Kardinal Newman und Marguerite Bays sind heilig

Kardinal John Henry Newman (1801-1890) ist jetzt offiziell heilig. Papst Franziskus sprach am Sonntag auf dem Petersplatz die lateinische Formel, die den anglikanischen Theologen, der zum Katholizismus konvertierte, zum verehrungswürdigen Vorbild für Katholiken erklärt.

Ebenso sprach Franziskus vier Frauen heilig, darunter die Schweizer Schneiderin Marguerite Bays (1815-1879), Mitglied des dritten Ordens der Franziskanerinnen. Er würdigte die neuen Heiligen Kardinal John Henry Newman (1801-1890) und die Schweizer Schneiderin Marguerite Bays (1815-1879) ebenso wie drei weitere neue Heilige. Die heilige Marguerite Bays nannte in seiner Predigt ein Beispiel für „Heiligkeit des Alltags“ und dafür, „wie mächtig das schlichte Gebet, das geduldige Ertragen, die stille Hingabe sind“.

Papst mit Weihrauch bei Heiligsprechung

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Papst Franziskus bei der Heiligsprechung am Petersplatz

Den heiligen Kardinal Newman, der vom anglikanischen Theologen zum Katholizismus konvertierte, würdigte das Kirchenoberhaupt mit einem Zitat: „Der Christ ist heiter, zugänglich, freundlich, sanft, zuvorkommend, lauter, anspruchslos; er kennt keine Verstellung“. Franziskus rief alle Christen auf, sich die insgesamt fünf neuen Heiligen zum Vorbild zu nehmen: „Bitten wir darum, so zu sein, ‚liebes Licht‘ inmitten der Finsternisse der Welt“, so der Papst. Unter den neuen Heiligen sind auch drei Ordensfrauen; sie zeigten, dass „Ordensleben ein Weg der Liebe an den existenziellen Rändern der Welt ist“, sagte Franziskus.

Latainische Formel als Grundlage für Verehrungen

Zuvor hatte er die lateinische Formel gesprochen, die die fünf zum verehrungswürdigen Vorbild für Katholiken erklärt. Sie alle dürfen nun weltweit öffentlich verehrt werden.

Während der Sonder-Bischofssynode zur Amazonasregion sprach Franziskus auch die brasilianische Ordensschwester Dulce Lopes Pontes (1914-1992) heilig. Sie gilt als „brasilianische Mutter Teresa“ und war 1988 Kandidatin für den Friedensnobelpreis. Weitere neue Heilige sind die Ordensgründerinnen Maria Teresa Chiramel Mankidiyan (1876-1926) aus Indien und die Italienerin Giuseppina Vannini (1859-1911).

„Der Glaube verlangt einen Weg, einen Aufbruch, wirkt Wunder, wenn wir aus unseren bequemen Gewissheiten hinausgehen, wenn wir unsere beruhigenden Häfen, unsere gemütlichen Nester verlassen“, so Franziskus weiter. Glaube nehme mit der Hingabe zu und wachse mit dem Risiko.

Prinz Charles als Vertreter des britischen Königshauses

Zu der festlichen Zeremonie versammelten sich zahlreiche Gläubige aus aller Welt auf dem Petersplatz. Sieben Nationen hatten Vertreter zur Papstmesse geschickt. Für das britische Königshaus nahm Prinz Charles teil; zudem waren sieben offizielle Vertreter der Anglikaner angereist. Aus der Schweiz war Bundesrätin Karin Keller-Sutter bei der Heiligsprechung. Brasilien sandte den Vize-Präsidenten, Hamilton Martins Mourao; für Italien kam Staatspräsident Sergio Mattarella.

Prinz Charles im Petersdom

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Für das britische Königshaus nahm Prinz Charles an der Zeremonie teil

Prinz Charles: Heiligsprechung Fest für alle

Prinz Charles hat Kardinal John Henry Newman (1801-1890) für sein Wirken im ökumenischen Dialog und seine Arbeit als Theologe und Gelehrter des 19. Jahrhunderts gewürdigt.

Wenn Newman diesen Sonntag heiliggesprochen werde, sei dies ein „Grund zur Feier nicht nur im Vereinigten Königreich, nicht nur für Katholiken, sondern für alle, die die Werte schätzen, von denen er inspiriert wurde“, heißt es in einem Artikel des englischen Thronfolgers anlässlich der Heiligsprechung. Die vatikanische Zeitung „Osservatore Romano“ veröffentlichte den Beitrag am Samstag auf ihrer Internetseite.

Prinz würdigt Kardinal Newman

In der heutigen Zeit sei Newmans Vorbild „nötiger denn je“ - besonders mit Blick darauf, dass er „Unterschiede als Möglichkeit der Begegnung und nicht der Ausgrenzung sehen konnte“, so Prinz Charles. Unterschiede sollten kein Grund zu Furcht sein, so der Prince of Wales.

„Was auch immer wir selbst glauben, egal, welcher Tradition wir angehören, können wir nur dankbar sein für die Geschenke, die Newman machte, verwurzelt im katholischen Glauben, den er mit der Gesellschaft teilte“, heißt es weiter. Prinz Charles würdigte sowohl das Wirken Newmans für die Anglikaner, als auch für die katholische Kirche und lobte ihn als Wegbereiter des ökumenischen Dialogs.

Der aus London stammende John Henry Newman sorgte als bekannter anglikanischer Gelehrter 1845 durch seinen Übertritt zum Katholizismus für Aufsehen. In der katholischen Kirche entwickelte er eine prägende Rolle als Theologe und später als Kardinal. In England gründete er die Oratorianergemeinschaft. Anfangs Kritik und Misstrauen ausgesetzt, gilt er inzwischen als eine „Brücke zwischen Anglikanern und Katholiken“. 2010 wurde Newman von Benedikt XVI. in Birmingham seliggesprochen.

Empfang in der Päpstlichen Universität Urbaniana

Als Vertreter des britischen Königshauses nimmt Prinz Charles am Sonntag an der Heiligsprechungsmesse auf dem Petersplatz teil. Nach der Festmesse ist er laut offiziellen Angaben zudem bei einem Empfang im Kolleg der Päpstlichen Universität Urbaniana. Dort bereitete sich Newman, der bereits ein namhafter anglikanischer Theologe und Geistlicher war, nach seinem Übertritt zum Katholizismus auf die Priesterweihe vor.

Newman ist der erste neue englische Heilige seit den „40 Märtyrern von England und Wales“, die 1970 ins Heiligenverzeichnis der katholischen Kirche aufgenommen worden waren. Es handelte sich um Katholiken, die in den Konfessionsstreitigkeiten des 16. und 17. Jahrhunderts hingerichtet wurden. Der zuletzt kanonisierte britische Heilige war 1976 der schottische Jesuit John Ogilvie (1579-1615).

Papst: Alle Menschen bedürfen der Rettung

In seiner Predigt betonte der Papst, dass alle Menschen der Rettung bedürften. „Es ist notwendig, dass wir vom Misstrauen gegenüber uns selbst, gegenüber dem Leben, der Zukunft geheilt werden; von vielen Ängsten; von den Lastern, die uns versklaven; von vielen Abschottungen, von Abhängigkeit und Anhänglichkeit: an das Spielen, das Geld, das Fernsehen, das Handy, das Urteil der anderen“, sagte Franziskus. Er rief zudem zu Gebet und Dank auf. Danken nannte er ein „Gegenmittel gegen das Altern des Herzens“; Gebet „die Medizin des Herzens“.

religion.ORF.at/KAP