalttätigkeit im Tun. Da müssen wir wachsam sein“.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/ORF/Hans Leitner

Kardinal Schönborn verlangt von der Regierung Behutsamkeit

„Asyl darf kein Schimpfwort werden“

Die Notwendigkeit einer Korrektur der Flüchtlingspolitik gegenüber der von 2015 räumte der Wiener Erzbischof im Interview ein. Asyl sei jedoch „heiliges Recht“, „das Wort Asyl darf nicht zum Schimpfwort werden“.

Sorge hätte er, „wenn die politische Linie wäre, dass Österreich international als ein Land gilt, das besonders garstig ist. Das war Österreich nie“, so Schönborn. Er erinnerte, dass es ein Flüchtlingsrecht gebe, das „zu einer Demokratie gehört, die dieses Namens würdig“ sei.

„Eine der tiefsten Krisen des Islam“

Zur Situation der Muslime in Österreich und den Moscheenschließungen sagte der Kardinal, aus vielfältigen Gründen sei der Islam heute „in einer der tiefsten Krisen seiner Geschichte“. Er sage das „nicht mit Häme oder von oben herab“, sondern er sehe eher gewisse Ähnlichkeiten mit der christlichen Geschichte.

„Es findet eine Radikalisierung statt, und die ist sicher ein Symptom für die Spannungen innerhalb des Islam. Es ist wichtig, dass in Österreich Religionsfreiheit herrscht. Aber das bedeutet auch, dass der Staat Überwachungspflicht hat und, dass die Religionsgemeinschaften ihre Religionsfreiheit nicht missbrauchen dürfen“, betonte der Wiener Erzbischof: „Sie müssen sich an die Gesetze halten und wenn sie nicht eingehalten werden, kann die Regierung auch einschreiten.“

Religionsfreiheit und staatliche Intervention

Beim Ramadan-Fasten von Schülern plädierte er für vernünftige Regeln ohne Essenszwang. Aus christlicher Perspektive sei sinnvoll, wenn manche Menschen nicht an die strenge Fastenregel gebunden seien. Wenn diese den normalen Unterricht unmöglich mache, dann wäre es sicher ein Grund zu fragen, ob das verantwortbar sei. Das seien Grenzfälle, wo Religionsfreiheit und staatliche Intervention ein vernünftiges Maß finden müssten.

Der Kardinal kündigte auch an, dass die Religionsgemeinschaften demnächst eine gemeinsame Erklärung abgeben würden, in der sei auf die Grundwerte unseres Landes hinweisen wollten. „Dazu gehört der Respekt vor dem Glauben anderer. Wenn Menschen deswegen diskriminiert werden, stimmt etwas nicht“, so Schönborn auf die Frage nach seiner Meinung über Beschwerden von Muslimen, wonach die Regierung ein islamfeindliches Klima verbreite.

Schwieriges Verhältnis zwischen Christentum und Islam

Er hob hervor, dass das Verhältnis zwischen dem Christentum und dem Islam derzeit sicher schwieriger geworden sei. Das liege auch an der weltpolitischen Lage, auch am Thema Migration.

Es habe auch damit zu tun, dass beide Religionen, der Islam und das Christentum, missionarisch seien. „Aber was heißt das, wenn zwei Religionen aufeinander treffen, die Menschen gewinnen wollen?“ Gewalt in der Verbreitung einer Religion - und „auch das Christentum hat Gewalt angewendet“ - sei jedenfalls „nicht der Weg, den Jesus gewollt hat und den wir gehen sollen“.

religion.ORF.at/KAP

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