Philosophicum Lech heuer über die Hölle

„Die Hölle. Kulturen des Unerträglichen“: Unter diesem Titel steht das 22. Philosophicum Lech, das vom 19. bis 23. September 2018 Fachleute unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen, aus Medien, Kunst und Literatur in die Arlberg-Gemeinde führt.

Der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann als wissenschaftlicher Leiter der Tagung wies am Dienstag in der Ö1-Sendung „Leporello“ darauf hin, dass der Begriff „Hölle“ einem Säkularisierungsprozess ausgesetzt ist: Ursprünglich stehe sie für einen theologisch definierten „jenseitigen Ort der Gerechtigkeit und Buße“. Heute sei Hölle „eine Universalmetapher für schreckliche, aber durchaus reale, im Diesseits angesiedelte Ereignisse“, erklärte Liessmann.

Hochkarätig besetzte Tagung

Welche philosophische und gesellschaftliche Bedeutung diese Verschiebung hat, diskutieren beim Philosophicum Lech u. a. der Schweizer Theologe und Franziskaner Josef Imbach („Höllendarstellungen in der christlichen Kunst“), der Psychiater und Suchtexperte Reinhard Haller („Vom Himmel des Rauschens zur Hölle der Sucht“), die deutsche Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher („Gericht und Hölle im Kontext von Koran, islamischer Theologie und Salafismus“) und der Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk.

Den Eröffnungsvortrag am 20. September hält der frühere Thüringer Ministerpräsident und jetzige „Magna Europe“-Manager Dieter Althaus unter dem an Heinrich Heine angelehnten Titel „Denk ich an die Zukunft in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht ...“

Gemeinsam mit dem Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier gestaltet Liessmann bereits am 19. September einen philosophisch-literarischen Vorabend unter dem Titel „Heulen und Zähneklappern. Geschichten aus der Hölle“. Zur offiziellen Eröffnung tags darauf werden auch der ehemalige Philosophiestudent und jetzige EU-und Kulturminister Gernot Blümel und der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP) erwartet.

Verengung durch „Vereindeutigung“

Vergeben wird beim Philosophicum Lech auch der mit 25.000 Euro dotierte Essaypreis „Tractatus“. Zehnter Preisträger ist heuer der deutsche Arabist und Islamwissenschaftler Thomas Bauer. Er wird für sein vieldiskutiertes Buch „Die Vereindeutigung der Welt“ ausgezeichnet.

Diese zunächst verblüffende Zeitdiagnose sorgte weit über Wissenschaftskreise hinaus für Furore und wurde seit ihrem Erscheinen im Februar bereits weitere sieben Mal aufgelegt. Die Kernthese Bauers: Befreiung geschieht durch Vielfalt, Verengung jedoch durch „Vereindeutigung“.

Hölle als Quelle der Kultur

In seinem Editorial auf der Website des Philosophicums Lech hielt Konrad Paul Liessmann fest, dass auch in jeder heute säkularisierten Hölle noch ihr religiöser Kern stecke: „Die Höllenqualen, die sich Menschen ausgemalt haben, waren auch Dokumente eines frühen Bewusstseins von Gerechtigkeit. Der Böse, der der irdischen Gerichtsbarkeit entkommen konnte, sollte wenigstens im Jenseits dafür büßen.“

Die Vorstellungen von Hölle seien immer wieder zu einer Quelle der Kultur geworden, "von Dantes „Inferno" bis zu Don Giovannis Höllenfahrt, von den grausamen Weltgerichtsphantasien des Hieronymus Bosch bis zu den modernen Darstellungen auswegloser Situationen“, erinnerte Liessmann. „Ohne Hölle und Höllenfahrten wären Literatur, Kunst und Musik um einiges ärmer.“

religion.ORF.at/KAP

Link: