Votivkirche: „Dom der Ringstraße“ wird 140

Die Wiener Votivkirche feiert am 24. November ihr Patrozinium und den 140. Jahrestag ihrer Weihe. Die Votivkirche, oft als „Dom der Ringstraße“ bezeichnet, ist ein Wahrzeichen Wiens und gilt als eines der bedeutendsten neogotischen Sakralbauwerke der Welt.

Die Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares Franz Joseph und Elisabeth hatte 1879 den Anlass zur Weihe des zweitgrößten Kirchenbaus von Wien gegeben. Anstoß für ihre Errichtung gab ein aus nationalistischen Motiven verübtes - und misslungenes - Attentat auf Kaiser Franz Joseph am 18. Februar 1853 durch den ungarischen Schneidergesellen Janos Libenyi.

Dem Geist der Zeit entsprechend, rief der Bruder des Kaisers, Erzherzog Ferdinand Maximilian - der spätere Kaiser von Mexiko -, zum Dank für die Errettung des Monarchen und zur „geistlichen Sühne des Verbrechens“ zum Bau einer „Votivkirche“ auf. 300.000 Bürgerinnen und Bürger folgten seinem Spendenaufruf.

Wiener Votivkirche aus der Vogelperspektive, aufgenommen 2015

APA/Helmut Fohringer

Die Votivkirche wird oft auch als Dom der Ringstraße bezeichnet

Dom als Denkmal der Monarchie

Im neuen „Dom der Völker“ sollten, so der Ursprungsgedanke, alle Nationen der Donaumonarchie ihre geistige und politische Heimat finden. Auch die Anwesenheit aller Bischöfe Österreich-Ungarns bei der Weihe, auf Einladung von Kardinal Johann Kutschker, unterstrich die Wichtigkeit.

Die von Heinrich von Ferstel (1828-1883) geplante Kirche war zudem wie der zeitgleich entstandene Linzer Dom als Denkmalkirche - und zwar als Denkmal der Monarchie - konzipiert, was sich u.a. am Skulpturenschmuck sowie an den Wandmalereien im Inneren der Kirche zeigt. Ein „Dom der Völker“ wurde der Bau dann jedoch nicht.

Sakralkunstwerk zeigt Franz Jägerstätter

Im Inneren birgt die Votivkirche viele Schätze, darunter vor allem das bereits 1972 eingesetzte Jägerstätter-Fenster der Werktagskapelle, mit dem weltweit erstmals ein Sakralkunstwerk das Martyrium des oberösterreichischen Bauern und Kriegsdienstverweigerers aufgriff.

Der 1943 hingerichtete Franz Jägerstätter hält eine zerrissene Hakenkreuzfahne in seinen Händen, vor der Landschaft seines Heimatortes St. Radegund, zudem ist im unteren Bildteil auch seine erst 2013 verstorbene Gattin abgebildet, die vor dem Grabstein ihres 2007 seliggesprochenen Ehemannes kniet.

Votivkirche im Bau - Amand Helm, Blickfänge einer Reise nach Wien - Fotografien 1860-1910; Ausstellungskatalog des Wien Museums, 2000/2006

Public Domain

Votivkirche im Bau, Foto von Amand Helm. Dokumentiert in „Blickfänge einer Reise nach Wien - Fotografien 1860-1910“ im Ausstellungskatalog des Wien Museums 2000/2006

Historische Fenster im Zweiten Weltkrieg zerstört

Im Krieg waren die meisten historischen Fenster der Votivkirche zerstört worden. Im Zuge einer umfangreichen Kirchenrestaurierung 1960-73 wurden auf Initiative von Propst Anton Pichler neue Fenster der akademischen Maler Hans Schweiger und Christine Feldmann eingesetzt.

Auch andere Persönlichkeiten der österreichischen Kirchengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sind hier abgebildet, wie u.a. die Selige Hildegard Burjan (1883-1933), die Ärztin und Ordensgründerin Anna Dengel (1792-1890) oder der 1998 seliggesprochene Arbeiterseelsorger P. Anton Maria Schwartz (1852-1929).

Kirche wichtig für Lateinamerikaner in Wien

Große Bedeutung für die in Wien lebenden Lateinamerikaner hat der Guadalupe-Altar im rechten Kirchenschiff, der heuer generalrestauriert wurde. Auch wenn das Gnadenbild erst 1954 aufgestellt und geweiht wurde, stammt die Idee zu dessen Anfertigung für die Votivkirche bereits von ihrem Initiator Erzherzog Ferdinand Maximilian, der als Kaiser von Mexiko dieses Bild aufstellen lassen wollte.

Umgesetzt wurde dieser Plan jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem die Frau eines mexikanischen Botschafters als Stifterin einsprang und beim Maler Hans Schweiger die Herstellung des Gnadenbildes wie auch des dazu passenden Glasfensters in Auftrag gab. Den Bezug zu Ferdinand Maximilian, der das Bild von Mexikos Schutzpatronin besonders verehrte, verdeutlicht eine Inschrift neben dem Bild.

Außenansicht der Votivkirche nach der Räumung durch die Polizei

APA/Georg Hochmuth

Finanziell ist die Votivkirche stark auf die Mittel der Erzdiözese Wien angewiesen

Sorgenkind des diözesanen Bauamts

Heute ist die Votivkirche Gottesdienstort für die Pfarrgemeinde und die internationale Gemeinde (Vienna International Religious Centre/VIRC) der Tourismusseelsorge der Erzdiözese Wien. Beide Gemeinden werden von dem aus Malta gebürtigen Priester Joseph Farrugia geleitet, der zudem Flughafenpfarrer in Schwechat ist.

Die Votivkirche wird seit Beginn der Amtszeit Farrugias vor gut 30 Jahren sukzessive renoviert. Konzerte in der Kirche dienen der Pfarre ebenso als Einnahmequellen wie auch die Vermietung von Plakatwänden am Außenbau der Kirche. Diese Einnahmen reichen jedoch bei weitem nicht aus, um die gesamten Renovierungskosten zu decken, sodass auch die Erzdiözese Wien viele Mittel beisteuert. Allgemein gilt der Ringstraßendom deshalb als größtes Sorgenkind des diözesanen Bauamts.

Jubiläumswoche von 17. bis 24. November

Am 24. November wird also der 140. Jahrestag der Votivkirche begangen. Der Festgottesdienst zum Jubiläum am Christkönigssonntag um 10.30 Uhr wird musikalisch gestaltet mit der Nelsonmesse von Joseph Haydn. Bereits die ganze Woche davor, ab dem 17. November, finden im Rahmen des Jubiläums viele weitere Programmpunkte statt.

Die Jubiläumswoche beginnt am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres mit einer Jugendmesse (17.11., 10 Uhr). Am Montag steht eine Turmführung auf dem Programm (18.11, 17 Uhr), am Dienstag ein Vortrag zum Verteidiger Wiens Feldhauptmann Niklas Graf Salm (19.11., 18 Uhr). Der Frauenchor lädt am Mittwoch zu einem Sing-Along (20.11., 18 Uhr), am Donnerstag können Kinder zur historischen Orgel steigen und Schätze suchen (21.11., 16 bis 19 Uhr). Die Orgelführung für Erwachsene ist am Freitag (22.11., 18 Uhr), am Samstag wird eine Führung zu den Fenstern von Christine Feldmann, darunter das Jägerstätter-Fenster, geboten (23.11., 14 Uhr).

religion.ORF.at/KAP

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