Sex und Gender: Papier zur Jugendsynode veröffentlicht

Der Vatikan hat am Dienstag das Arbeitsdokument zu der kommenden Jugendsynode im Oktober veröffentlicht. Das 214 Punkte starke Papier schildert die verschiedenen Lebenslagen Jugendlicher weltweit. Es zeigt auch: Junge wollen eine Kirchendebatte über Sex und Gender.

Das Dokument bietet eine Deutungshilfe aus Sicht des Glaubens sowie Möglichkeiten der katholischen Kirche, jungen Leuten bei ihren Lebens- und Glaubensentscheidungen zur Seite zu stehen.

Das vorerst nur in einer italienischen Fassung vorliegende „Instrumentum Laboris“ ist Diskussions- und Informationsgrundlage für die internationale Bischofsversammlung vom 3. bis 28. Oktober. Es beleuchte vielfältige Probleme und wollte ermutigen, Lösungen zu suchen, sagte der Generalsekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, bei einer Pressekonferenz im Vatikan.

Kirche soll mehr auf Singles eingehen

„Es kann als Einladung gelesen werden, sich wieder nach dem Unmöglichen zu sehnen, um für und mit den Jugendlichen große Dinge zu träumen“, so Baldisseri. Die Begleitung junger Menschen durch die Kirche sei Hauptanliegen der Synode. Zielgruppe der Jugendsynode sei das ganze Spektrum junger Menschen weltweit, gläubige Christen genau so wie der Religion Fernstehende.

Erörtert werden soll etwa auch die Situation von Singles. In der Kirche sei es bisher wenig üblich, auf die Situation junger Leute einzugehen, die keine Familie gründen und auch kein Priester- oder Ordensleben eingehen wollen, sagte Baldisseri. Dieses Phänomen nehme zu und sei deshalb auch in das Arbeitsdokument zur Synode eingeflossen. Es gehe darum, „jede Form der Berufung in der Kirche und auf der Welt wertzuschätzen“, so der Kurienkardinal.

Junge wollen Debatte über Homosexualität

Bei der dreiwöchigen Synode geht es unter dem Leitwort „Die Jugend, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“ um die Lebenswelt von rund 1,8 Milliarden Menschen im Alter von 16 bis 29 Jahren. Im Fokus stehen Lebensentscheidungen junger Menschen sowie ihre Beziehung zu Glaube und Kirche. Die Österreichische Bischofskonferenz wird von „Jugendbischof“ Stephan Turnovszky vertreten.

In dem gut 50 DIN-A4-Seiten langen Arbeitsdokument finden sich viele Forderungen und Erwartungen von Seiten der Jugend an die Kirche: etwa die Forderung zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs und die Stärkung der diesbezüglichen „Null-Toleranz-Politik“, aber auch die Diskussion „kontroverser Themen“ wie Homosexualität und Genderfragen - dabei verwendet das Vatikan-Dokument auch das Kürzel LGBT (für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender).

Sexualität offener diskutieren

Aus den Fragebögen zur Synodenvorbereitung sei auch hervorgegangen, dass Themen wie Verhütung, Abtreibung, Zusammenleben und Ehe unter jungen Menschen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche stark diskutiert werden. Viele Bischofskonferenzen seien der Ansicht, dass Fragen zur Sexualität „offener und ohne Vorurteile diskutiert“ werden sollten.

Soziologische Studien zeigten, dass viele junge Katholiken den Hinweisen der kirchlichen Sexualmoral nicht folgen, so das Papier weiter. Gleichzeitig gebe es junge Katholiken, die forderten, dass sich die Kirche nicht zu sehr dem Zeitgeist anpasse, sondern ihre Lehre hier vertiefen müsse.

Generell wünschen sich Jugendliche demnach besonders, von der Kirche ernst genommen und gehört zu werden, zudem solle die Kirche authentisch sein. Kirche werde „mit der Jugend gemacht“ und nicht, indem man dieser vorgefertigte und ewig gültige Antworten vorhalte, heißt es in dem Papier.

Vorsynodales Treffen und Online-Umfrage

In das bereits Anfang Mai vom Synodenrat, dem auch Kardinal Christoph Schönborn angehört, einstimmig verabschiedete Arbeitspapier flossen große Teile aus dem Abschlussdokument eines vorsynodalen Treffens von 300 jungen Menschen Ende März in Rom ein.

Zu den weiteren Quellen, die ein Expertengremium des Synodensekretariats verarbeitet hat, zählen Rückmeldungen aus einer weltweiten Online-Umfrage unter Jugendlichen, Beiträge eines Symposiums mit Fachleuten und Jugendlichen im Herbst 2017 und Anmerkungen diverser kirchlicher Organisationen, Gruppen und auch Einzelpersonen.

Keine reine Selbstbeschau

Berücksichtigt wurden zudem Rückmeldungen der katholischen Bischofskonferenzen. Diese zeigen sich auch selbstkritisch. Viele junge Leute seien auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, wendeten sich aber nur selten an die Kirche. Deswegen befasst das Dokument sich auch mit der Begleitung junger Menschen unter besonderer Berücksichtigung wichtiger Lebensentscheidungen.

Insgesamt wolle man über eine reine Selbstbeschau hinausgehen, heißt es weiter. Im Nachdenken darüber, was die eigene Berufung in der Welt sei, gehe es um zivilen, sozialen und auch politischen Einsatz im Sinne des Gemeinwohls, um Heranführung zu „aktiver Bürgerschaft“. Damit verbunden sei eine „Spiritualität, die den Wert der kleinen Gesten begreift“ und die „eine andere Logik als die Wegwerfkultur“ verfolgt.

Viele Jugendliche in prekärer Situation

Aufmerksam gemacht wird im Text auch auf etliche Miss- und Notstände, unter denen Jugendliche weltweit leiden, darunter Arbeitslosigkeit und Ausbeutung, Krieg und Armut, Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Religion, ethnischer oder sozialer Zugehörigkeit, aufgrund von sexueller Orientierung, körperlicher Beeinträchtigung oder geografischer Lage.

Unter dem Stichwort „Drogen“ benennt das Dokument als einen weiteren Notstand die um sich greifende „Verbreitung von Missbräuchen und Abhängigkeiten verschiedener Art“. Darunter werden sowohl traditionelle Drogen wie auch Spielsucht und Internet-Abhängigkeit, Pornografie, sexueller Missbrauch und Mobbing gefasst.

Die Schlussbetrachtung des Arbeitspapiers betont die Bedeutung von Heiligkeit im Leben der Christen. Die Kirche solle dafür glaubhafte Beispiele geben und junge Leute auf diesem Weg bestärken.

religion.ORF.at/KAP

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