Piusbrüder wählten Italiener zu neuem Generaloberen

Die von Rom getrennten lefebvrianischen Piusbrüder haben einen neuen Generaloberen. Das Generalkapitel im schweizerischen Econe wählte den 47-jährigen Italiener Davide Pagliarani am Mittwoch für eine Amtszeit von zwölf Jahren.

Pagliarani folgt auf Bernard Fellay (60), der die Bruderschaft seit fast einem Vierteljahrhundert im Bischofsrang leitete. Pagliarani fungierte bereits als Distriktoberer der Piusbrüder in Italien. Seit 2012 leitete er das Priesterseminar der Vereinigung im argentinischen La Reja.

Die umstrittene traditionalistische Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Sie lehnt viele Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Streitpunkte sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. Die Konzilslehren hätten die Tradition der Kirche zerstört, so Lefebvre, der selbst als Ordensoberer am Konzil teilnahm. Die Piusbruderschaft sieht sich als Bewahrerin der Tradition der „Heiligen Römischen Kirche“.

Kirchenrechtlich nicht zugelassen

Anfangs kirchlich anerkannt, zeigte sich die Piusbruderschaft zunehmend antikonziliar. 1975 entzog Rom ihr die kirchenrechtliche Zulassung. Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er am 30. Juni 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu. Die Weihen Lefebvres sowie die der von ihm Geweihten sind nach dem Kirchenrecht zwar unrechtmäßig, aber gültig.

Papst Benedikt XVI. (2005-2013) ließ 2007 die alte lateinische Messe wieder allgemein zu und erfüllte damit eine Bedingung der Bruderschaft für die Aufnahme offizieller Gespräche. 2009 hob er als weitere Versöhnungsgeste die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Damit haben diese die Rechte katholischer Laien; die Ausübung kirchlicher Ämter ist ihnen aber weiter untersagt.

Papst strebt Einheit mit Kirche an

Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen. Im September 2011 legte der Vatikan der Leitung der Piusbrüder eine „Lehrmäßige Erklärung“ über grundlegende Glaubenslehren zur Unterzeichnung vor, von der eine mögliche Wiedereingliederung der Bruderschaft in die katholische Kirche abhängt. Im Frühjahr 2012 kam der Prozess ins Stocken.

Im September 2015 erklärte Papst Franziskus überraschend, er „vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen“. Ein Durchbruch der Gespräche steht jedoch weiter aus.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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