Caritas: Drei Maßnahmen zur Armutsbekämpfung

„Rekordarbeitslosigkeit bedeutet auch Rekordverantwortung“, hat Caritas-Präsident Michael Landau zu bedenken gegeben. Um ein Abrutschen vieler Menschen in Armut zu verhindern, schlägt er drei Maßnahmen vor.

Einmalzahlungen an Familien und Arbeitslose helfen in der Coronavirus-Krise in akuter Not und sind laut Landau positiv. „Aber wer die Arbeitslosenzahlen vor Augen hat, weiß: Es bleibt noch viel zu tun.“ Um wie bei den Infektionen auch diese Kurve rasch abzuflachen schlug Landau im Interview der „Salzburger Nachrichten“ (Freitag-Ausgabe) drei konkrete Maßnahmen vor.

Eine Erhöhung der Ausgleichszulage auf 1.000 Euro käme Mindestpensionistinnen und -pensionisten sowie Arbeitslosen unmittelbar zugute. Zweitens solle die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld und bei der Notstandshilfe erhöht werden. Drittens appellierte er, die noch unter Schwarz-Blau beschlossene Abschaffung der Mindestsicherung zu überdenken.

Wiederaufbau gemeinsam schultern

Die Frage, wer die zur Bewältigung der Coronavirus-Folgen erforderlichen Milliarden bezahlen soll, beantwortete Landau mit dem Hinweis: „Wir sind als Caritas Armutsexperten, keine Steuerexperten.“ Der Wiederaufbau müsse aber gemeinsam geschultert werden, alle sollten gemäß ihren Möglichkeiten einen entsprechenden Beitrag leisten. Landau erinnerte, dass nach der Finanzkrise 2008 die Not nicht weniger Menschen zugenommen habe. „Darauf müssen wir achten.“

Caritas-Präsident Michael Landau

APA/Herbert Pfarrhofer

Caritas-Präsident Michael Landau schlägt drei konkrete Maßnahmen vor, wie Armut wegen der Coronavirus-Krise verhindert werden kann.

Neben dem Kampf gegen die Gesundheitskrise und der Stärkung der Wirtschaft müsse jedenfalls auf das Soziale geachtet werden. Die Krise habe verdeutlicht, wie kostbar ein funktionierender Sozialstaat ist, wies Landau hin: „Diesen zu stärken und stark zu halten wird entscheidend sein.“

„Guter Grundwasserspiegel an Solidarität“

Diese Aufgabe werde Österreich im Herbst „massiv fordern“, prognostizierte Landau. „Aber die gute Botschaft lautet: Wir können das.“ Nicht zuletzt die vielen Spenden belegten den „guten Grundwasserspiegel an Solidarität und Nächstenliebe“ im Land. Österreich habe in der Vergangenheit oft bewiesen, dass es gerade in Krisen wie der gegenwärtigen wichtig ist, zusammenzustehen und nicht auf die Schwächsten zu vergessen. „Und darauf kommt es auch jetzt wieder an“, so der Caritas-Präsident.

In der Coronavirus-Krise habe jeder Einzelne stärker als bei vorangegangenen Krisen „eine ganz wichtige Lernerfahrung“ gemacht: „Es kommt auch auf mich an. Abstand halten, Masken tragen, auf Hygiene achten - jeder konnte einen Beitrag leisten.“ Dies gelte es zu bewahren, wenn es um die Rettung des Klimas oder die Bekämpfung des Hungers und der globalen Armut geht.

„Gemeinsam können wir erstaunlich viel zum Positiven verändern“, sagte Landau. Als Optimist sei er überzeugt: „Wir werden gut aus dieser Krise kommen.“ Und bei entsprechendem Ehrgeiz würden dann auch wichtige Weichenstellungen gelingen, „etwa in den Fragen der zukunftstauglichen Pflege, der Digitalisierung und des Klimaschutzes“.

Armutskonferenz warnt vor sozialer Krise

Am Freitag warnte auch die Armutskonferenz vor einer sozialen Krise. Das Netzwerk aus religiösen und nichtreligiösen sozialen Organisationen vergab „Hausaufgaben“ für die Bundesregierung, um für den Herbst gerüstet zu sein, wenn viele der Coronavirus-Hilfsmaßnahmen auslaufen.

Zehn Repräsentantinnen von Mitgliedsorganisationen präsentierten entsprechende Hausaufgaben für die Regierung über den Sommer. Die Forderungen reichten vom Lückenschluss im Unterhaltsrecht über das Abfangen von Privatkonkursen bis zur Gewaltprävention.

Für die evangelische Diakonie sprach sich Martin Schenk für den Ausbau notwendiger Therapien für Kinder aus. Martin Hohl von der katholischen Jungschar pochte auf die Einführung einer universellen Kindergrundsicherung. Auch Erich Fenninger von der Volkshilfe meldete sich zu Wort. Er kritisierte, dass viele der Maßnahmen der Bundesregierung im Familienbereich, etwa der Familienbonus Plus, gerade den Ärmsten nicht zugutekämen. Es brauche eine existenzielle Sicherung für alle Kinder.

Private Schulden steigen

Schuldnerberater Clemens Mitterlehner warnte, dass Schulden in der Mitte der Gesellschaft angekommen seien. Noch gebe es Kreditstundungen sowie das Moratorium bei Sozialversicherungs- und Steuerzahlungen für Selbstständige. Im Herbst sei das Ende dieser Maßnahmen aber absehbar. In einem normalen Jahr rechne man mit circa 60.000 Klienten, jetzt erwarte man 80- bis 90.000.

Ilkim Erdost vom Netzwerk offene Jugendarbeit sprach ebenfalls von einer „riesigen Katastrophe, die im September droht“. Sie forderte einen Ausbau der Ausbildungsgarantie. Manuela Vollmann („arbeit plus“) sprach sich für eine innovative Arbeitsmarktpolitik aus, um jenen, die es bereits vor der Krise schwer hatten, eine Perspektive zu bieten.

religion.ORF.at/KAP/APA

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