Einschränkungen der Religionsfreiheit nehmen zu

Einen erneuten Anstieg bei Beschränkungen der Religionsfreiheit in aller Welt registriert eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des US-Forschungsinstituts Pew Reseach Center.

In insgesamt 83 von 198 untersuchten Staaten gibt es demnach im Berichtszeitraum 2016 eine hohes oder sehr hohes Ausmaß an Restriktionen von Seiten der Regierung oder gesellschaftlichen Feindseligkeiten gegenüber Religionen. Das sind drei Länder mehr als im Jahr davor und sogar 25 mehr als noch 2007. Da viele Länder mit hohen Einschränkungen für Religionsfreiheit zugleich sehr bevölkerungsreich sind, leben 83 Prozent aller Menschen in Staaten mit massiven behördlichen Schikanen oder sozialen Anfeindungen gegenüber mindestens einer Religion.

Eingriffe des Staates und Gewalt

Als Länder mit den massivsten Eingriffen des Staates in die Belange und die religiöse Praxis der Religionen und religiösen Gruppen sieht Pew etwa China und muslimisch geprägte Staaten wie Iran, Indonesien, Ägypten, Saudi-Arabien oder die Türkei, aber auch Russland, wo das orthodoxe Christentum dominiert oder - neu wegen der gewaltsamen Repressionen gegen die Rohingya-Minderheit - das buddhistisch geprägte Myanmar.

Katholiken-Prozession am Gründonnerstag in Beijing, China

APA/AFP/Greg Baker

Katholiken bei einer Prozession am Gründonnerstag in Beijing, China: Das Land zählt zu jenen mit den massivsten staatlichen Eingriffen in die Religionsfreiheit.

Insgesamt fallen 25 Länder in die Kategorie der „sehr hohen“ Eingriffe von Seiten des Staates. Seit dem ersten Pew-Report zu Einschränkungen der Religionsfreiheit 2007 war diese Zahl noch nie höher. In mehr als der Hälfte aller untersuchten Staaten stieg das Ausmaß der staatlichen Eingriffe von 2015 auf 2016 an, nur ein Viertel verzeichnete einen Rückgang.

Soziale Anfeindungen durch Gruppen

Das höchste Level an sozialen Anfeindungen durch Gruppen in der Bevölkerung wiederum orten die Studienautoren in Indien, dahinter folgen Länder wie Syrien, Nigeria, Bangladesch oder Russland. Insgesamt stieg im Jahresvergleich in 42 Prozent der Staaten das Ausmaß der Übergriffe im sozialen Zusammenleben an, 35 Prozent verzeichneten einen Rückgang.

Das Christentum und der Islam mussten die meisten Repressalien erdulden. In insgesamt 144 Ländern wurden christliche Gemeinschaften, in 142 Staaten Muslime durch Regierungen oder soziale Gruppen diskriminiert oder verfolgt. Die vergleichsweise hohe Zahl ist auch Ausdruck der großen Anzahl der Gläubigen aus beiden Religionen, die in vielen Regionen weltweit vertreten sind. Juden, die laut Pew nur rund 0,2 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, wurden in 87 Ländern wegen ihrer Religion angefeindet.

Nationalistisch grundierte Restriktionen

Auffällig ist laut den Pew-Forschern generell das jüngste Erstarken nationalistisch grundierter Restriktionen und Feindseligkeiten vor dem Hintergrund von Forderungen nach einer Beschränkung der Zuwanderung religiöser und ethnischer Minderheiten. In vielen Ländern resultierten religiöse Einschränkungen aus Handlungen von Regierungsbeamten, sozialen Gruppen oder Einzelpersonen, die derartige nationalistische Positionen vertreten, heißt es in der Studie.

Nicht gut weg kommen dabei insbesondere etliche europäische Staaten, wo ein deutlicher Anstieg „nationalistischer, oft immigranten- oder minderheitenfeindlicher Rhetorik“ gegen einzelne Gruppen von Gläubigen - vor allem Muslime, aber auch Juden - zu verzeichnen sei. In einem Drittel der europäischen Länder gab es den Angaben zufolge 2016 nationalistische Parteien, die politische Erklärungen gegen religiöse Minderheiten abgaben - eine Zunahme um 13 Prozentpunkte gegenüber 2015.

In der entsprechenden Liste findet sich neben Frankreich, Italien, Ungarn oder den Niederlanden und der Schweiz, wo Muslime in dieser Hinsicht im Fokus stehen, auch Deutschland, wo der Report Anfeindungen nationalistisch gesinnter Politiker gegen Muslime und Juden verzeichnete.

Anfeindungen gegen Muslime in Österreich

Österreich scheint ebenfalls unter jenen europäischen Staaten mit politischen Anfeindungen gegen muslimische Gläubige auf. Notiert ist in der Studie außerdem explizit, dass die Israelitische Kultusgemeinde 2016 von zunehmenden Befürchtungen über antisemitische Vorfälle mit muslimischen Migranten berichtete.

Insgesamt scheint Österreich daher im von Pew erstellten Index in der Gruppe der Länder mit „großen“ sozialen Feindseligkeiten auf. Restriktionen gegenüber Religionen von Seiten der Regierung werden hingegen unverändert als „moderat“ bewertet. Entwicklungen wie das im Herbst 2017 in Kraft getretene Burkaverbot sind vom Berichtszeitraum allerdings noch nicht erfasst.

Datenbasis für den seit 2007 jährlich erstellten Pew-Report zu staatlichen Restriktionen und sozialen Feindseligkeiten gegen Religionen sind laut dem Washingtoner Forschungsinstitut mehr als ein Dutzend öffentlich zugängliche Informationsquellen, darunter die Jahresberichte des US-Außenministeriums zur internationalen Religionsfreiheit sowie Berichte von NGOs, verschiedener europäischer Gremien und der Vereinten Nationen.

religion.ORF.at/KAP

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