D: Bericht offenbart Missbrauch in katholischem Heim

In einem früheren Kinderheim einer katholischen Stiftung in Bayern waren jahrelang sexueller Missbrauch und eine von Gewalt geprägte Erziehung an der Tagesordnung. Das ergab ein am Donnerstag von der Kirche präsentierter Untersuchungsbericht.

Der vom Bistum Augsburg vorgestellte Bericht dokumentiert schwere Fälle von sexuellem Missbrauch und Gewalt von den 1950er Jahren bis zur Schließung 1977. Berichterstatter Manfred Prexl sprach von „überbordender Gewalt“, die in dem Donauwörther Kinderheim ungehindert geschehen konnte.

Täter bereits verstorben

Die Vorwürfe richten sich insbesondere gegen den Pädagogischen Direktor des Heimträgers, einen 1980 verstorbenen Priester. Er soll nicht nur eine von Prügeln geprägte Pädagogik vorangetrieben haben, sondern Kinder auch vergewaltigt haben.

Dem Geistlichen wurden einst kirchliche Ehrentitel wie Ehrenprälat Seiner Heiligkeit (mit der Anrede „Monsignore“) verliehen. Allerdings gab es auch weitere Täter, die ebenfalls bereits gestorben sind.

Opfer „Wir sind schwer traumatisiert“

Betroffene berichteten bei der Vorstellung des Berichts davon, dass sie bis heute an den Erlebnissen litten. Nach ihrer Schilderung waren das Wegsperren in einen Kellerraum ebenso normal, wie der Zwang, Erbrochenes wieder zu essen. „Die Schläge und der Essensentzug waren dermaßen brutal, da könnte man einen Gruselroman drüber schreiben“, sagte ein Mann. Eine Frau berichtete, dass sie bereits in den 1970er Jahren erfolglos versucht habe, die Vorgänge öffentlich zu machen. „Wir sind schwer traumatisiert“, betonte sie.

Vor rund einem Jahr hatten sich einige Opfer aus dem Heim Heilig Kreuz in Donauwörth gemeldet und über die Vorfälle berichtet. Daraufhin wurde die Untersuchung der Vorfälle in dem Kinderheim der Pädagogischen Stiftung Cassianeum vom Augsburger Bischof Konrad Zdarsa angeordnet. Prexl, ein ehemaliger Vorsitzender Richter des Münchner Oberlandesgerichtes, recherchierte zusammen mit Kollegen. Die Mitglieder der Gruppe haben 14 Bewohner und zwei Erzieherinnen des Heims befragt.

Bei Missbrauch „weggeschaut“

Nach den Schilderungen hätten die Kinder damals schwerwiegende „physische, psychische und soziale Gewalt“ erlebt, berichtete Prexl. Zwei Männer und eine Frau seien zudem von dem Direktor teils jahrelang „in massiver Weise sexuell missbraucht“ worden. An den Schilderungen der Betroffenen gebe es keine Zweifel, sagte er.

Der Augsburger Generalvikar Harald Heinrich sprach davon, dass der 68 Seiten starke Untersuchungsbericht „abscheuliche Straftaten“ dokumentiere. Diese seien auch dadurch möglich gewesen, dass einige in Donauwörth „schlicht weggeschaut“ hätten.

Antimissbrauchskonferenz im Vatikan

Die Präsentation des Berichts findet im Lichte der viertägigen Antimissbrauchskonferenz im Vatikan statt, bei der Bischöfe, Experten und Opfervertreter über die Konsequenzen der Missbrauchsskandale beraten.

Der maltesische Erzbischof Charles Scicluna, Chefaufklärer des Papstes für Sexualverbrechen von Klerikern, versprach in seiner Rede am Donnerstag ein entschlossenes Handeln gegen Missbrauch durch Geistliche. Italiens Bischöfe können sich auch eine Anzeigenpflicht vorstellen.

religion.ORF.at/APA/dpa

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